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Goethe, Schiller und die Goethezeit auf Google+

Martin Greif

Kurzbiografie

Der Dramatiker und Lyriker Martin Greif, eigentlich Friedrich Hermann Frey (*18. Juni 1839 in Speyer – †1. April 1911 in Kufstein), wurde als Sohn eines Regierungsrates in der bayerischen Pfalz geboren, wo er auch seine Kindheit verbrachte. Als sein Vater 1856 versetzt wurde, zog die Familie nach München, wo Greif sein Abitur machte und später als Kadett der Armee beitrat, um 1859 Offizier zu werden. Erste zumeist patriotische und vaterlandstreue Gedichte veröffentlichte er 1864 in der Sammlung „Frühlingsturmlieder“. Nachdem er 1867 aus der Armee entlassen wurde, um sich ausschließlich der Literatur zu widmen, ließ er sich in München als freier Schriftsteller nieder, scheute jedoch den Kontakt zum ansässigen Dichterkreis um Emanuel Geibel (1815-1884). Er unternahm  verschiedene Reisen nach England, in die Niederlande, nach Spanien, Dänemark und Italien. Durch die Vermittlung Eduard Mörikes (1804-1875) publizierte Greif, der dieses Pseudonym ab 1882 auch als bürgerlichen Namen verwenden durfte, beim Cotta Verlag „Gedichte“ (1868). Er zog nach Wien und begann Dramen zu schreiben. Zu diesen zählen Stücke wie „Corfiz Ulfeldt, der Reichshofmeister von Dänemark“ (1873) oder „Nero“ (1875), die beide die menschliche Seite historischer Persönlichkeiten behandeln. Mit „Prinz Eugen“ (1880) gelang ihm endgültig der Durchbruch als Dramatiker am Burgtheater. Als jedoch der Direktor Heinrich Laube (1806-1884) Wien verließ, zog auch Greif zurück nach München und verfasste fortan Stücke für das bayerische Hof- und Nationaltheater (die Trilogie „Hohenstaufen“, 1887-89; „Agnes Bernauer“, 1894; „Ludwig der Bayer“, 1891). Erst im fortgeschrittenen Alter wandte er sich wieder der vaterländischen Lyrik zu und schrieb Auftragsdichtungen, Prologe oder Festspiele. Im Alter von 71 Jahren verstarb Greif in einem Krankenhaus in Kufstein.
Greifs Italienlyrik besitzt einen fast volksliedhaften Charakter, wozu die einfachen Reim- und Versstrukturen und die Klarheit der Sprache beitragen. Zudem offenbart sich die Naturlyrik als ein bisher kaum beachtetes Element seines schriftstellerischen Könnens. Italienische Szenerien zeigen sich dabei zumeist als Orte der Trauer, des Übersinnlichen und des Memento Mori.

Katharina Junk





[93]

Frühling im Trentino.

Beschneite Ferner
Und Alpenhörner,
Ein lachend Thal,
Auf grünen Wiesen
Violen sprießen
Am Bach zumal.

Wo sich vom Felsen
Die Wasser wälzen,
Blüht weiß ein Baum,
Wildheit und Milde
In einem Bilde
Hold wie ein Traum!



[167]

In den Abruzzen.

I.

Die Schluchten erhellen
Sich mehr und mehr,
Die murmelnden Quellen
Eilen daher,
[168] Noch hüllt die erstarrten
Gipfel ein Flor,
Und voller Erwarten
Steig’ ich empor.


II.

Es dehnt sich die Reise
In’s blaue Gezelt,
Stets fremder im Kreise
Liegt unten die Welt,
In endlosen Bahnen
Verliert sich der Blick,
Nur manchmal gemahnen
Die Glocken zurück.


III.

Jetzt bildet sich freier
Der Gipfel heraus,
Uraltes Gemäuer
Steht Haus über Haus –
In Klüften und Höhlen
Träumt’ ich mir Rast,
Bei menschlichen Seelen
Bin ich zu Gast.



Sehnsucht nach Italien.

Lange träumt’ ich von dir, Italiens Himmel,
Ungestillt war die Sehnsucht mir geblieben.
Heute wandelnd am Rand der grünen Isar,
[169] In des Frühlings erwachten Schmeichellüften,
Kahlen Bäumen vorbei und vollern Sträuchern,
Unter leuchtendem unbegrenztem Aether,
Heute sah ich erfüllt den Wunsch der Seele: –
Fern vom drückenden Grau ertrag’ner Wolken
Zog ich hin an des  L i r i s  Blumenborden
Und im Geiste genoß ich lang Geschautes.



Mittag am Gardasee.

I.

Im alten Olivenhaine
Am felsigen Seegestad’
Um Mittag wandl’ ich alleine
Auf schattenbestreutem Pfad.

Die Ora spielt in den Zweigen
Und kräuselt den silbernen Baum,
Die Gipfel der Felsen steigen
Im blauen ätherischen Raum.

II.

Stets reger zu meiner Seite
Erbraust die bewegte Fluth,
Stets blendender in die Weite
Ergießt sich die strahlende Gluth,

Bis Alles im Lichte vergangen,
Sogar der Berge Gestalt,
Und Schlummer die Welt umfangen
Mit stiller Zaubergewalt.



[170]

Venedig.

Venedig steigt mit den Sternen,
Da hebt es auf einmal groß
Sein Haupt aus dem Meeresschooß
Und winkt in die dämmernden Fernen.

Voran der verschwiegene Zeuge,
Der stolze Dogenpalast,
Wie strahlt er in eigenem Glast,
Als ob noch die Welt sich ihm beuge.

Gewaltig die Mauern ragen,
Es rühmt sich jeder Stein
Im webenden Mondenschein
Der Kunde von mächtigen Tagen.

Er meldet vom Sturz und Glücke,
Von Allem, was er schon sah,
Ernst mahnend schwebet ihm nach
Die einsame Seufzerbrücke.

Und beide Säulen, bekrönet
Vom Martyr und fliegenden Leu’n,
Sie scheinen der Nacht sich zu freu’n,
An prangende Feste gewöhnet.

Doch stumm in den Dämmer gehüllet
Zeigt sich Sankt Markusdom
Dem wogenden Menschenstrom,
Als säh’ er das Schicksal erfüllet.



[171]

Römischer Frühling.

Warum fliehen wir nicht zur Bergesstille,
Aus der lärmenden Stadt zur Bergesstille?
Wann das purpurne Veilchen rings die Stellen
Süßer Ruhe bedeckt und herzlich üb’rall
Mit den lieblichen wohlbekannten Schwestern
In die Seele uns lacht der frohe Frühling,
Wann erglühend in leisem Roth die Blüthe
Schon zu schwellen beginnt am Mandelbaume
Und der Pinie schwarzer Schatten absticht
Von dem keimenden Grün der jungen Wiesen –
Aus dem Staube der Stadt und leerer Unruh’
Warum fliehen wir nicht zur Bergesstille?



Grab der Metella.

Willst du Veilchen dir suchen, frühe Veilchen,
Folg’ mir, still ist der Ort, dahin wir wandeln.
Durch die Mauern der Stadt auf alter Straße
Säulen geht es vorbei und langen Gärten,
Dann den Gräbern mit längst erbroch’ner Urne
In das weite Gefild’ der sieben Hügel.
Dort nun, wo das Gebirge winkt dem Wandrer,
Ueber Allem erhebt sich ernst ein Rundbau,
Einer Römerin Gruft und stolzes Denkmal
Vormals, blumiger Wildniß Grotte jetzo.
Rings umspinnt sie des Eppichs wild’ Geranke,
Sträucher schließen sie ein und nahe Trümmer,
Doch darüber hinaus der Heerden Weide.
Träumend triffst du den Hirten dort am Abend
Und du legst dich wohl selbst zu träumen nieder.
Willst du Veilchen dir suchen, frühe Veilchen,
Folg’ mir, still ist der Ort, dahin wir wandeln.



[172]

Aus der Campagna.

Die Sonne sinkt zu Meere,
Es dunkelt das Gefild,
In der Campagna Leere
Taucht auf ein Hirtenbild.

Still steht es an dem Stabe
In seiner Heerde da
Auf längst versunk’nem Grabe
Der Via Appia.



Im Liristhal.

Zwischen himmelhohen Wänden
Fahr’ ich hin in stiller Nacht,
Ueberall und aller Enden
Webt des Mondes helle Pracht,
Größer scheint der Bäume Wipfel,
Die am Abgrund ruhig steh’n,
Herrlich ist der Berge Gipfel
Und der Himmel zauberschön.



Ein Tag am Meer.

I.

Es kräuseln erfrischende Lüfte
Am Morgen das ruhige Meer,
Getaucht in purpurne Düfte
Sind Küsten und Berge umher.

[173] Ein Segel den Buchten entgegen
Strebt nach dem verschlossenen Port,
Auf himmelumgebenen Wegen
Zieht scheidend ein anderes fort.


II.

Der Insel gebirgige Seite
Umzittert mittägige Gluth,
Vom Felsen zur offenen Weite
Verbreitet sich tiefblaue Fluth.

In kurzen weißschäumenden Wogen
Umbrandet sie Ufer und Riff,
Dort liegt sie zur Glätte gezogen,
Fern schwebet vorüber ein Schiff.


III.

Die dämmernden Schatten verbreiten
Sich aus der Höh’,
Es dehnt sich zu endlosen Weiten
Die ruhende See.

Noch liegt auf den Bergen am Meere
Vom Tag ein Schein,
Weit draußen schläft in der Leere
Ein Fels allein.



[174]

IV.

Der Mond hat die Fernen erschlossen,
Sein Zauber beherrschet die Nacht,
Breit wogt auf den Spiegel ergossen
Sein Licht in unendlicher Pracht.

Bedeckt ist mit Barken die Rhede,
Es sprüht um die Ruder der Schaum,
Das Meer ist verlassen und öde
Und alles erscheint wie ein Traum.



Rückkehr aus Italien.

Gestern noch auf sonn’gen Fluren,
Heute auf bereistem Moor,
Und im Geiste ohne Spuren
Ging ein solcher Wandel vor?

Nein, ich fühl’ in stillem Busen,
Welches Glück ich mit mir nahm,
Da ich im Geleit der Musen
In die Heimath wiederkam.



Accord.

Wo von des Aethers tiefem Blau umschlossen
Sich mild des Südens Nacht mit Sternen füllt,
In reiner Lüfte weichen Hauch zerflossen
Verstärkter Odem edler Blumen quillt
[175] Und alle Sprache in Gesang ergossen,
Wohl fühlt sich das Herz da seinen Drang gestillt,
Doch scheidest du, wird Sehnsucht dich verzehren,
Und warst du da, so wirst du wiederkehren.



Erinnerung an Italien.

(Geleitsworte zu Schattenbildern.)

Blickst du zurückgewandt in deinem Sehnen
Zu Fernen hin, die weites Blau verschließt,
Wohl mag im stillen Traum die Seele wähnen,
Weg sei der rauhe Nord, der uns verdrießt,
Du schautest weithin sich Gefilde dehnen,
Darauf die Rose auch im Winter sprießt
Und rings Gestalten hohen Wandels nahen,
Dich in dem Land der Schönheit zu empfahen.

Und doch, wie tief du auch den Zauber fühlest,
Er schwindet weg, ein täuschendes Gesicht,
Das du erwacht aus deinen Sinnen spülest:
Die Formen leben, doch sie währen nicht.
Sobald du dich bedenkend selbst erkühlest,
Siehst du dich hier in trübem Sonnenlicht:
Die Wunderwelt, die sich vor dir erschlossen,
Du ließest sie aus deinem Herzen sprossen.

Verwandt der Sehnsucht ist des Bildners Schaffen,
Nur daß beständig seine Träume sind.
Der Augenblick vermag’s nicht hinzuraffen:
Geboren, doch nicht sterblich ist sein Kind.
So gold’ner Blume Kelch kann nicht erschlaffen,
Für Andre schuf er, würdest du auch blind;
Was ihn erfüllt mit der Begeistrung Schauer,
Dem gibt sein Stift bescheiden frohe Dauer.

[176] Wie viel die Ferne rauben kann hienieden,
Erinnernd ruft die Kunst es dir zurück.
Du siehest nah’ und doch von dir geschieden,
Was einstmals dort verwirrt den fremden Blick.
Vollkomm’ner noch in der Verklärung Frieden
Genießest du ein lang entschwund’nes Glück:
Des Lebens Drang umfließt gedämpfte Milde
Und Liebe selber naht im Schattenbilde.



[214]

Die heilige Barbara.

Die heilige Barbara sitzet
Im Zwinger auf blumiger Wies’,
Ein Hellebardierer stützet
Sich auf den funkelnden Spieß.

Bald werden sie Mauern umgeben,
Da braucht sie den Wächter nicht mehr,
Dort winden die Männer und heben
Die Steine und tummeln sich sehr.

Und sprechen vom büßenden Loose,
Von Foltern und Schlangengezücht,
Sie blättert den Psalter im Schooße
Und achtet der Bauenden nicht.

[215] Es wächst das Gethürm und die Planken
Und Balken sie fallen zugleich,
Der heiligen Jungfrau Gedanken
Sind droben im himmlischen Reich.



Der Torso des Belvedere.

Nach einer Sage.

Wieder durcheilte die Straßen von Rom die geflügelte Kunde:
„Eben gehoben an’s Licht wurde ein herrlicher Schatz,
Eines Heroen Gestalt, zwar nur als Torso erhalten,
Aber der Nacken bezeugt, daß es ein Herkules war.“
Also durchdringt es die Stadt und es schaart sich die horchende Menge,
Alle verlangenden Sinns eilen zur Stätte des Funds.
Dort das Gebilde zunächst umwandeln in ernstem Genießen
Staunende Jünger der Kunst, stumm in das Wunder vertieft.
Schweigen herrschet umher, nur selten beweget die Lippe
Einer zur Rede und spricht leis ein empfundenes Wort.
Da mit Einmal entsteht ein Gemurmel und laute Bewegung,
Schnell nach dem Wege der Stadt wendet sich jeglicher Blick.
Sieh, auf die Schulter gelehnt des besorgt ihn führenden Jünglings
Naht mit beschleunigtem Schritt ehrfurchtgebietend ein Greis.
[216] Wohl ist sein Auge nicht mehr das Nächste zu scheiden im Stande,
Eifer der Sehnsucht treibt dennoch zu eilen ihn an.
Mächtig vom Anblick bewegt weicht rings die ergriffene Menge –
„Buonarotti!“ entrang scheu sich den Lippen der Ruf.
Aber die Künstler mit Stolz den willkommenen Meister umschaarend
Bringen mit freudigem Gruß ihre Verehrung ihm dar.
Doch er vernimmt sie nur halb und lenkt die noch übrigen Schritte!
Nach dem bekränzten Gerüst, drauf sich der Marmor erhebt.
Jetzt zum verwitterten Stein beugt leis er den athmenden Busen
Und er umfaßt die Gestalt gleich einem liebenden Freund.
Doch das erregte Gefühl, bald weicht es vollkommener Fassung
Und in besonnener Ruh prüft er das mächtige Werk.
Langsam gleitet sein Arm den gewaltigen Nacken hinunter
Und er befühlet den Zug jeglichen Muskels genau.
Oftmals kehrt er zurück zur eben bewunderten Stelle,
Tastet zur Schulter hinauf, gleitet die Hüfte hinab.
Also weidet er sich am Einklang der herrlichen Bildung,
Statt mit verschleiertem Blick prüft er mit sehender Hand.
Wohl auch entdeckt er mit Schmerz des vollendeten Körpers Verstümmlung,
Denn nur zu Vieles verging, werth daß es dauerte stets.
Gänzlich fehlet das Haupt und es mangeln die redenden Glieder,
Leib und Hüften allein blieben noch übrig vom Bau.
Nichts sonst deutet mehr an, wie beschaffen das göttliche Werk war,
[217] Das die Tausende einst, die es betrachtet, entzückt.
Doch jetzt spielen ihm neu auf dem Strunke die fühlenden Hände
Und aus den Trümmern ergänzt glücklich sein ahnender Geist.
Vor ihm dämmert es auf, er erblickt ihn leibhaft und wirklich,
Wie nach der irdischen Müh’ ruht der unsterbliche Held.
Sieh auf dem Felle des Leu’n, das die Rauheit des Felsens ihm glättet,
Sitzt der olympische Gast, sorglich von Hebe bedient.
Wohl zur Seite noch lehnt von den Fahrten gewohnt ihm die Keule,
Aber die Leier doch auch stützt er sich friedlich auf’s Knie.
Heiter vor Allem erhebt sich das Haupt und es nicket der Göttin,
Die ihm auf Erden bereits öfters erschienen zum Trost.
Freude bewegt ihn; er dankt dem Geschick, das im Kampf ihn geläutert
Und ihm zu treten gegönnt unter die Götter ein Gott. –
So der gestürzten Gestalt bemächtigt sich wieder der Kühne,
Wie sie dem Bildner dereinst keimte aus frommen Gemüth.
Und mit der Jugend Gewalt, die frisch noch ihm grünet im Alter,
Prägt er für’s Leben sich ein, was in der Seele nur steht.
Aber da kommt es ihm plötzlich, er fühlt, daß bedachtlos er schwärme,
Da nur ein Traum ihm erschuf, was er gefestet geglaubt.
[218] Nochmals umfaßt er den Stein, doch er findet das Meiste vergangen –
Strenger Vernichtung Loos schneidet ihm mitten durch’s Herz.
Und es verläßt ihn der Muth, es entstürzen ihm heftige Thränen,
Rasch vom Begleiter entführt scheidet er ohne ein Wort.



[332]

Zum Gedächtnisse Michel Angelo’s.

Sei gegrüßt, du Haupt der Erde,
Kuppel von Sankt Peters Dom,
Pilgern nimmst du die Beschwerde,
Wenn du auf verlass’ner Fährte
Kündest an das ew’ge Rom.

Unvermählt im Abendlichte
Taucht empor dein Wunderbau,
Wie ein rufendes Gesichte
Ueber fahler Trümmer Schichte
Winkst du aus dem Aetherblau.

[333] Näher ernst im Riesenschwunge
Hebst du vor dem Blick dich auf,
Von Tarpeja’s Felsensprunge
Und wo hinstarb Tasso’s Zunge
Fächeln Pinien dir hinauf.

Hoher Geister Grüße tragen
Glocken mit der Sehnsucht Ruf,
Wo der Vorzeit Gräber ragen
Stockt das Herz nach ihm zu fragen,
Der dich voll Erinn’rung schuf.

Bild des Ringers sonder Ende,
Klimmend zu der Sterne Bahn,
Mit der Ohnmacht seiner Hände
Hob er deiner gold’nen Wände.
Wölbung in die Höh’n hinan.

Dort in traumverlor’ner Sphäre,
Allem ird’schen Schalle taub
Füllen dich der Himmel Chöre,
Und ob er sie ahnend höre
Kniet der Waller in den Staub.

Sei gegrüßt, du Haupt der Erde,
Kuppel von Sankt Peters Dom,
Pilgern nimmst du die Beschwerde,
Wenn du auf verlass’ner Fährte
Kündest an das ew’ge Rom.



[337]

Platen in Syrakus.

Wo der bacchische Dienst geblüht,
Wo die heit’re Ruh’ der Götter
Noch von dem Marmor strahlt
Und von den erzählenden Urnen,
Da ruh’st du im Schooß
Trinakrischen Lands,
Verwandtem Geschlecht
Auf immer vereint.

Rings hebt sich der Lorbeer
Und aus hochprangenden Rosen
Steigt die Cypresse.

Schwer lastende Goldfrucht
Drückt dir den Hügel,
Darunter du schlummerst
Fern im Gefild,
Bukolischer Sänger,
Umsät von den Säulen
Gesunkener Tempel.

Aber die Heimath
Ehrt in Gesängen
Deinen geschiedenen
Rühmlichen Schatten.



Quelle:
Gedichte von Martin Greif. Vierte durchgesehene und stark vermehrte Auflage. Stuttgart: Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung 1886.

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