Jutta Assel | Georg Jäger
Notgeld: Sagen-Motive
Eine Dokumentation
Ritter Staupitz
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Stand: Juni 2015
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Gliederung
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1. Ritter-Staupitz-Geld der Stadt Döbeln
Quelle: Ritter-Staupitz-Geld. Stadt Döbeln (Sachsen). Acht Scheine Notgeld der Stadt Döbeln zu je 50 Pfg. in Mäppchen mit Texten zu den Bildern. Ausgegeben 1. Sept. 1921. Gültig bis 30. September 1921. Ratsdruckerei R. Dulce, Künstlerdruck, Glauchau (Sachs.) Im Bild signiert: Schleinitz.
Schleinitz, Georg, Maler (besonders Aquarelle) und Gebrauchsgrafiker, geb. 3. Oktober 1893 in Leipzig, ansässig in Glauchau (Vollmer), gestorben 1969 in Marburg. "Nach seiner Schulzeit besuchte Schleinitz die Kunstgewerbeschule in Dresden. Nach 1918 studierte er an der Dresdner Kunstakademie. Schleinitz beteiligte sich an vielen Wettbewerben, und war als Grafiker mit der Ratsdruckerei Dulce in Glauchau eng verbunden. Schleinitz arbeitete auch als freischaffender Maler und Werbegrafiker und war an der Glauchauer Bauschule als Lehrer tätig. [...] Zur Zeit des Notgeldes wurde die Ratsdruckerei Dulce in Glauchau mit der Herstellung des Notgeldes durch die Stadt Döbeln beauftragt, welches dann von Schleinitz mit der Sage um Ritter Staupitz in verschiedenen Motiven reich illustriert wurde." Zitat nach der Schleinitz-Seite der Stadt Döbeln (mit Dank für den Hinweis an Herrn Hans-Joachim Hoeft):
http://www.döbeln.de/html/georg_schleinitz.html
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Bild 1
Geschäftige Hände bauen dem Ritter Staupitz von Reichenstein eine feste Burg. Argwöhnisch schaut der ehrsame Bürger von Döbeln auf das Werk, das durch die "Klugheit" des Baumeisters vor den Toren der friedlichen Stadt ersteht.
Die Rückseite ist, abgesehen von der eingestempelten Nummer, bei allen Scheinen gleich.
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Bild 2
Gefolgt von den ängstlichen Bürgern bittet der Rat um Auskunft über den Bau. Da übergibt ihm Ritter Staupitz eine Urkunde, wonach die "Festigkeit" des Turmes und der Ritter "Kraft" keine Gefahr für die Stadt, sondern Schutz für ihre Bürger bedeute.
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Bild 3
Bei festlichem Gelage feiert Ritter Staupitz mit seinen Getreuen die Fertigstellung seiner Burg. Der Wein läßt in den Verwegenen den Plan reifen, die stolze Burg Kriebstein im Zschopautale in Besitz zu nehmen.
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Bild 4
In sternklarer Nacht ersteigen die Kühnen die vom Mondschein umflossene Burg. "Bestürzung" kommt über die ahnungslosen Burgbewohner; bei Staupitz und seinen Knappen herrscht laute "Siegerfreude".
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Bild 5
Bittflehend wendet sich der vertriebene Burgherr an den sächsischen Kurfürst, der ihm Hilfe zusagt. Der Herold ruft den Heerbann auf; die Ritter leisten Folge und nehmen "Abschied".
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Bild 6
Nachdem sich das Heer gesammelt hat, zieht der Kurfürst vor die Burg Kriebstein, um Staupitz zu vertreiben. Droben ruft des Burgwächters "Wachsamkeit" die Verteidiger zum "Kampf".
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Bild 7
Bei der Übermacht erscheint weiterer Widerstand ausgeschlossen. Da entschließt sich die Gattin des Ritters, fußfällig um Gnade für ihren Gemahl und seine Knappen zu bitten. Erwartungsvoll sehen die Eingeschlossenen auf das in "Bereitschaft" stehende Heer und harren der Wiederkehr ihrer Herrin.
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Bild 8
Den Kurfürsten rühren die Bitten der geängstigten Frau. Er gewährt ihr freien Abzug "mit dem liebsten Kleinod", das sie besitze. Mit ihrem Gatten auf dem Rücken verläßt sie eilenden Schrittes die Burg, vorbei an den staunenden Kriegern.
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Einen Überblick über die Märchen- und Sagenmotive
im Goethezeitportal finden sie hier.
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Im Sachsenlande war ein Ritter von Staupitz in Fehde mit einem Ritter von Beerwalde und gewann diesem sein Schloß Kriebstein ab, warf sich mit den Seinen hinein und wehrte sich wacker, als Friedrich der Streitbare, der erste Kurfürst von Sachsen, beider Ritter Lehensherr, von dem verdrängten Beerwalder zu Hülfe gerufen, den Kriebstein belagerte. Da erflehte auch, wie sich die Burg nicht länger halten konnte, die Frau von Staupitz freien Abzug mit ihrem Heiratsgut, und der Kurfürst gewährte ihr dessen, so viel sie tragen könne. Und da trug sie ihren Gatten auf ihren Schultern herab als ihr bestes Gut, das sie erheiratet, und Kurfürst Friedrich sprach dasselbe, was Konrad III. gesprochen: Wenn einem Fürsten die Treue nichts mehr gilt, für wen soll sie dann noch einen Wert haben? - Das trug sich zu im Jahr 1415.
Ludwig Bechstein, Ludwig: Deutsches Sagenbuch (1853). Nr. 887. Die Weibertreue. Deutsche Märchen und Sagen. Hrsg. von Hans-Jörg Uther (Digitale Bibliothek; 80) 2., verb. Aufl. Berlin: Directmedia 2004. Zitat S. 9430f.
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Eine ausführliche Darstellung der Sage und der "tatsächlichen Hintergründe der Kriebsteinfehde" finden Sie auf der Seite "Ritter Staupitz" im "Döbeln-Wiki", URL:
http://www.doebeln.net/wiki/Ritter_Staupitz
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Das Notgeld in und nach dem Ersten Weltkrieg entstand aus akutem Mangel an Kleingeld. Es wurde meist von Gemeinden ausgegeben, die sich verpflichteten, den in Pfennigen angegebenen Wert bis zu einem bestimmten, dem Notgeld aufgedruckten Gültigkeitstermin einzulösen. Dieses Notgeld wurde bald ein Sammelobjekt, so dass es dem wirtschaftlichen Kreislauf entzogen war. Der preußische Minister für Handel und Gewerbe wandte sich schon am 22. November 1917 "gegen Verwendung von Notgeld zu Sammelzwecken." (Drei Jahre, S.27)
Der Durchbruch zu einem reinen Sammelobjekt erfolgte aber erst in der Inflation 1921. "Bei den Städten liefen immer zahlreicher die Anfragen und Bestellungen von Sammlern ein; jede suchte mit neuen künstlerischen Scheinen die andern zu übertreffen, um recht viel Notgeld an Sammler absetzen zu können, denn was bei der Einlösung nicht zurückkam, war für die Stadtkasse Reinverdienst." (Notgeld, S. 237) An Sammler richteten sich vor allem die Serien von illustrierten Kleingeldscheinen, zu denen auch die hier vorgestellte Folge zählt. Sie standen im Mittelpunkt der Kritik an der "Ausartung der Notgeldausgaben" (Drei Jahre, S.65).
Der Handel mit Notgeld wurde nach dem Vorbild der Philatelie, und meist in Verbindung mit ihr, organisiert (Gründung des "Internationalen Notgeldhändlervereins" und erste deutsche Notgeldmesse 1921).
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Literatur:
* Notgeld-Poesie. Deutsche Dichtung im Notgeld in Wort und Bild mit erschöpfenden Erläuterungen an Hand amtlichen Materials. 1. (einziger?) Tl. Verlag Lütckens. Illustrierte Geschichte des Notgeldes. Köln am Rhein. 1921. Druck von M. Dumont-Schauberg, Köln.
* Drei Jahre. Das Notgeld. Zeitschrift für Notgeldkunde. Nachdruck aller Artikel und Abhandlungen von bleibendem Interesse und Wert aus den ersten drei Jahrgängen. München: Verlag "Das Notgeld" 1922.
* Das deutsche Notgeld. Kleingeldscheine 1916-1922. IV. Teil: Serienscheine. Zusammengestellt von Arnold Keller. Neu bearb. von Albert Pick und Carl Siemsen. München: Battenberg 1975.
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Notgeld finden Sie auch auf den folgenden Seiten:
Der Schmied von Ruhla oder: Landgraf werde hart!
und der Edelacker
(Notgeld der Stadt Freyburg an der Unstrut)
www.goethezeitportal.de/index.php
Notgeld: Doctor Faustus
(Notgeld der Stadt Roda)
www.goethezeitportal.de/index.php
Schiller-Notgeld aus Rudolstadt
www.goethezeitportal.de/index.php
Ilmenau
(Notgeld der Gemeinde Stützerbach)
http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=6764
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4. Rechtlicher Hinweis und Kontaktadresse
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Ludwig-Maximilians-Universität München
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