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Jutta Assel | Georg Jäger

Bertel Thorvaldsen
Die vier Jahreszeiten

Stand: März 2009

 


Gliederung

1. Thorvaldsen: Die vier Jahreszeiten
2. Jahreszeiten - Lebenszeiten
3. Kurzbiographie und Charakteristiken von Thorvaldsen
4. Literaturhinweise
5. Rechtlicher Hinweis und Kontaktadresse

 

 

1. Thorvaldsen
Die vier Jahreszeiten

Die vier Rundreliefs (Marmor, je 69,5 cm im Durchmesser) mit der Darstellung der Jahreszeiten und Lebensalter entstanden 1836. Von König Wilhelm von Württemberg 1841 bestellt, dienten sie zur Dekoration des Sommerspeisesaals im Neuen Schloss. Heute im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart.

Charakteristisch für die Reliefs ist die Verbindung der Jahreszeiten mit den Lebensaltern. "Thorvaldsens Entwürfe stehen zwischen reiner Allegorie, die gegeben wäre, wenn Genien verschiedenen Alters mit den Attributen der Jahreszeiten ausgestattet wären, und Genrestücken, die nur die jahreszeitlich bedingten Tätigkeiten darstellen." (Bertel Thorvaldsen, Katalog Ausstellung Köln, siehe Literaturhinweise, S. 238.)

Bildquelle: Die Vier Jahreszeiten von Bertel Thorwaldsen. Fotografien, aufgezogen auf Normkartons, bez. in Deutsch, Englisch und Französisch: Frühling, Sommer, Herbst, Winter ... Ohne Angabe von Fotograf und Verlag. Nummeriert: 2253 bis 2256. Höhe der Kartons: 16,5; Breite: 11 cm.

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 Frühling
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Sommer
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Herbst
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Winter
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2. Jahreszeiten - Lebenszeiten

"Als wichtiger naturbedingter und das Leben der Menschen vielfältig beeinflussender größerer Zeitabschnitt ging das Jahr in die Vorstellungswelt, Symbolik und bildende Kunst ein; der Wechsel der vier Jahreszeiten und deren regelmäßige Wiederkehr wurden zum Symbol der Zeit, der Vergänglichkeit und des Kreislaufs von Werden und Vergehen, von Leben und Tod."

Zur Darstellung der Jahreszeiten dienen spezifische Tätigkeiten (z.B. Pflügen, Keltern, Ernten, Jagen) und Produkte (Rosen, Ähren, Weintrauben, Jagdbeute). Die Figuren werden mit einschlägigen Attributen ausgestattet: "Blütenkranz auf dem Kopf (Frühling), Sichel und Ähren in der Rechten (Sommer), Füllhorn mit Früchten, bes. Weintrauben in der Linken (Herbst) und Kohlenpfanne zu Füßen (Winter)."


Lexikon der Kunst in fünf Bänden. Hrsg. von Ludger Alscher u.a. Leipzig: E. A. Seemann 1968-1978. Nachdruck Westberlin: das europäische buch 1981. Artikel: Jahreszeiten, vier. Bd. II, S. 446f. Auszüge.

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Der Mann hat von den Jahreszeiten ein Bild für sein Leben entlehnt; er nennt den Lenz einen Knaben, den Sommer einen Jüngling, den Herbst einen Mann, den Winter einen Greis; oft auch den Lenz mit Einschluß des Sommers einen Jüngling. Der Winter ist ihm wegen seiner Erstarrung aller Vegetation und manches Thierlebens, der Tod, der Frühling die Auferstehung. Dieser kommt wie ein holder Knabe geflogen und pocht mit dem warmen Rosenfinger an die Erdschale, und die schlummernden Gräser und Blümchen werden wach und strecken die frischen Häupter und glänzenden Augen empor nach dem Sonnenlichte. Was im Frühling duftende Blüte war, reift im Sommer zur segnenden Frucht - die Natur schwillt in der Ueberfülle ihrer Kräfte und Reize. Den Segen spendet der Herbst, und die Natur, nachdem sie ihr Zeugungsgeschäft vollbracht, legt sich ermüdet zur Ruhe, um unter der weißen Winterdecke zu schlafen und neue Kraft für den Frühling zu sammeln.

Wie die Jahreszeiten, geht das Menschenleben vorüber, und auch wir schlafen dereinst, um Kräfte zu einem neuen Frühling zu sammeln. Nur begrüßt die holde Jahreszeit jährlich bloß Einmal die leblose Natur: wir aber, der Schöpfung höchstes Werk, bedürfen einer längeren Umlaufsperiode. Welches fühlende Herz hat nicht der Frühling mit seinen tausend Wonnen und Reizen innig ergriffen?! Wo Alles die Auferstehung feiert nach langer Grabesnacht, wo die Nachtigallen schlagen und tausend Wunderblumen blühen, wo der blaue Himmel das einzige große Gottesauge, in welchem sich die Sterne wie erhabene Gedanken wechselnd malen!


Damen Conversations Lexikon. Herausgegeben von Carl Herloßsohn. Neusatz und Faksimile der 10-bändigen Ausgabe Leipzig 1834 bis 1838 (Digitale Bibliothek; 118) Berlin: Directmedia 2005, S. 5445 f. Absätze eingefügt; Rechtschreibung und Zeichensetzung nicht modernisiert.

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3. Kurzbiographie und Charakteristiken
von Thorvaldsen

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Alte Postkarte, ohne Titel. Verso: Horace Vernet (1789-1863): Thorvaldsen 1835.
Thorvaldsens Museum. Eneret Jonals Co. - Ehapa Offsettryk. Nicht gelaufen.

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Thorwaldsen, Albert. Nahe bei dem Palast Barberini in Rom sieht man ein glänzendes Künstleratelier, welches fast immer besucht ist von kunstliebenden Reisenden aus allen Gegenden der civilisirten Welt. Dieß ist die geweihte Künstlerwerkstätte des gewaltigen Bildhauermeisters T., in der er jetzt selbst nur in Thon modellirt, das Entworfene aber unter seinen Augen ausführen läßt. Aus dem äußersten Norden sollte der reine Priester kommen, der in [Antonio] Canova's lächelndem Vaterlande die Kunst des Meisels mit germanischem Ernste, durchglüht von den Sonnen des Südens, an der Hand der römischen Grazien hinausgeleitet in den grandiösen Dom nordischer Majestät.

T. wurde 1770 auf der Reise von Island nach Kopenhagen geb.; sein Vater war ein armer isländischer Steinmetz, seine Mutter aber stammte den Ueberlieferungen der Familie nach aus dem Geschlechte des nordischen Königs Harald Hildebrand. T. bedarf keiner königlichen Ahnen: ihm reichte Urania die schönere Krone. Seinen ersten Unterricht erhielt er in der Zeichenschule zu Kopenhagen, dann auf der dasigen Akademie der bildenden Künste. Lieblich entblühte hier der fleißige Jüngling und der König unterstützte ihn mit kunstliebender Munificenz, auf daß die Blüthe zur goldenen Frucht reisen könne an Hesperiens Strahlen.

1797 kam er nach Rom, und hier unter der Adlerägide der klassischen Kunst, strebte sein Geist mit Adlerfittigen zum Pindus empor. Sein erstes plastisches Meisterwerk war sein Modell zum Jason mit dem goldenen Vließe: sich selbst hatte er durch diese duftende Erstlingsfrucht das goldne Vließ der Ehren erobert; und von nun an folgte sich in ununterbrochener Reihe seine plastische Goldsaat, die immer üppiger aufschoß, und sein römisches Atelier in das Felsenthal des Orpheus umschuf. Bewegten sich doch unter den sanfttönenden Schwingungen seiner Aetherseele die todten Steine umher, und rundeten sich zu Leben und Liebe, oder sprühten Haß und heiße Leidenschaften aus ihren steinernen Augen. Der ganze Olymp stieg zu ihm herab, daß er schauen und bilden konnte: so entstand sein Mars, Venus, Apollo, Amor, Psyche, Hebe, Ganymed und Merkur; und sterblich geboren, doch unsterblich durch Aphrodite's Liebe wurde noch einmal unsterblich durch seinen Meisel der Grazienliebling Adonis. Schon 1810 erschienen 30 Blätter Umrisse, von [den Brüdern Franz und Johannes] Riepenhausen und [Ferdinand] Mori nach seinen Werken gestochen Ebenso groß erscheint er in seinen Reliefs: namentlich in seiner »Tag und Nacht,« - zusammen in dieser Vereinigung ein wahrhafter Festtag der Kunst! - und in dem großen Triumphzuge Alexander's, welchen er zweimal in Marmor ausführte und der in den Stichen von [Ferdinand] Ruscheweyh und [Samuel] Amsler einen Triumphzug durch alle Kunstcabinete Europa's hielt.

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Thorvaldsen: Der Tag und Die Nacht
Rundreliefs

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[Fortsetzung des Artikels:] Von dieser antiken Periode ging der Meister später zur christlichen über: in dieser schuf er für die Kathedrale zu Kopenhagen seine vier Reliefs an einem Taufstein, vier Medaillons in eine Halle, für das Giebelfeld der Kirche ein großes Basrelief: Johannes in der Wüste, und für das Innere die kolossalen Propheten und die 12 Apostel. Und zugleich während dessen aus der heiligen Nacht des Doms auch auf Augenblicke hinüberwallend unter dem lächelnderen griechischen Himmel, bildete er dazwischen seine Grazien, seine Hoffnung und Basreliefs auf Monte cavallo.

Alles beeiferte sich jetzt, dem großen Steindichter seine dankbaren Gefühle zu bezeugen: von Napoleon und dem Könige von Baiern erhielt er ehrende Aufträge, der König von Dänemark erhob ihn zum Danebrogritter, und auf einer Reise in die Heimath (1819) wurde er überall mit der vollständigsten Huldigung empfangen. So geschah es, daß man ihm in neuester Zeit die bedeutendsten Werke der bildenden Kunst auftrug. Für Warschau fertigte er die Reiterstatue Poniatowski's; für Rom das Grabmal des Papstes Pius VII; für München das Denkmal des Herzogs Eugen von Leuchtenberg und des Königs Maximilian von Baiern; sowie erst kürzlich die Modelle zu Schiller's Monument in Stuttgart und Guttenberg's in Mainz.

Noch lebt er in glücklicher Muße zu Rom, wo er zugleich Präsident der Akademie der schönen Künste San Luca ist. [T. starb in Kopenhagen am 24. März 1844. Er setzte sein Vaterland zum Erben ein. Das 1846 eröffnete Thorwaldsenmuseum in Kopenhagen vereinigt die von ihm geschaffenen und von ihm gesammelten Schätze der Kunst und Literatur.


Damen Conversations Lexikon. Herausgegeben von Carl Herloßsohn. Neusatz und Faksimile der 10-bändigen Ausgabe Leipzig 1834 bis 1838 (Digitale Bibliothek; 118) Berlin: Directmedia 1005, S. 10.755-10.758. Absätze eingefügt; Rechtschreibung und Zeichensetzung nicht modernisiert.

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Der Hauptzug seines künstlerischen Wesens ist Rückkehr zur antiken Anschauungsweise sowohl künstlerischer Aufgaben, als der Natur, Ernst. Einfachheit, Würde, Charakter u., so weit sie damit in Übereinstimmung ist, Schönheit der Gestalten, Wahrheit der Bewegung u. Vollendung in der Ausführung; für das Relief gewann er wieder das griechische Gesetz der flachen Umgrenzung bei möglich flach gehaltener Modellirung. In Marmor selbst hat er nur wenig ausgeführt u. zuletzt selbst die Modelle, bei allzugroßer Überhäufung mit Bestellungen, durch Schüler unter seiner Aufsicht machen lassen. Rein poetischen Gegenständen od. solchen, welche der Mythologie, der Natur u. alten Geschichte entnommen sind, war er am meisten gewachsen; für die christlichen Darstellungen fehlte ihm die dafür unerläßliche Wärme u. Hingebung, wiewohl auch an dieser Stelle nichts Unwürdiges od. Unbedeutendes aus seiner Hand gekommen ist. Ganz durchdrungen von den Anforderungen des monumentalen Styls wußte er herrliche Denkmale zu entwerfen, entging indeß doch nicht bei [!] allen den entgegenstehenden Schwierigkeiten.

Pierer's Universal-Lexikon. 4. Auflage 1857-1865. DVD-ROM-Ausgabe. Neusatz und Faksimile (Digitale Bibliothek; 115) Berlin: Directmedia 2005. Artikel Thorwaldsen, S. 226.212-226.215. Auszug. Rechtschreibung und Zeichensetzung nicht modernisiert.

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Thorwaldsens Hauptgebiet war die Darstellung idealer, mythologischer Gestalten; doch entsprach seinem Wesen eigentlich nur das Idyllische in der antiken Kunst, das unter seinen Händen neue Gestalt gewann. In dieser Beziehung hat er eine Zeitlang auf die Richtung der Kunst des 19. Jahrh., besonders aber auf die Bildhauerkunst und Kunstindustrie seines Vaterlandes, starken Einfluss geübt. Die Darstellung des Individuellen, Charakteristischen war ihm dagegen versagt, ebenso wie das Dramatische außerhalb seiner Begabung lag.

Meyers Großes Konversations-Lexikon. Sechste Auflage 1905-1909 (Digitale Bibliothek; 100) Berlin: Directmedia 2003. Artikel "Thorwaldsen", S. 196.544-196.549. Auszug.

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Auf der 1841 entstandenen Porträt-Zeichnung von Franz Krüger (1797-1857) ist Thorvaldsen "als Privatmann dargestellt, in seiner Lieblingskleidung, dem Morgenrock. Krüger hat seine Aufmerksamkeit auf Thorvaldsens schönes weißes Haar konzentriert, dessen Locken bei seinen Zeitgenossen sehr gefragt waren." (Thorvaldsen, Katalog Köln 1977 [siehe Literaturhinweise], D 3.) Vgl. D 14: Eine Locke von Thorvaldsens Haar auf einem Efeublatt ["das auf seinem Grab an seinem 100-Jahres-Tag gepflückt wurde."]

Alte Postkarte. Albert Thorwaldsen. Nach dem Original von Franz Krüger. Signet. Verso: Nach Originalen in der Kgl. National-Galerie, Berlin. Raphael Tuck & Sons, "Franz Krüger"-Serie 36 Dess. Ser. I|I. 12 Dess. Hoflieferanten S. Maj. des Königs und Ihrer Maj. der Königin von England. Tuck's Postkarte. Mehrere Signets. Nicht gelaufen.

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4. Literaturhinweise

Bertel Thorvaldsen. Skulpturen, Modelle, Bozzetti, Handzeichnungen. Gemälde aus Thorvaldsens Sammlungen. Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Kunsthalle Köln 1977. Konzeption u. Leitung: Gerhard Bott. Köln 1977. – Nr. 87-90, S. 238 f. mit Abbildungen.

Bertel Thorvaldsen. Untersuchungen zu seinem Werk und zur Kunst seiner Zeit. Erschienen anlässlich der Ausstellung »Bertel Thorvaldsen - Ein dänischer Bildhauer in Rom« in der Kunsthalle Köln 1977. Hrsg. von Gerhard Bott. Köln 1977. Darin Jürgen Wittstock: Zur Voraussetzung und zur Entwicklung des Reliefstils bei Thorvaldsen, S. 39-47.

Künstlerleben in Rom. Bertel Thorvaldsen (1770-1844). Der dänische Bildhauer und seine deutschen Freunde. Ausstellungskatalog des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg und des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf, Schleswig. Hrsg. von Gerhard Bott u. Heinz Spielmann. Nürnberg 1991.

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5. Rechtlicher Hinweis und Kontaktadresse

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Prof. Dr. Georg Jäger
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Deutsche Philologie
Schellingstr. 3
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E-Mail: georg.jaeger@germanistik.uni-muenchen.de.

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