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Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik

 

Definitionen und Differenzierungen des Begriffs Synästhesie in der literaturwissenschaftlichen Forschung

 

  • Engelen, Bernhard: Die Synästhesien in der Dichtung Eichendorffs. Köln 1966, S. 10:

"Die Synästhesie ist eine Stilfigur, in der innerhalb eines syntaktischen Sinnschrittes zwei oder drei Eindrücke aus dem Bereich der sinnlichen Wahrnehmung sprachlich zusammengefaßt sind, die für das 'normale' das heißt: für das rational betonte, reflexive Sprachgefühl miteinander unvereinbar sind. Diese Eindrücke müssen für das unreflexiv erlebende Subjekt im Augenblick des Erlebens wirklich und gleichzeitig gegeben sein, und zwar entweder in der äußeren Natur oder in seiner Phantasie. Dabei darf das eine Glied einer solchen Stilfigur nicht zur Erläuterung oder Präzisierung des anderen dienen."

 

  • Schrader, Ludwig:  Sinne und Sinnesverknüpfungen. Studien und Materialien zur Vorgeschichte der Synästhesie und zur Bewertung der Sinne in der italienischen, spanischen und französischen Literatur. Heidelberg 1969, S. 53 ff.:

Drei Formen der Synästhesie sind nach funktionalen Kriterien  unterschieden:

    1. "Transponierend-identifizierenden": Eindrücke verschiedener Sinnesbereiche gehen ineinander über (das Optische wird akustisch, das Akustische optisch, das Taktile optisch wirkend dargestellt);
    2. "Korrespondierend": Sinneseindrücke werden als vergleichbar dargestellt;
    3. "Summierend": "parataktische Gleichzeitigkeit" und "additiv-quantitative Verschmelzung" stellen die Einheit der Sinneseindrücke her.
  • Segalen, Victor: Les Synesthésies et l'ecole de symboliste. In: Mercure de France 42. 1902, S. 86:

"Le Trope 'synesthésie-figure' peut se définir: 'manière de parler plus vive, destiné soit à rendre snsible l'idée au moyen d'une image, d'une comparison, soit à frapper davantage l'attention par sa justesse ou son orginalité."

  • Siebold von, Erika: Harmony of the Sences in English, German and French Romanticism." In: Publications of the Modern Language Association of America 47, No. 2, S. 577-592:
    1. Synaesthesia, as correspondences or equivalences of sensations, enable the poet to combine the power of several sense impressions into a collective impression. Universality of sensation was the dream of the Romantics. [...]
    2. Synaestesia enable the poet to translate one sense impression into the terms of another sense."
  • Wanner-Meyer, Petra: Quintett der Sinne. Synästhesie in der Lyrik des 19. Jahrhunderts. Bielefeld 1998, S. 28:

  "1. eine Synästhesie stellt eine Auffälligkeit, eine Deviation im lyrischen Redefluß dar. Sie zeichnet sich dadurch aus, daß die festumrissenen Wahrnehmungsbereiche verlassen und wesensfremde Sinnesempfindungen miteinander verknüpft werden;
2. der Gehalt einer Synästhesie kann nur unzureichend wiedergegeben werden, indem man des dichterische Bild verläßt und nicht metaphorische Umschreibungen der Alltagssprache verwendet."

 

  • Wanner-Meyer, Petra: Quintett der Sinne. Synästhesie in der Lyrik des 19. Jahrhunderts. Bielefeld 1998, S. 26-61:

"Erscheinungsformen lyrischer Synästhesien":
1. Synästhesie als Vergleich, ein metaphorischer Vergleich,
2. S. als Personifikation,
3. S. als Chiasmus,
4. S. als Kompositum,
5. additative Synästhesie, 
6. S. als Genitivattribution,
7. S. als Epithète Rare,
8. S. als absolute Metapher.

 

  • Wellek, Albert: Farbenhören. In: Blume, Friedrich (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Bd. 4. Kassel 1954, Sp. 1804:

Differenzierung zwischen der (selten vorkommenden) echten Synästhesie, der Verbindung zweier Sinnesempfindungen und der unechten Synästhesie, auch Doppelempfindung oder Sekundärempfindung genannt, die die  "Verbindung, ja Verschmelzung zweier oder mehrerer Sinnessphären (-modi) in einem übergreifenden Akt der Wahrnehmung oder Vorstellung" bezeichnet.

 

  • Wellek, Albert: Farbenhören. In: Blume, Friedrich (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Bd. 4. Kassel 1954, Sp. 1805: (Formuliert bereits: ds.: Zur Geschichte und Kritik der Synästhesie-Forschung. In: Archiv für die gesamte Psychologie 79, 1931, S. 326:

Vier Grundformen der Verbindung werden unterschieden:
1. Doppelempfindung (Empfindung + Empfindung): Beim Hören einer Trompete wird die Farbe Rot gesehen, beide Sinnessphären sind empfunden,
 2. Folgevorstellung (Empfindung + Vorstellung): Beim Hören einer Trompete wird die Farbe Rot nur vorgestellt,
 3. Folgeempfindung (Vorstellung + Empfindung): Die Vorstellung des Klanges einer Trompete löst das Sehen der Farbe Rot aus,
4. Doppelvorstellung (Vorstellung + Vorstellung): Die Vorstellung des Trompetenklanges löst die Vorstellung der Farbe Rot aus.

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Brigitte Gustovic: Theoretische Überlegungen zur Konzeption der Synästhesie. 03.02.2003.

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