Kurt Kramer
Der Gemäldezyklus
»Das Lied von der Glocke«
von Ernst Erwin Oehme
Ausschnitt aus dem 5. Bild
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Gliederung
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Einen besonderen Kunstbesitz der Stadt Flöha stellen die acht Gemälde im Stadtsaal der Stadtverwaltung im Wasserbau der Alten Baumwolle dar. Die acht großformatigen Gemälde wurden in den Jahren von 1872 bis 1877 vom Dresdner Maler Prof. Ernst Erwin Oehme gemalt. Auftraggeber war der Industrielle und kurzzeitige Miteigentümer der Plauer Baumwollspinnerei Clauß, Carl Louis Uhle.
Hintergrund des Auftrages waren Umstände aus dem Leben der Familie Uhle, die sich im Gedicht »Lied von der Glocke« von Friedrich Schiller widerspiegelten. Während längerer Aufenthalte in der Familie Uhle versuchte E. E. Oehme, diese Gleichnisse künstlerisch umzusetzen. Zu vermuten ist, dass die abgebildeten Personen Porträts von Uhle und seinem familiären Umfeld sind. Oehme nahm sich bei diesem Auftrag die künstlerische Freiheit, einige Details in den Bildern mit einem Augenzwinkern umzusetzen. Im letzten Bild hat sich der Künstler wahrscheinlich selbst verewigt (rechts außen).
Ein interessantes Detail findet man beim näheren Betrachten im fünften Bild. In der Haube der Mutter liest man die Aufschrift: "WENN NUR HERR CLAUSS DIE TREPPE MALEN LIESS UND WENN ES NUR VIELE UHLE GAEBE". Dies ist eine versteckte Huldigung des Mäzens Uhle, verbunden mit der Hoffnung auf einen Folgeauftrag durch den Besitzer der Baumwollspinnerei, Herrn Clauß.
Nach einer bewegenden Geschichte kamen die Bilder 1921 durch Schenkung an die ehemalige Plauer Schule. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Kunstwerke in der Gemäldegalerie in Dresden restauriert und anschließend bis 1991 im Schloss Augustusburg eingelagert. Seither befinden sie sich in der Stadt Flöha.
Die in einer Öl- / Wachstechnik gemalten Bilder sind einheitlich etwa 225 cm hoch; die Breite variiert zwischen 130 (Bild 1, 2, 7, 8), 150 (Bild 5, 6), 155 (Bild 3) und 164 cm (Bild 4).
Vgl. http://www.floeha.de/content/view/98/87/
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Denn mit der Freude Feierklange Begrüßt sie das geliebte Kind Auf seines Lebens erstem Gange, Den es in Schlafes Arm beginnt. |
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Errötend folgt er ihren Spuren Und ist von ihrem Gruß beglückt, Das Schönste sucht er auf den Fluren, Womit er seine Liebe schmückt. |
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Denn wo das Strenge mit dem Zarten, Wo Starkes sich und Mildes paarten, Da gibt es einen guten Klang. Drum prüfe, wer sich ewig bindet, Ob sich das Herz zum Herzen findet! |
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Da strömet herbei die unendliche Gabe, Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe, Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus. |
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Und drinnen waltet Die züchtige Hausfrau, Die Mutter der Kinder, Und herrschet weise Im häuslichen Kreise. |
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Einen Blick Nach dem Grabe Seiner Habe Sendet noch der Mensch zurück. |
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Greift fröhlich dann zum Wanderstabe. Was Feuers Wut ihm auch geraubt, Ein süßer Trost ist ihm geblieben, Er zählt die Häupter seiner Lieben, Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt. |
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Gesellen alle, schließt den Reihen, Dass wir die Glocke taufend weihen, Concordia soll ihr Name sein, Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine Versammle sich die liebende Gemeine. |
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Ernst Erwin Oehme, geboren am 18.9.1831 in Dresden - gestorben am 10.10.1907 in Dresden-Blasewitz, deutscher Maler.
Sohn und Schüler des Landschaftsmalers Ernst Ferdinand Oehme. Besuchte die Dresdener Kunstakademie, arbeitete hierauf eine kurze Zeit unter Ludwig Richter und bildete sich dann, ziemlich unbeeinflusst von künstlerischen Vorbildern, auf Studienreisen in Deutschland, der Schweiz, England und Frankreich. Seit 1864 Ehrenmitglied der Dresdner Akademie.
Oehme war nach erfolgreichen Jahren als vielseitiger freier Künstler 1887 zum Professor für Landschaftszeichnen und malerischer Darstellung an die Architekturabteilung des Königlichen Polytechnikums (Vorgängereinrichtung der heutigen TU Dresden) berufen worden. Bis dahin hatte er sich einen Namen als einer der brillantesten Aquarellisten seiner Zeit gemacht, zudem diverse architekturgebundene Wandmalereien, von der Dresdner Semperoper bis hin zum Parlamentsgebäude in Caracas, geschaffen. Er setzte eine von seinem Vorgänger Woldemar Rau begründete Lehrtradition fort, die mit Künstlern wie Fritz Beckert und Georg Nerlich bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts reicht und in der Folge von Nerlichs Schülern weitergetragen wurde. Die akademische Anerkennung drückte sich nicht zuletzt darin aus, daß die Technische Hochschule für die Lehrsammlung ihrer Architekturabteilung 47 Aquarelle von Erwin Oehme zum damals stattlichen Stückpreis von 100 Goldmark erwarb. Ebenso malte er in Wasserfarben eine Reihe von Tapeten, in welchen er alte Gobelins wirkungsvoll imitierte.
Von seinen übrigen Werken sind zu nennen: Ein junges Paar vor der Brautnacht, Leichenbegängnis im Spreewald, Bärenjagd (Aquarell), Waldschenke, Die Patrizierhochzeit (Aquarell), Götz von Berlichingen auf der Hornburg (Aquarell) und ein Gemäldezyklus »Das Lied von der Glocke«, Illustrationen zur gleichnamigen Dichtung von Friedrich Schiller (heute im Ratssaal der Stadt Flöha).
Bildnis:
Carl Vogel von Vogelstein: Bildnis Ernst Oehme. In: Ludwig Richter: Lebenserinnerungen eines deutschen Malers. Mit Anmerkungen hrsg. von Erich Marx. Leipzig: Dieterich 1944, vor S. 337.
Literatur:
* Thieme-Becker, Band XXV (Moehring-Olivié), Seite 566.
* http://www.lot-tissimo.com/de/cmd/d/o/52.165.184/auk/165/