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Pfotenhauer: Klassizismus
Überlegungen zu Karl Philipp Moritz
und seiner Ornamenttheorie
Erstdruck: Flemming, Victoria von / Schütze, Sebastian (Hgg.): Ars naturam adiuvans.
Festschrift für Matthias Winner zum 2. März 1996. Mainz: Philipp von Zabern 1996. Absätze hinzugefügt.
Die "Krise der Kunst" im 18. Jahrhundert und die zukunftsweisenden
Potentiale, die sie hervortreibt, sind ein wichtiges Thema der Forschung geworden. 1
Der Verlust ikonographischer Selbstverständlichkeiten, der zunehmende Zweifel
an der überkommenen Gegenstandshierarchie lassen die Kunst zum Medium der
Selbstreflexion werden. Mehrdeutigkeit, Unbestimmtheit und der komplementäre
Appell an den Betrachter, die entstehenden Leerstellen durch Aktivierung der
Affekte und des Intellekts zu füllen, gelten als Signaturen dieser Epoche der
Bilder. Dem entspricht in der Literaturgeschichte und den Wissenschaften, die
sich mit ihr befassen, eine Modifikation des Begriffs von Aufklärung. Nicht
mehr nur das Erhellende der Vernunft und der Fortschritt, den sie bewirken
mag, sind wichtig, sondern ebenso ihre Schatten- und Nachtseiten. Das
Nachdenklichwerden der Aufklärung über sich selbst, ihre Komplexität mithin
tritt ins Blickfeld. Und damit ergibt sich auch ein modifiziertes Verständnis
von Moderne: Nicht mehr, wie noch in der "Querelle des anciens et des
modernes" seit dem 17. Jahrhundert, die Überlegenheit gegenüber dem Alten
und der Glaube der Kontinuität der Entwicklung zum Höheren hin definiert sie;
vielmehr werden das Denken und die Gestaltung des Vorläufigen, des Relativen des
Eigenen, des Vorübergehenden, auch des Neuen, konstitutiv die fraglichen,
oft bloß übernommenen und daher immer wieder neu aufgegebene Selbstdeutungen
werden zur Dauerreflexion. Auch die Diskontinuitäten, Brüche, Widersprüche und
Ungewißheiten der Lebenswelt wollen greifbar gemacht werden. Dies bedingt eine
Erosion des Objektiven, fraglos Vorgegebenen der Gegenstandswelt und der
Selbstverständlichkeit ihrer mimetischen und idealisierenden Wiedergabe. Eine
Wendung ins Subjekt, sei es transzendental-erkenntnistheoretisch, sei es
ästhetisierend-sentimentalisch ist die Folge.
Es ist bekannt, daß auch der Klassizismus, das scheinbare Festhalten am
bewährten Überkommenen, die Renaissance der antiken Klassik als konservatives
Programm, davon nicht unberührt bleibt. 2 Ein Blick auf seinen
prominentesten theoretischen Vertreter, auf Winckelmann also, genügt, um
festzustellen, wie hier die Rückversicherung im Alten konterkariert wird durch
eine konsequente Historisierung der Kunst. Die Nachahmung des überkommenen Schönen
wird somit gefordert und zugleich prekär. Sie gibt sich insgeheim zu erkennen
als sehnsüchtige Projektion der Moderne. Im Rahmen des Klassizismus im 18.
Jahrhundert ist es nun eine ganz bestimmte ästhetische Form, die zur Selbstvergewisserung
wie zur Irritation gleichermaßen gereicht. Die Rede ist vom Ornament. Der
Frühklassizismus um 1750 tritt an als Ornamentkritik, als Verurteilung der Rocaille
des Rokoko, also des Überflüssigen, Verspielten, Bizarren im Namen der Formstrenge
und des Idealschönen. Wenig später aber tritt durch die Ausgrabungen in Herculaneum
und Pompeji die antike Ornamentik wieder ins Bewußtsein. Das Paradox einer sozusagen
klassischen Verzierung wird zur Herausforderung des Klassizismus. Schrittweise
erfolgt die Anerkennung mit ihr aber auch tendenziell die Infragestellung
klassizistischer Normen: der des Ideals der vergöttlichten Menschengestalt als
Zentrum der Kunst, der der Nachahmung der Natur und der stilisierenden Auswahl
in ihr, der des Höheren und Bedeutenden der Kunst. Die Zierate führen den
Klassizismus zumindest in Ansätzen in seinem eigenen Feld über
sich hinaus hin zum Nicht-Mimetischen und Nicht-Bedeutenden, zum
Idealisierungsverzicht, zur Preisgabe der Gegenstandshierarchie und zu einem
Begriff autonomer Kunst. Eine bislang so gut wie nicht beachtete oder zumindest
notorisch unterschätzte Schrift von Karl Philipp Moritz hat dabei, wie zu zeigen
sein wird, eine Schlüsselstellung inne: die 1793, im Todesjahr des Autors,
erschienenen "Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente". 3
1759 veröffentlicht der Dresdner Architekt und Architekturtheoretiker Friedrich
August Krubsacius eine "Kurze Untersuchung des Ursprungs der Verzierungen,
der Veränderung und des Wachstums derselben, bis zu ihrem itzigen Verfalle". 4
Darin polemisiert er gegen den goût baroque in der Baukunst etwa
eines Borromini und vor allem gegen die "Hirngespinste" der
Bauverzierungen. 5 Gemeint ist ursprünglich das "Grillen-
und Muschelwerk" nach französischem Geschmack, die Rocaille also (Abb. 1),
gegen deren willkürliche und beliebige Vielfalt schon andere frühe Klassizisten
des deutschen 18. Jahrhunderts, wie Fünck oder Reiffenstein 6,
das Prinzip der Notwendigkeit und Einfalt geltend gemacht hatten. Der neue klassisch
orientierte Geschmack konstituiert sich nachgerade in dieser Auseinandersetzung.
Bei Krubsacius kommt nun aber sogleich ein bezeichnend defensiver Gesichtspunkt hinzu,
eine gewisse argumentative Verlegenheit, was die Ornamente anlangt, die ihn zu
einem Anhang nötigt. Dieser ist den herkulanischen Verzierungen gewidmet, den
Arabesken oder Moresken, Schlingornamenten aus Pflanzen also, deren Name sich
von der angeblichen Herkunft aus dem Arabischen herleitet, und Grotesken, die
so heißen, weil man sie in unterirdischen Gewölben, in Grotten, bei Ausgrabungen
fand und weil sie "grotesk" Mensch und Tierleiber zu Fabelwesen
kombinieren.
Seit 1738 waren unter Karl von Bourbon in Herculaneum Ausgrabungen
im Gange 7; die Funde wurden in das 1740 eigens dafür eingerichtete
Museum in Portici verbracht. 1748 stieß man auf die Überreste von Pompeji, 1749 auf
Stabiae. 1757 dann erschien der erste Band der Kupferstichwiedergaben der neu
aufgefundenen antiken Gemälde und Verzierungen, der "Pitture antiche
d'Ercolano", auf die sich auch Krubsacius bezieht. 8 Die
herculanischen Verzierungen in Wahrheit selbst bereits Erfindungen einer
klassizistischen Rückwendung im augusteischen Zeitalter werden als Bildnisse
griechischen Ursprungs angesehen, wenn auch nicht frei von Beeinträchtigungen durch
den römischen Geschmack. Aufgrund der Kupferstichwiedergaben mit ihrer Tendenz
zur Linearität der Umrisse, der "ligne simple", und der plastischen
Modellierung schrieb man ihnen eine klassische Grazie zu, welche angetan war,
sie vom Rokokoornament zu unterscheiden. 9 Trotzdem jedoch
blieben es bloße Verzierungen, in die sich halb Europa damals verliebte. -
Nicht genug auch mit den herkulanischen Ausgrabungen und ihren
Kupferstichreproduktionen: Man erinnerte sich in diesem Zusammenhang nun auch
wieder der seit Palladio so genannten Titus-Thermen in Rom
mit ihren Grotesken 10, welche nach ihrer Freilegung
vergessen worden waren, an die daran anknüpfenden Verzierungen des Raffael und
Giovanni da Udine in den vatikanischen Loggien und der Villa Madama. 11
(Abb. 2a und Abb. 2b)
Krubsacius bietet gegen diese Figurationen der Antike und ihrer Renaissance,
gegen die in hohem Maße beglaubigten Bildwerke also, seinerseits eine antike
Autorität auf: Vitruv. Krubsacius ist darin typisch. Man kann das Für und Wider
im Ornamentstreit des 18. Jahrhunderts geradezu als Geschichte der Vitruv-Exegese
lesen. Zwei Kapitel aus Vitruvs "De architectura libri decem" sind es
vor allem, die immer wieder zitiert werden affirmativ oder kritisch. Es
ist dies der fünfte Abschnitt des 7. Buches, jener über die Wandmalerei, und der
erste des zweiten Buches, jener über den Ursprung der Gebäude und die sogenannte
"Urhütte". 12 Vitruv führt gegen den Überfluß der
Verzierungen in der gemalten Baudekoration gemäß der Rhetorikdebatte um
Attizismus und Asianismus, Einfachheit und decorum 13
die Kriterien der Naturwahrheit, der Wahrscheinlichkeit und der
Funktionsgerechtigkeit ins Feld. Krubsacius folgt ihm darin. Was sollen
Lampenständer, welche kleine Tempel stützen müssen, was Pflanzenstengel, aus
denen halb menschliche, halb tierische Figuren hervorsprießen? Die Hervorbringungen
der Einbildungskraft verstoßen um der Mannigfaltigkeit und Abwechslung willen
gegen die Ökonomie der Natur und deren Prinzip der Einfachheit. Im weiteren Verlauf
der Debatte werden dann diese Normen charakteristisch für das 18. Jahrhundert
zunehmend als Gängelung der Phantasie empfunden, und es wird deren Freiheit
demgegenüber eingeklagt werden. Die Arabesken und Grotesken eignen sich nun für
diese Diskussion besonders, da sie zumindest tendenziell und dem damaligen
Verständnis nach nichts außerhalb ihrer selbst und der in ihnen tätigen
Imagination repräsentieren wollen keine äußere Natur, schon gar keine
idealisierte, keine Menschengestalt im Zusammenstimmen ihrer Teile, schon gar
keine vergöttlichte, wie sie die Statue zeigt. Und auch für diese Entgegenständlichung
und Entlastung von Bedeutungen steht eben die Antike ein. Der Rückbezug auf alte
Beglaubigungen enthält hier also auch durchaus den Keim des Avancierten, des
Vorausweisenden, Modernen.
Ganz verhalten kündigt sich dies schon bei Winckelmann selbst an. Während er
in seiner Dresdner Erstlingsschrift, den "Gedancken über die Nachahmung" 14,
sich noch orthodox klassizistisch gibt, zeigt er sich in seinen italienischen
Schriften 15 beeindruckt vom Augenschein schon schwankend.
Anderen wie Goethe oder Weinlig und Stieglitz 16
geht es nicht anders. Nur die Akzente verlagern sich Schritt für Schritt zugunsten
des Rechts der Einbildungskraft. Nicht anders die schrittweise Abkehr von der
Autorität Vitruvs, was das bei ihm vorgeschaltete Argument zum Ursprünglichen der
Baukunst anlangt und was sich daraus ableiten lasse (II.1).
Die Ornament-Diskussion
ist, wie man sieht, zunächst aufs engste an die Architekturtheorie gebunden. Anfänglich
seien Naturnotwendigkeit und Bedürftigkeit gewesen; die Not habe erfinderisch
gemacht und gelehrt, aus Holz stützende und lastende Teile zu zimmern und diese zur
Hütte zusammenzufügen. Bauen ist also im Prinzip bloßes Gestalten der Natur aus
der Natur heraus; und auch die später sich entfaltende Kunstfertigkeit in
weniger leidenden Zeiten bleibt dem verpflichtet. Verzierungen an Bauten sind
demzufolge Abwandlungen, Abstraktionen, Idealisierungen der Natur, nicht eigenständige
Schöpfungen, welche den Verstoß gegen das Wahrscheinliche rechtfertigen würden.
In dem Maße aber, in dem sich die Ästhetik des 18. Jahrhunderts von dem Gebot der
Mimesis löst und eine Theorie autonomer Kunst ausbildet, wird sie Virtruv
widersprechen müssen. Dies geschah zunächst unmerklich fast und gänzlich
klassizistisch gemeint im Medium einer nochmals radikalisierten Kritik
am Überfluß der Verzierungen, und zwar durch die Theorie von der Eigengesetzlichkeit
des Steinbaus als dem Wesen der Architektur. Damit wurden etwa bei Lodoli 17
und modifiziert bei Milizia 18 Prinzipien
der Funktionalität und Materialgerechtigkeit etabliert, die ihre raison d'être
nicht mehr aus dem Ursprünglichen und Naturgegebenen bezogen, sondern die Kunstfertigkeit
und Künstlichkeit des Bauens hervorhoben. Ein weiterer oder anderer Schritt der
Entlastung der Kunst von externen Bedeutungsvorgaben war getan. Wiederum ist es
dann Winckelmann, der hierzu seinen eigenen Beitrag liefert, indem er die Baukunst
aus dem bloßen Funktionalismus befreit und ihr die Zierlichkeit als Wesensmerkmal
beigibt. 19 Und Goethe 20
wird eine Generation später das Rhythmisch-Tänzerische der Proportionen hervorheben,
das bloß Gefällige und Zweckentbundene, welches mit Vitruv nicht mehr zu fassen sei.
Es versteht sich, daß damit auch die Ornamente in günstigerem Licht erscheinen.
Gerne wird in Kants "Kritik der Urteilskraft" von 1790 ein
Kulminationspunkt dieser Entwicklung zur Aufwertung des Ornaments und mit ihr
einer von externen Bedeutungsvorgaben entlasteten Kunst gesehen. 21
Kant spricht in Paragraph 14 des ersten Buches, der "Analytik des Schönen",
von den Zieraten oder Parerga. Sie seien äußerliche Zutat des schönen Gegenstandes
ohne innere Bindung an ihn; sie vergrößerten nur das Wohlgefallen des Geschmacks.
Dies kann nun konventionell aufgefaßt werden als Lehre von der bloß anhängenden
Schönheit ohne eigene Kraft Sulzer faßt in seiner für die zweite Jahrhunderthälfte
repräsentativen "Allgemeinen Theorie der schönen Künste" das Wesen der
Verzierungen, einer alten Tradition entsprechend, so zusammen. 22
Man kann dies aber auch als Freisetzung vom Zweck des Gegenstandes zugunsten
einer eigenen schönen Form der Verzierung selbst verstehen. Kant
nennt hier 23 als Beispiele "Einfassungen der Gemälde",
"Gewänder an Statuen" oder "Säulengänge um Prachtgebäude".
Im Paragraph 16 dann unterscheidet er ausdrücklich zwischen freier Schönheit
(pulchritudo vaga) und "bloß anhängender Schönheit" (pulchritudo
adhaerens) 24 und nennt für das erstere (!) als Beispiel
"Zeichnungen à la grecque", das Laubwerk zu Einfassungen oder auf
Papiertapeten, also Arabesken: "sie stellen nichts vor, kein Objekt unter
einem bestimmten Begriffe, und sind freie Schönheiten". Kant vergleicht sie
mit den musikalischen Phantasien ohne Text. Die Einbildungskraft ist hier ohne
Begriff vom Gegenstand, ohne die Dominanz des Verstandes also, spielerisch am
Werk. Das Mannigfaltige hat sich von dem Gesetz der Einheit gelöst. Dies klingt,
was die Abkehr von der Mimesis sowie den repräsentativen Bedeutungen in der
Kunst und das Bewußtsein von ihrer Autonomie anlangt, avanciert. Und bezeichnenderweise
wird diese Verabschiedung überkommener Positionen auch des Klassizismus
und seines Ideals gesteigerter Natur veranschaulicht durch angebliche
Schwundstufen klassisch-antiker und klassizistisch wiederbelebter Schönheit
eben die Ornamente. Sie gelten nun nicht mehr als anhängend, sondern genau umgekehrt
als Bilder freier Imagination.
Kant spricht hier nicht von der Menschengestalt,
sondern dezidiert vom demgegenüber scheinbar Marginalen, das nichts bedeuten muß
und eben deshalb als Schönes bei sich ist. Dennoch und das wird gerne
übersehen: Der Mensch kommt sofort wieder ins Spiel, und zwar als Inbild der
Selbstzweckhaftigkeit, welche allererst das Ideal des Schönen möglich mache,
nämlich einer Schönheit, welche am Begriff objektiver Zweckmäßigkeit ausgerichtet
sei (§ 17). Kants so radikal klingende Äußerungen zur pulchritudo vaga
sind nur Prolegomena einer weiter führenden Argumentation, die diese wieder
relativiert! Und mehr noch Kant geht es dabei nicht eigentlich um Kunst,
sondern um die ästhetische Urteilskraft. Und das heißt, daß die Subjektsvermögen
der Einbildungskraft und des Verstandes in ihrem Zusammenstimmen erkenntnistheoretisch
erörtert werden, nicht aber ästhetische Gegenstände. Wenn Kant von Verzierungen
spricht und dabei, der Zeit gemäß, in den klassizistischen Fundus greift, so
sind das Anschauungshilfen für den leichteren Nachvollzug abstrakter,
transzendentalphilosophischer Argumentationen; sie interessieren nicht für sich.
Und genau hierin liegt die Bedeutung der eingangs erwähnten und nun
näher zu betrachtenden Schrift von Karl Philipp Moritz: Sie erweist sich als
ähnlich radikal, was die Behauptung der Selbstzweckhaftigkeit künstlerischer
Hervorbringungen anlangt, aber sie interessiert sich für Kunst und leitet aus
diesem Interesse und der dazugehörigen Erfahrung, nicht aber aus anderweitigen
Gedankengängen ihre Optionen ab. Bei Moritz finden wir jene Arabesken, Einrahmungen,
Gewänder, Säulenordnungen selbst diskutiert sowie die überkommenen kunsttheoretischen
Auffassungen davon und die neuen, abweichenden Gesichtspunkte. Moritz ist dabei
undeutlicher als Kant, da argumentativ Altes und Neues, wie zu sehen sein wird,
sich überlagert. Aber er ist reicher an Material und einläßlicher und damit
ergiebiger, was den Stand der klassizistisch orientierten Debatte am Jahrhundertende
und deren Modernitätsaspekte anlangt.
Eines der zentralen Kapitel von Moritzens "Vorbegriffen" handelt
wie sollte es anders sein von den Arabesken. 25 Dieser Abschnitt
ist übernommen aus den 1792/93 erschienenen "Reisen eines Deutschen in Italien
in den Jahren 1786 bis 1788" Moritzens Schrift ist zum größten Teil
eine Kompilation aus anderen Texten, wie diesem Reisebericht oder wie dem Buch
über die sakralen Gebräuche der Römer "Anthusa oder Roms Alterthümer" 26
oder den diversen Akademie-Veröffentlichungen der Zeit um 1790.
27 Jenem Abschnitt über Arabesken ist ein Motto vorangestellt,
das ein Motto dieser ganzen Schrift sein könnte. Es handelt sich um den Ausspruch
des Horaz: "Mahlern und Dichtern war von jeher alles zu wagen erlaubt"
(Pictoribus atque poetis / quid libet audendi semper fuit aequa potestas). 28
Dies wird ausdrücklich Vitruv entgegengestellt und dessen funktionalistischer und
phantasiefeindlicher Bevormundung der Kunst. Man sieht, wie sich die Positionen
im Laufe von etwas mehr als 30 Jahren verändert haben. Nach wie vor dient die
Antike und ihre Renaissance klassizistisch als Beglaubigung in der Kunst
(genannt werden die Titus-Thermen und Raffaels Arabesken und Grotesken) und
in der Kunsttheorie. Aber die Argumentation, die dadurch gestützt werden soll,
hat sich nachgerade ins Gegenteil verkehrt. Hier nun wird dem vorher
perhorreszierten mutwilligen Spiel der Einbildung das Wort geredet, denn das
Wesen der Zierde sei und das ist als Auszeichnung gemeint , keinen
Zweck außerhalb ihrer selbst zu haben, keinen Zweck also als den zu vergnügen.
Allerdings macht Moritz auch Einschränkungen und bringt Zusätze. Er spricht
(S. 27) von der Neuerungs- und Modesucht, die für den spielenden Geschmack ein
gewünschter Fund sei. Und er spricht von "einer gewissen Einheit" (S. 29)
in der Mannigfaltigkeit, welche die Steine, das Laubwerk, die Tiere, die Satyrn
und Menschengestalten als Stufenleiter der Wesen begrifflich faßbar machten. Dem
Absichtslosen wird also doch wieder eine höhere Absicht unterstellt,
dem programmatisch Begriffslosen ein Begriff. Dies ist es, was Moritz so schwierig
und mißverständlich macht und die Bedeutung dieser Schrift bis heute weitgehend
verdeckt hat. Sie ist gekennzeichnet durch den Rückgriff auf die Konvention der
Kunstliteratur und Ästhetik gerade da, wo das Neue, das Nichtkonventionelle zum
Ausdruck gebracht werden soll. Hier zeigt sich, daß theoretische Innovationen
sich oft nicht von der Tradition losgelöst geltend machen, sondern durch sie
hindurch. So ergeben sich Schichtungen und Verwerfungen, die so oder so gedeutet
werden können, als konventionsverhaftet oder innovativ. Hier soll die Probe aufs
Exempel gemacht werden, inwieweit letzteres möglich und sinnvoll ist.
Drei überkommene Argumentationskomplexe sind dabei als Störfaktoren oder auch
als Katalysatoren des Neuen in Rechnung zu stellen: die rationalistische Orientierung
am Begriff, die metaphysische Vorstellung von der Nachahmung der Vollkommenheit
göttlicher Schöpfung und das Ideal der Menschengestalt als Inbild einer geläuterten,
harmonisch zusammenstimmenden Natur.
Nicht nur der Begriff, das Allgemeine, das die Vielheit der besonderen Figurationen
zusammenfaßt, kommt im herangezogenen Beispiel der Stufenleiter der Wesen zur
Geltung. Auch eine metaphysische Vorstellung von der hierarchisch gegliederten
Schöpfungsordnung ist darin enthalten. Moritz liebt es, seine Ästhetik dergestalt
abzustützen; immer wieder kommt er darauf zurück. So in dem großen nachitalienischen
Essay "Über die bildende Nachahmung des Schönen" von 1788, dem über
"Die Signatur des Schönen" aus demselben Jahr 29,
den Zusammenfassungen seiner ästhetischen Metaphysik oder metaphysischen Ästhetik
für Akademie-Zwecke, den "Grundlinien zu einer vollständigen Theorie der
schönen Künste" von 1789 30 bzw. der "Bestimmung des Zwecks einer Theorie
der schönen Künste". 31 Der Tenor der Argumentation ist
der, daß Kunst ein verkleinertes Abbild, eine Abbreviatur oder Signatur der Schöpfung
sei, welche der Mensch nicht als Ganzes, sondern gut neuplatonisch
nur im Spiegel als Miniatur fassen könne. Dadurch wird die Kunst zur Geistestätigkeit
von größtem, nämlich religiösem Ernst, und als solche verweist sie auf Höheres.
Sie soll zwar in sich ruhen und in sich selbst vollendet und vollkommen sein,
aber darin doch zugleich ein wesentliches Zeichen der erhabenen Perfektion Gottes
und seiner Welt. Zugleich wird Kunst so zum Anthropologicum: Der Mensch ist vor
allen anderen Wesen außer vor Gott ausgezeichnet durch diese
Fähigkeit der spielerischen Nachahmung. Er betreibt nun doch auch wieder Mimesis;
aber nicht Mimesis einer äußeren Natur, der er unterworfen wäre, sondern der
eigenen Natur, insofern sie am Schöpferischen, welches das Ganze strukturiert,
bildend teilhat.
Unschwer ist der eklektizistische Charakter dieser Konzeption zu erkennen:
neuplatonische Elemente, Leibnizsche Monadologie, Herdersche Prägnanz-Modelle,
die in der sinnlichen Perzeption das große Ganze begriffen sehen, fließen ineinander
und bilden ein oft nur schwer auflösbares Amalgam. Aber es ist auch zu erkennen,
wie so und gerade so neue Konzepte, die für sich noch keine Sprache haben,
artikulierbar werden. In der Philolosophiegeschichte hat man Autoren wie Moritz
wegen ihrer oft dunklen Mischung der Gedanken gegenüber Kant und dessen Klarheit
und Distinktheit vernachlässigt. Erst in den letzten Jahren wird diese damals
so genannte Popularphilosophie wieder ernster genommen und rekonstruiert 32
weil, wie auch an unserem Beispiel deutlich, dieser Eklektizismus reich an
Aspekten, auch an innovativen sein kann und mitunter der Preis ist für
intellektuelle Experimente mit der Kunst, welcher sich die transzendentalphilosophisch
karge Korrektheit wohlweislich enthält.
Auch die Menschengestalt als Abbild göttlicher Vollkommenheit, eine Standardvorstellung
des Klassizismus, ist schließlich in unserem Beispiel von der Stufenleiter der
Wesen enthalten und wird andernorts in der Ornamentschrift expliziert. Im Menschen
wird nach überkommener Auffassung Perfektion sichtbar als Harmonie der Teile des
Körpers; Mannigfaltigkeit schließt sich zur Einheit zusammen menschliche
Bildung repräsentiert im Reich des Sichtbaren Vollkommenheit und steht deshalb
in der Hierarchie der diesseitigen Wesen ganz oben. Moritz selbst erläutert dies
am Unterschied menschlicher und tierischer Bildung (S. 11 ff.). Diese Ökonomie
der Organisation wurde traditionell zum Maßstab für Wahrscheinlichkeit und
Naturadäquatheit und damit zur Norm für die künstlerische Mimesis gemacht. Die
Verzierungen, die keinen Menschen abbilden oder, wo sie es wie in den Grotesken
doch tun, nicht in seiner idealen Gestalt, sondern verzerrt und vermischt mit
anderen Wesen, werden gerade auch von den Klassizisten des 18. Jahrhunderts
an diesem Maßstab gemessen und als überflüssig und abwegig verworfen. Entscheidend
hier nun bei Moritz aber ist, daß die "menschliche Bildung" einerseits
als vorbildlich präsentiert wird und deshalb muß auch der Apollo von
Belvedere, für die Zeitgenossen ja ihre steingewordene Apotheose, in dieser den
Ornamenten gewidmeten Schrift ihren Platz haben (S. 13 ff.). Andererseits jedoch
wird dieses Absolute der Kunst relativiert durch eine Pluralität von Vollkommenheiten.
Einmal " was die Wesen anlangt " dominiert die Einheit, einmal die
Mannigfaltigkeit, einmal was die schöpferische Aktivität des Künstlers
anlangt die Einbildungskraft, einmal der Verstand (vgl.
"Das Geschmacksurteil", S. 140 f.). Auf eine für Moritz ganz
charakteristische Weise wird ein Königsargument des Klassizismus aufgegriffen,
um es unter der Hand zu entkräften, ja umzudrehen und es zum Geltungsnachweis
für das Verpönte zu machen die in sich und auf ihre Art ja auch vollkommenen
Verzierungen. So dekliniert Moritz quasi den Bestand der unter dem Stichwort
Ornament für den Klassizismus in Frage stehenden Phänomene durch, um Akzentverschiebungen
und Umwertungen vorzunehmen oft unmerklich fast oder schwach, gelegentlich
aber auch spektakulär und polemisch, wie anläßlich der Arabesken.
Eine Schrift über Verzierungen kommt an den Säulenordnungen nicht vorbei. Auch
in dieser Hinsicht hat sie sich mit Vitruv auseinanderzusetzen. Moritz tut
dies indirekt. Bei den Säulenordnungen geht es im 18. Jahrhundert um
das Verhältnis von Naturgemäßheit und Künstlichkeit an einem besonders prominenten
Beispiel. Wie sich versteht, spielen dabei die Kapitelle, das als Verzierung
direkt erkennbare korinthische Kapitell zumal, eine besondere Rolle. Die Frage ist,
wie es sich zu den anderen Teilen der Säule verhält, ob es sich funktional definiert,
da es die Natur nachbaut, und wenn ja welche, oder ob es freigelassenen Gestaltungswillen zeigt.
Der immer wieder verwendete und oft unverstandene Begriff der Säulen-"Ordnung"
wird bei genauerem Hinsehen meist als Zusammenspiel von Schaft und Kapitell, Gebälk
und Basis, evtl. auch Postament verstanden. 33 Dies geht zurück
auf Vitruvs Begriff der "Ordination" (I, 2), worunter zunächst die
Größenverhältnisse der Glieder eines Bauwerks verstanden wurden, die Proportion
also und Symmetrie. Was ist nun aber Funktion, was Überschuß, was Stütze, was
Zierde? Und wenn ein Bauteil funktional oder spielerisch ist, folgt es dabei
äußeren Gesetzen der Natur oder einer eigenen Logik ästhetischer Materialverarbeitung?
Dies sind Fragen, die so nicht immer explizit gestellt werden, aber den Horizont
des Problemfeldes abstecken; es sind die Fragen, auf die auch Moritz schließlich
seine Antworten gibt.
Vitruv (IV. 1) hatte zwei Vorgaben gemacht, die Ableitung nämlich aus dem
Holzbau und die Nachahmung von Menschengestalten in den Säulenkapitellen. Ersteres
belegt die Bindung an die Notwendigkeit und die Herkunft der Bauprinzipien aus
ursprünglicher Bedürftigkeit. Dies war im Modell der Urhütte veranschaulicht
worden und kehrt hier im Grunde, wenn auch verdeckt, wieder. Letzteres
etwa die Rückführung der korinthischen Kapitelle auf die Zartheit von Jungfrauen,
ihres Schmuckes und der dem sich angleichenden Vegetation, welche Kallimachos
als erster nachgeahmt habe soll die Geburt der Phantasie und ihrer
ornamentalen Hervorbringungen aus dem Geist der Natur zeigen und an die
Kontrolle durch dieselbe binden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
ergeben sich aus diesem Bereich möglicher Optionen verschiedene Argumentationsmuster,
die als Vorlage und als Gegenstand der Kritik für Moritz angesehen werden können.
Da ist zum einen ein strikter Funktionalismus, am radikalsten wohl von Francesco
Milizia vertreten 34, demzufolge auch die Verzierungen nur
dem Zusammenhalt der Gebäude zu dienen haben. Die Säulenkapitelle unterliegen
also dem von der Natur vorgegebenen Prinzip von Stütze und Last. Alles, was
darüber hinausgeht, ist von Übel. Natürlichkeit wird als Argument gegen
Nutzlosigkeit und Überfluß ausgespielt. Da sind zum andern die materialorientierten
Traktate. Die Ableitungen aus der Holzarchitektur werden zwar zunehmend
zurückgedrängt. 35 Aber auch die Annahme von der Eigengesetzlichkeit
des Steinbaus veranlaßte ja, wie etwa bei Lodoli zu sehen war 36,
Verzierungskritik im Namen kunstexterner Gegebenheiten. Die Beschaffenheit des
Werkstoffes ist maßgebend und nicht die Einbildungskraft dessen, der damit
umgeht, oder die Eigengesetzlichkeit der Kunst, die er aktualisiert.
Wiederum sind Moritzens Darlegungen nicht völlig eigenständig, sondern originell
nur durch das Umwenden und behutsame Neuorganisieren des traditionellen
Argumentationsbestandes. Unmerklich fast werden Akzentverschiebungen vorgenommen,
die am Ende eine Differenz ums Ganze bedeuten. Nichts Konventionelleres scheint
denkbar als der Beginn seines großen Abschnittes über "Die Säule"
(S. 18 ff.). Da ist von >Zierrathen< als dem Überflüssigen einer nützlichen
Sache die Rede. Das Nützliche des Baus falle dadurch besser ins Auge und veranlasse
uns, bei diesem angenehmen Anblick zu verweilen. >Die Zierrath<, wie
Moritz sagt, müsse "bedeutend" sein, nämlich auf "die Sache"
und deren "Wesen" hindeuten. Es fragt sich, worin nun aber dieses
Wesen bestehe. "Je bedeutender (...) die Zierrath ist, desto schöner ist
sie", befindet Moritz. Das heißt aber und nun stellt sich unmerklich
fast in diesem scheinbar rationalistischen und funktionalistischen Denken die
entscheidende Wende ein , daß auch die Sache, auf die die Verzierung
verweist, hier also das Gebäude, der Tempel, vor allem und wesentlich schön zu
sein hat. Denn nur so kann sein Beiwerk seinen eigentlichen Zweck erfüllen,
schön zu sein und eben dadurch Schönes zu bedeuten. Als Schönes aber hat es
keinen Zweck außerhalb seiner selbst; es ist nicht durch Material und Funktion
bestimmt, nicht durch externe Natur und deren Nachahmung. Es funktioniert vielmehr
in sich. Material, Zweckdienlichkeit, Stimmigkeit der Teile in ihrem Verhältnis
zueinander, werden zusammengeschlossen als Aspekte der Selbstbezüglichkeit des
Ganzen in seiner Mannigfaltigkeit.
Wie ist das in bezug auf die Säule und ihre Teile, auf ihre "Ordnung"
also, konkret vorzustellen? Wie wird diese autonomieästhetische Umwertung
überkommener funktions- und mimesistheoretischer Begriffe im einzelnen ins Werk
gesetzt? Zunächst stellt Moritz klar, daß die Säule nicht vornehmlich als tragende
Masse in Erscheinung treten dürfe: "Je kürzer die Säule im Verhältniß
gegen ihre Dicke ist, destomehr nähert sie sich dem Block, der ungebildeten
bloß tragenden Masse; je schlanker sie aber ist, destomehr nähert sie sich dem
Gebildeten, Emporstrebenden und Wachsenden" (S. 20). Moritz erläutert dies
darauf an der korinthischen Säule und ihrem Kapitell. Dieses ist besonders
interessant, da es seit jeher sowohl als Nachahmung der Natur, und das heißt
als Beleg für die Heteronomie der Baukunst, aufgefaßt werden konnte, als auch
als freies Spiel, das sich über die Gebote der Notwendigkeit, Nützlichkeit und
Funktionalität erhebe. Moritz scheint dem ersteren, der Nachbildung das Wort
zu reden. Die korinthische Säule habe zum Vorbild den zarten Blätterwuchs der
Natur. Wachsen und Emporstreben drückten sich darin aus. Das Kapitell aber zeige
die "zarten Sprossen" (S. 20 f.) durch den Druck von oben im Wachstum
gehemmt und in sich zurückgedrängt. Und in dieser Doppelheit von Strebung und
Widerstand, von Wachstum und Krümmung bzw. Rückstau, liege das Prinzip des
Ganzen.
Bildung ist nach Moritz sein Begriff; dieser kehrt hier und auch sonst
in Moritzens Schriften immer wieder. Das Wort bezeichnet ja um 1780 vor allem
eine damals neue biologische Einsicht, die nämlich in die endogene Organisationskraft
der Lebewesen, die unter den mannigfaltigen äußeren Bedingungen kraft einer
inneren Veranlagung zur Gestalt zusammenfinden. Der Bildungsbegriff steht,
wissenschaftsgeschichtlich gesehen, am Übergang von der Präformationslehre
zur Epigenesistheorie. 37 Die Eigengesetzlichkeit und
Entwicklungsfähigkeit der Wesen gegenüber dem bloß Vorgegebenen wird wichtig.
Die Vorstellung von der Selbstregelung des Organismus und der Hervorbringung
von Individualitäten als Balance von Äußerem und Innerem, von Bedingtheit und
Freiheit, machen seine anthropologische wie ästhetische Attraktivität aus. Moritz
steht mit seiner Vorliebe für den Bildungsbegriff in einer Reihe mit Autoren wie
Herder und Goethe. Entscheidend ist in unserem Zusammenhang, daß dabei äußere
Natur und deren Reproduktion zur inneren Natur wird, zum kreativen Potential und
dessen Objektivierung in der Kunst. Die korinthische Säule, "die schlankste
von allen", ist jenes Wachsen und Emporstreben der Natur in der Kunst. Und
ihr Kapitell zeigt die Kraft dieses Strebens und seine Grenze; es macht sich in
der Krümmung durch den Widerstand von oben und die Rückwendung in sich diese
Grenze gleichsam zu eigen, um sich abzuschließen, sich zu definieren und dadurch
ganz es selbst zu werden. Dadurch ist diese Säulen-Ordnung, die Korrespondenz
aller Teile, zum Inbild einer ins Ästhetische verwandelten Natur geworden. Jegliches
bloß Äußerliche, das nicht dazu dient, sich in sich zu vervollkommnen, ist
abgestreift. Aus der Sprache des Mimetischen in der Baukunst ist die Bezeichnung
ihrer Eigengesetzlichkeit geworden. 38
Dieses Verwandlungskunststück vollführt Moritz immer wieder, an allen
herkömmlicherweise zu bedenkenden Verzierungsarten. Das materiell Gegebene,
die Funktion und Zweckbestimmtheit der Verzierung, das Anhängende ihrer Schönheit,
wird dabei formalisiert und auf Vorstellungskomplexe bzw. Begriffe der
Selbstreferentialität, der Inversion ins Eigene, der Rundung zum organischen
Zusammenhalt bezogen. Durch diese Wiederkehr des gleichen im Analyseverfahren
wird die gegenständliche Differenz der verschiedenen Verzierungsarten untereinander
aufgezehrt es bleibt die Identität der ästhetischen Struktur. Die Kronzeugen
des Klassizismus, die steingewordenen Evidenzen der Überlegenheit der Alten,
wie Statue und Säule, werden dabei keineswegs in Frage gestellt. Aber indem
Moritz sie formalistisch beglaubigt, sie also zum Exempel macht, an dem Strukturen
exemplifiziert werden, erscheinen sie doch zugleich merkwürdig relativiert. Sie
sind vollkommen, aber der Vollkommenheiten sind viele. Neben die Statue oder
die Säule kann die Vase treten, der Bilderrahmen, der Knopf am Gewand oder die
Schnalle am Schuh.
Gut klassizistisch und dabei den Klassizismus durch die Relativierung des
Gegenstandes hintertreibend verfährt Moritz auch beim Gewand eine jener
buchstäblich anhängenden Schönheiten, über die im Zusammenhang der Frage der
Zierate gesprochen werden muß. Die Gewänder und deren Draperie, ihr Faltenwurf
also, gehören zum Rubrikenschema, jener Kategorientafel, nach der die Kunst
seit der Renaissance und bis hin zu Félibien, de Piles, Mengs, ja Goethe und
Heinrich Meyer nach Erfindung, Anordnung, Ausdruck, Zeichnung, Kolorit, Hell-Dunkel
und dergleichen beurteilt wurde. 39 In der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts ist es vor allem durch die "Gedanken über die Schönheit
und über den Geschmak in der Malerey" von Anton Raphael Mengs noch einmal
verbindlich gemacht worden. 40
Mengs erläutert an den Gewändern Raffaels, worum es geht.
41 Gemäß der antiken Rhetorik, aus der heraus das
Rubrikenschema gebildet ist, und ihrem Primat der inventio und dispositio vor
der elocutio als bloßer Ausführung einer ideellen Gesamtkomposition wird der
Faltenwurf hier als Nebensache behandelt. Sie dürfe die Hauptsache, nämlich
die menschliche Gestalt und ihre Proportionen nicht verdecken, sondern nur
bekleiden. Große Teile des Körpers müßten durch große Falten belegt werden
und dürften nicht durch kleine durchschnitten sein; und umgekehrt müßte der
Stoff sich den kleinen Partien des Körpers anpassen. Das zusammenfassende Lob
zu Raffael lautet: "In seinen Gewändern hat er nicht alle Falten ausgesucht,
nur um schöne anzubringen, sondern nur die, so zur Bezeichnung der darunter
sich befindenden nakenden nöthig waren, gewehlet." 42
Winckelmann spricht in seinen "Gedancken über die Nachahmung", auf
die sich jene "Gedanken" von Mengs, wie schon der Titel andeutet,
ehrfurchtsvoll beziehen, von der "Drapperie" viel nachdrücklicher.
Das hängt biographisch gesehen mit den von ihm so geschätzten
Dresdner Gewandfiguren, den damals so genannten "drey Vestalen" zusammen,
jenen Marmorrepliken der römischen Kaiserzeit, welche in Herculaneum Anfang des
Jahrhunderts ausgegraben worden deshalb auch Herkulanerinnen genannt
und 1736 nach Dresden gelangt waren. 43 Im Hinblick auf die
"höchste Manier" ihrer Gewänder definiert Winckelmann: "Unter
dem Wort Drapperie begreift man alles, was die Kunst von Bekleidung des Nackenden
der Figuren und von gebrochenen Gewändern lehret. Diese Wissenschaft ist nach der
schönen Natur, und nach dem edlen Contour, der dritte Vorzug der Wercke des
Alterthums." 44 Das heißt, die Gewänder zeigen bei
den Alten das Idealschöne der menschlichen Gestalt und ihres Umrisses dort,
wo die Figuren nicht mehr nackt sind. Das Optimum wird durch die nassen,
die sogenannten koischen Gewänder erreicht, die sich dem Körper anschmiegen,
oder durch den "Peplon", den Schleier "des griechischen
Frauenzimmers". Wichtig aber ist, daß der Faltenwurf, wo er die Gestalt
nicht direkt wiedergibt, zweierlei leistet: einerseits "den schönen Contour
des Nackenden" nicht zu verstecken Winckelmann und Mengs sind darin
einer Meinung und andererseits aber auch und darin unterscheidet
sich Winckelmann von Mengs eine Harmonie der Gestaltung von eigener Art
vor Augen zu führen. Die drei Herculanerinnen seien deshalb so schön, weil
"die kleinen Brüche (...) durch einen sanften Schwung an den grösseren
Partien" entstehen und sich wieder verlieren "in dieser mit einer
edlen Freyheit und sanften Harmonie des Gantzen". Winckelmann sieht also
im Anhängenden der Schönheit eine eigene Freiheit, ein ästhetisch befriedigendes
Zusammenstimmen und damit eine nicht nur durch den Nutzen definierte Immanenz
der Gestaltung.
Genau in diesem Punkt, der weit über die konventionelle Sicht von Mengs hinausgeht,
wird Moritz Winckelmann folgen. Seine Konfrontation antiker und neuzeitlicher
Gewandfigur gegen Ende des Ornamentbuches der einzige eigenständige
und bebilderte seiner Text-Abschnitte (Abb. 3a, 3b,
3c, 3d) radikalisiert diesen Aspekt
(S. 128 ff.). Moritz greift darin vorherige Bemerkungen zu "Gewand und
Faltenwurf" auf, die er aus den "Reisen eines Deutschen in Italien"
übernommen hatte (S. 112 ff.). Darin heißt es in bezug auf den "Apollo
Musagetes", den Apollon Kitharoedes also aus der Sala a Croce Greca 45,
daß das Gewand harmonisch seine Falten werfe "und gleichsam in das tönende
Saitenspiel zu rauschen" scheine (S. 112). Die anhängende Schönheit wird
also nachgerade programmatisch zur vagierenden, freien; sie bezeichnet zwar, aber
nur insofern, als Harmonie und Wohllaut, welche sie ausmachen, auch im Körper
sind, den sie umgibt. Wichtig ist, daß diese Schönheit als musikalisch aufgefaßt
wird: Die Musik erscheint um 1800 als das neue Paradigma einer nicht mehr
abbildenden, primär sich selbst bezeichnenden Kunst. Einheit des Mannigfaltigen,
Vollkommenheit, Aufhebung des Zufälligen der Natur in der schönen Ordnung der Kunst
dies sind auch die Begriffe, auf die die tragische Muse Melpomene der
Sala delle Muse gebracht wird (S. 113) 46.
Ausführlicher wird dasselbe Analyse- und Beschreibungsprinzip in der Konfrontation
der Statue eines römischen Senators mit der eines reichsstädtischen Bürgermeisters
entfaltet (S. 128 ff., S. 131 ff.). Auch hier bei der antiken Figur
wird die harmonisch ausgewogene Körperhaltung des Kontrapost im genauen
Gegensatz zur Konvention gleichsam erst zum Anlaß für den reizenden
Gegensatz der Falten des Gewandes. "So wiegt sich, im schönen Wechsel,
Niedersinken und Emporsteigen gegeneinander ab", heißt es resümierend (S. 130).
Der barocke Bürgermeister erscheint demgegenüber gut klassizistisch und
damit kritisch gesehen als plump und steif. Das Gewand verdeckt nicht
nur den Körper, was hier allerdings kein Nachteil wäre. Es ist auch, was fast
noch wichtiger ist, in sich unausgewogen, wuchtig und ästhetisch belanglos.
Nichts anderes ergibt der Vergleich einer römischen Matrone mit der Prinzessin von
Parma.
Immer wieder drängen formale Strukturen nach vorne, die das Konfigurative
hervorheben, unabhängig vom Gegenstand, durch den es sich darstellt. Deshalb sind
solche Formalien auch übertragbar und werden von Moritz gleichermaßen auf Statuen,
Bilder, poetische Texte oder Gegenstände der Gebrauchskunst angewandt. In den
"Reisen eines Deutschen in Italien" wird Niedersinken und Emporsteigen
als Formprinzip von Michelangelos Jüngstem Gericht gesehen 47
und die Einheit der Gegensätze im angeblichen Mittelpunkt, der Figur des in den
Abgrund sinkenden Verdammten, ausgemacht. In den "Vorlesungen über den Stil"
wird dieselbe formale Struktur in Goethes "Werther", nämlich im Brief
vom 10. Mai, definiert. 48 Man hat dies als die erste
immanente Interpretation der deutschen Literaturgeschichte bezeichnet.
Des weiteren befaßt sich Moritz mit Gebilden, bei denen der Zweck überwiegt,
ja die Identität des Gegenstandes überhaupt erst zu bestimmen scheint. Aber auch
hier macht sich die Tendenz zur formalistischen Analyse, zur Umdeutung in
Selbstzweckhaftigkeit und relative Vollkommenheit geltend. So etwa, wenn vom
Rahmen die Rede ist womit übrigens Kants Aufzählung der "Parerga",
zu denen ja auch "Einfassungen der Gemälde" gehören (§ 14), vollständig
Genüge getan wäre. Der Rahmen verschönert nach Moritz ein Gemälde, weil er es
isoliert und aus dem Zusammenhang der umgebenden Dinge sondert (S. 6). Aber
verschönern kann er das Bild nur, weil er selbst an der Schönheit teilhat: "Die
Schönheit des Rahmens und die Schönheit des Bildes fließen aus einem und demselben
Grundsatze". Das Gemeinsame ist der schroffe Gegensatz zum Außerästhetischen
und damit auch zu seiner illusionistischen, mimetischen Wiedergabe. Der Rahmen
bezeichnet den Artefaktcharakter des Kunstwerks. Zwar sagt Moritz nicht, daß er
für sich allein auch ein Kunstwerk sei; vielmehr lasse er uns "gleichsam
stufenweise in das innere Heiligthum blicken", bereite also das ästhetische
Ereignis des Gemäldes erst vor. Und doch wäre dieses weniger, wäre weniger evident,
ohne jenes Signal seiner Eigengesetzlichkeit. In der klassizistischen Kunstliteratur
ist wohl kaum vorher so ernst von bloßem, für sich nichts bedeutenden Beiwerk
gesprochen worden. Selbst wenn diese Rahmen Pflanzenornamente, also Arabesken sind,
selbst wenn sie aus der Antike überliefert sind, wie die herkulanischen Einfassungen
der Gemälde, wird ihnen sonst solche Aufmerksamkeit nicht zuteil. Goethe etwa
spricht in diesem Zusammenhang 49 ausdrücklich von
subordinierter Kunst, welche der Menschendarstellung in ihrer Mitte diene. Erst
Moritzens Gleich-Gültigkeit der Gegenstände bildender Kunst macht diese neue
Akzentsetzung möglich. Noch 1797 hat Goethe, entworfen zusammen mit Heinrich
Meyer, einen Aufsatz über dieses Thema geschrieben und keinen Zweifel daran
gelassen, daß die Gegenstände nach Moritz zwar vor allem sie
selbst seien und nichts außerhalb ihrer bedeuteten, daß dies aber am besten
geschehe durch die Menschendarstellung, also durch Rücksicht auf die überkommene
Gegenstandshierarchie.
Im Abschnitt über "Die Vase" (S. 39 f.) zeigt Moritz ein andermal
seine Kunst der Asthetisierung von Gebrauchsgegenständen. Er denkt hier an die
dem klassizistischen Gesamtkunstwerk repräsentativer Räume zugehörigen selbständigen
Vasen, die eigene Kunstwerke sind und sich aus der antiken Vasenmalerei herleiten
so wie er beim Rahmen an jene antiken Arabesken gedacht haben mag, die
ja auch an sich selbst schon ästhetischen Charakter haben. In Hans Christian
Genellis Beschreibung des Gesellschaftssaales im ehemaligen Dorvilleschen Haus
am Pariser Platz in Berlin, die Moritz ebenfalls in sein Ornament-Buch aufnimmt
(S. 115 ff.) 50 wird eine solche, vom jungen Schadow
gestaltete Vase erwähnt. In Moritzens Text geht es um den Begriff des Isolierens und In-sich-Fassens,
in dem die Vase zu sich komme. Wie der Blumenkelch den Tautropfen, fasse sie
das Wasser durch den Einklang von Erweiterung und Zusammenziehung, welcher ihre
Form bestimme, ohne die Natur einfach nur abzubilden, sondern getrennt von
dieser ihre Prinzipien nachgestaltend. Auch hier also findet sich das Spiel
mit traditionellen Elementen der Kunstbestimmung, mit dem rationalistischen
Begriff, den sie erfülle, dem organologischen Modell der Natur, welches sie
repräsentiere, um durch dieses Aufgreifen des Herkömmlichen zum Unkonventionellen
zu gelangen.
Die Diskussion um die Ornamente und die Gebrauchskunst, zu der Moritz hier
Stellung bezieht, ist jedoch nicht nur eine Angelegenheit gelehrter Traktate,
sondern hat ihre institutionelle Verankerung. Die Kunstakademien wurden
nicht zuletzt aus merkantilen Gründen, zur Beförderung der Manufakturen
nach englischem und französischem Vorbild 51 an deutschen Höfen gegen Ende des
Jahrhunderts wieder oder neu eingerichtet. Moritzens Bemühungen stehen im
Zusammenhang der Reform der Berliner Akademie, die unter dem Kurator Friedrich
Anton Freiherr von Heinitz ab 1786 vorangetrieben wurde. Waren die Akademien
in der zweiten Jahrhunderthälfte im Zuge der Aufwertung der Einbildungskraft
des Künstlers und ihrer Unabhängigkeit als naturfern und konventionsverhaftet-dogmatisch
teilweise in Verruf geraten 52, so ergaben sich hier nun
ganz handfeste neue Rechtfertigungen. Die Akademien sollten beitragen zur
"Allgemeinheit eines guten Geschmacks und uneingeschränkten Sorgfalt
zu Verfeinerung aller Zweige der bürgerlichen Industrie, welche auf Kunst
Beziehung haben". 53 Der >vaterländische Kunstfleiß<
mußte gehoben werden, und zwar durch geschmackvolle Formen und Verzierungen
der Handwerker und Fabrikanten, welche die >National-Industrie< auf
das Niveau anderer europäischer Länder würden heben können. 54
Moritz, nach seiner Rückkehr aus Italien, seit Februar 1789, Professor der
Theorie der schönen Künste und dahin gehörigen Wissenschaft der Mathematik,
Perspektive und Architektur, hatte dazu beigetragen. Alltagskunst, klassizistisch
gesehen eine After-Kunst, wird nun also mit den Mitteln klassizistischer
Kunstauffassung legitimiert. Dies wäre ästhetikgeschichtlich vielleicht
nicht weiter von Belang, wenn sich darin nicht eine für den späten Klassizismus
bezeichnende Dialektik geltend machte. Gerade durch den Pragmatisierungsdruck,
der die Kunst gegenüber dem Ideal des Schönen ins Nebensächliche abzulenken scheint,
wird fast unbemerkt ein emphatischer, vom äußeren Gegenstandsbezug zunehmend
entlasteter Kunstbegriff möglich. Das Innovative, aus heutiger Sicht Moderne im
Klassizismus, setzt sich mittels einer Art List ästhetischer Vernunft durch.
Es wird nicht triumphal geboren, sondern unscheinbar als Versenkung ins nicht
Bedeutende. Daß dies schließlich doch nicht unbemerkt blieb und nicht ohne
Widerstand vonstatten ging, zeigen die Reaktionen auf einen der prominentesten
Vertreter der Gebrauchskunst der Zeit, auf John Flaxman.
Goethe betrachtet diesen >Abgott der Dilettanten< mißtrauisch 55;
August Wilhelm Schlegel jedoch sieht in seinen Umrißzeichnungen, die auch als
Vorlage für Gebrauchs-Design gedacht waren, allerdings bereits eine neue,
andeutende, hieroglyphische, nicht mehr konventionell gebundene Kunst heraufziehen.
56
Moritz faßt in seinen >Vorbegriffen zu einer Theorie der Ornamente< das
Exemplarische an diesen, ihre Selbstbezüglichkeit, in einer Diskussion der
Eigenart des ästhetischen Zeichens zusammen. Die Vorbegriffe werden darin
zum Begriff erhoben. Im Abschnitt über die Arabeske (S. 25 ff.) fand sich
bereits ein wichtiges Stichwort, das der Hieroglyphe (S. 28). Ein anderer
Abschnitt ist der Allegorie gewidmet (S. 41 ff.). Damit sind ästhetische
Konzepte genannt, mit welchen Moritz sich kritisch auseinandersetzt, ohne daß
er für das von ihm Intendierte eine eigene Bezeichnung fände.
"In so fern eine Figur sprechend ist, in so fern sie bedeutend ist, nur
in so fern ist sie schön", beginnt Moritz sein Allegorie-Kapitel (S. 41)
mit einem konventionellen rationalistischen Kunstbegriff. Und sofort wendet er
dies in der nun bekannten, ihm eigenen Art um: "Dies Sprechende und Bedeutende
muß aber ja in dem rechten Sinne genommen werden: die Figur, in so fern sie schön
ist, soll nichts bedeuten, und von nichts sprechen, was außer ihr ist, sondern sie
soll nur von sich selber, von ihrem innern Wesen durch ihre äußere Oberfläche gleichsam
sprechen, soll durch sich selbst bedeutend werden." 57
Moritz spricht von Allegorie oder >bloßem Symbol< der Symbol-Begriff
wird um 1790 noch im traditionellen Sinne als vereinbartes Zeichen verstanden, das
auf einen Sachverhalt verweist, welcher im Zeichen selbst nicht sinnlich gegenwärtig
ist. Allegorie und Symbol sind dem ästhetischen Gegenstand also äußerlich, weil sie
über ihn hinaus auf einen externen Hintersinn verweisen. Allegorien wären demnach der
wahren Kunst nur anhängend, wären Zierat im herkömmlichen Sinne. Moritz gibt dafür ein
Beispiel: In der allegorischen Darstellung der Gerechtigkeit widerstreite ein Symbol
dem anderen, so daß die Figur unanschaulich werde. Der Gebrauch des Schwertes erfordere
eine andere Körperstellung als der der Waage, und beider Gebrauch erforderte im Grunde
offene und nicht verbundene Augen. Die Figur sei also bloßes Vehikel für das Unsinnliche,
für die abstrakte Bedeutung; als Figur selbst sei sie nicht ansehnlich und damit unästhetisch.
Anders liegt der Sachverhalt in schönen Bildern etwa der Fortuna oder der Aurora des
Guido Reni. 58 Hier ordne sich die Idee unter und diene dem Kunstwerk,
nicht aber das Kunstwerk ihr (S. 45 ff., Abb. 4a und 4b).
Fortuna etwa sei mit fliegendem Haar und den Spitzen der Zehen auf der rollenden Kugel
dargestellt. Beides drücke den eilenden Lauf aus und widerspreche sich auch in der
sinnlichen Vergegenwärtigung nicht. Die Aurora wolle nicht eine Morgenröte, also eine
Naturgegebenheit außerhalb des Werks, darstellen, sondern nehme unsere Erinnerung an sie
zum Anlaß, um eine eigene und neue Zusammensetzung schöner Figuren im vertrauten
Vorstellungshorizont vorzunehmen.
Goethe hat in seinem 1797 geschriebenen Aufsatz über die "Gegenstände der
bildenden Kunst" Ähnliches geschrieben und dabei für die Vorstellung von
selbstreferentiellen ästhetischen Zeichen erstmals in neuem Sinne den Terminus Symbol
verwendet. 59 Aber bei Goethe bleibt dieses Symbolische ans
Idealische gebunden und realisiert sich demnach vor allem in der mythologischen
Menschendarstellung, wie wir sie aus der Antike kennen und wie Goethe sie dann ab
1799 für seine Preisausschreiben der Weimarer Kunstfreunde verbindlich machen sollte.
Moritz wählt Beispiele, die zwar auch menschliche Figuren als Mittelpunkt haben, aber
es kommt ihm nicht auf das Idealisierende, die Erhebung über das Gemeine und bloß
Individuelle an, wie Goethe, und damit nicht primär auf die geeignete Wahl des Gegenstandes,
sondern vor allem auf das in sich Stimmige der Form. Bezeichnenderweise entwickelt sich
Moritzens späterer Zeichenbegriff aus der Kritik des idealen Gegenstandes schlechthin
heraus und dessen sozusagen klassischer klassizistischer Beschreibung: der des Apollo von
Belvedere durch Winckelmann. Moritz kritisiert in seinen "Reisen eines Deutschen in
Italien" eben das Allegoresierende daran 60, die Instrumentalisierung
des Werks für die über es hinausgehenden mythologischen Bedeutungszusammenhänge.
Moritz kann jene an der Stimmigkeit der Form ausgerichtete Semiotik in strukturell
gleicher Weise auch an den Arabesken entwickeln, was sich für Goethe verbieten würde.
Moritz spricht in diesem Zusammenhang, wie zu sehen war, von Hieroglyphen. Sie repräsentieren
wiederum die unästhetische Auffassung vom ästhetischen Zeichen als bloßer Verweis. Arabesken
aber verweisen nach Moritz nur auf sich selbst. Der Begriff der Arabeske wird dann
von Friedrich Schlegel aufgegriffen werden und zusammen mit dem der Hieroglyphe die
Kunstauffassung der Frühromantik am Jahrhundertende konstituieren. Friedrich Schlegel
hatte den Arabesken-Begriff auf die Literatur übertragen 61 und in der Verschlingung der
Teile und Gattungen, der Abschweifung im Sterneschen Sinne und der nicht mehr mimetischen
Selbstbezüglichkeit der Texte ein Kennzeichen der Moderne erkannt. Damit war die Arabeske
endgültig von der bloß anhängenden zur freien Schönheit emporgehoben worden. Schlegel
feiert das Absolute der Phantasie darin; er denkt an die Vereinigung der literarischen
Formen, wie Märchen, Roman, Novelle, und die der Künste sowie an das Aufscheinen des
Unendlichen des Geistes, welches in dieser ästhetischen Promiskuität sich andeute. Diese
Hindeutung auf Höheres, dieses Sinnbildliche, nennt Schlegel eben Hieroglyphe, heiliges
Zeichen es ist die Zeit vor der Entzifferung und damit Entmystifizierung der
ägyptischen Hieroglyphen. 62 Durch dieses Hieroglyphische aber bekommt
selbst und gerade das Ornament erneut eine Verweisfunktion, für deren tendenzielle Verabschiedung
es vorher bei Moritz gestanden hatte.
Hier wären bei aller Affinität wohl die Unterschiede
auch zwischen Moritz und der Frühromantik zu sehen. Moritz lehnt das Hieroglyphische in der
Kunst ausdrücklich ab. Im mehr-fach zitierten Abschnitt über die Arabesken seiner "Vorbegriffe"
nimmt er das Spiel der Phantasie gegen solche Zumutungen und Hintergrundsbedeutungen in Schutz.
Friedrich Schlegel hat spätestens seit 1797 den Klassizismus, in dessen Zeichen auch er ja
angetreten war, mit all seinen Erblasten, seinen Nachahmungs- und Idealisierungsgeboten,
abgestreift. Moritz verharrt hingegen in dessen Kontext. Aber vielleicht ist eben deshalb
die Sensibilität gegenüber den sinnorientierten Einschränkungen und Gängelungen der Imagination
größer. Jedenfalls führt bei Moritz die Auseinandersetzung mit dem Klassizismus in dessen
eigenem Feld auch zu Konsequenzen eigener Art. Es handelt sich um eine frühe Moderne ohne
deren Namen, aber in mancher Hinsicht radikaler als manche nachklassizistische Kunstauffassung,
die sich gerne modern nennt.
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Abbildungen Abb1: Friedrich August Krubsacius, "Satirische Kartusche".
Abb. 2a: "Raffaels Loggien im Vatikan", Pilasterdekoration (Detail).
Abb. 2b: "Raffaels Loggien im Vatikan", Pilasterdekoration
Abb. 3a: Karl Phillip Moritz, "Ein römischer Senator", aus: K. P. Moritz, Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente.
Abb. 3b: Karl Phillip Moritz, "Ein reichstädtischer Bürgermeister" ebd.
Abb. 3c: Karl Phillip Moritz, "Eine römische Matrone" ebd.
Abb. 3d: Karl Phillip Moritz, "Eine Prinzessin von Parma" ebd.
Abb. 4a: Guido Reni, "La Fortuna", 1623, Öl auf Leinwand, Rom, Pinacoteca Vaticana.
Abb. 4b: "L'Aurora", 1612/14, Fresko, Rom, Casino Rospigliosi.
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Pfotenhauer: Klassizismus
Anmerkungen
1 Werner Busch, Das sentimentalische Bild. Die Krise der Kunst
im 18. Jahrhundert und die Geburt der Moderne, München 1993; dazu auch die
Besprechung von Werner Hofmann ("Die in den Plural geratene Schönheit"),
Die Zeit, 3.12.1993. zurück
2 Vgl. etwa Busch zu Canova (wie Anm. 1), S. 152 ff. zurück
3 Vgl. dazu meine kommentierte Neuedition in: H. Pfotenhauer,
Peter Sprengel (Hg.), Klassik und Klassizismus, Bibliothek der Kunstliteratur,
Bd. 3, Frankfurt a. M. 1994. Siehe auch den Faksimile-Druck des Textes, hg.
von Hanno-Walter Kruft, Nördlingen 1986. Zur Forschung: Ruth Ghisler,
"Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente" von Karl Philipp Moritz.
Fragmente einer Architekturlehre aus Goethes römischem Freundeskreis, in:
Jahrbuch des freien deutschen Hochstifts (1970), S. 32-58; Günter Oesterle,
"Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente". Kontroverse Formprobleme
zwischen Aufklärung, Klassizismus und Romantik am Beispiel der Arabeske, in:
Herbert Beck, Peter C. Bol, Eva Meek-Gerard (Hg.), Ideal und Wirklichkeit der
bildenden Kunst im späten 18. Jahrhundert, Berlin, S. 119-139. Auch Werner Busch
hat sich dem Thema im Hinblick auf das 19. Jahrhundert gewidmet, streift Moritz
jedoch nur am Rande: Die notwendige Arabeske. Wirklichkeitsaneignung und
Stilisierung in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, Berlin 1985. zurück
4 In: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit, S. 22-268. zurück
5 S. 147ff., vgl. auch: "Betrachtungen über den wahren
Geschmack der Alten in der Baukunst, und über derselben Verfall in neuem Zeiten",
in: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste, Bd. 4, 5. Stück,
Leipzig 1747. zurück
6 Johann Friedrich Reiffenstein, Anmerkungen über Zierathen
in den Werken der Maler und Bildhauer, in: Neuer Büchersaal (...), (wie Anm. 5),
1746 und Johann Georg Fünck, Betrachtungen über den wahren Geschmack der Alten
in der Baukunst, und über derselben Verfall in neuem Zeiten (wie Anm. 5), S. 1747.
Ich habe die Schritte der Entwicklung dieser Argumentation genauer nachgezeichnet
in meinem Aufsatz "Klassizismus und Ornament. Die italienischen Verzierungen
in der deutschen Kunstdiskussion des 18. Jahrhunderts", in : Frank Rutger
Hausman (Hg.), Germanien in Italien. zurück
7 Vgl. Peter Werner, Pompeji und die Wanddekorationen der
Goethezeit, München 1970, S. 24 ff. zurück
8 o. V., Le antichità di Ercolano esposte con qualche spiegazione,
erschienen in 9 Bdn., Neapel 1757-92. zurück
9 Vgl. Denise Kaspar, Felix Urbium Resttitutio Le
Antichità di Ercolano zwischen Museum und Öffentlichkeit. Die ersten Nachrichten
der Grabungen am Golf von Neapel und die "Pompejimode" im 18. Jahrhundert,
in: H. Beck, P. C. Bol, W. Prinz, H. von Steuben (Hg.), Antikensammlungen im
18. Jahrhundert, Berlin 1981, 5. 21-31. zurück
10 Die domus aurea des Neronischen Palastes auf dem Esquilin;
im 18. Jahrhundert bekannt vor allem durch L. Mirris Kupferstichwerk "Vestigia
delle terme di Tito e loro interne pitture", Rom 1776. zurück
11 Wiedergegeben bei G. Volpato und G. Ottaviani: Le loggie
di Raffaele nel Vaticano, Rom 1772-77. zurück
12 Vgl. dazu auch: Ulrich Schütte, "Ordnung" und
"Verzierung". Untersuchungen zur deutschsprachigen Architekturtheorie
des 18. Jahrhunderts, Phil. Diss., Heidelberg 1979. zurück
13 Vgl. Ernst H. Gombrich, Ornament und Kunst, Schmucksinn
und Ordnungstrieb in der Physiologie des dekorativen Schaffens, Stuttgart 1982, S. 30 f.
zurück
14 J. J. Winckelmann, Gedancken über die Nachahmung der
griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst, Dresden 1755; dazu die
fiktiven Einwände in "Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung" (1756)
und deren Zurechtweisung in der folgenden "Erläuterung"; vgl. J. J.
Winckelmann, Kleine Schriften. Vorreden. Entwürfe, hg. von Walther Rehm, Berlin
1968, S. 57 f., 86 f., 133 ff. zurück
15 J. J. Winckelmann, Sendschreiben von den herculanischen
Entdeckungen, Dreßden 1762; Nachrichten von den neuesten herculanischen Entdeckungen, Dresden 1764.
zurück
16 J. W. Goethe, Von Arabesken, in: Teutscher Merkur,
Oktober 1788; Chr. T. Weinlig, Briefe über Rom, verschiedenen, die Werke der Kunst,
die öffentlichen Feste, Gebräuche und Sitten betreffenden Inhalts (...), 3 Bde.,
Dresden 1782-84; Christian Ludwig Stieglitz, Über den Gebrauch der Grotesken und
Arabesken, in: Allgemeines Magazin für die bürgerliche Baukunst, Weimar 1790. zurück
17 Vgl. Luigi Grassi, Teorici e storia della critica d'arte.
Parte Seconda: Il Settecento in Italia, Roma 1979, S. 125 ff. und Ulrich Schütte
(wie Anm. 12), S. 61 ff. zurück
18 Francesco Milizia, Prinzipii di Architettura Civile,
Finale 1781; dt.: Grundsätze der bürgerlichen Baukunst in drey Theilen. Aus dem
Italiänischen, Leipzig 1784-86, dazu auch: Mario-Andreas von Lüttichau, Die deutsche
Ornamentkritik im 18. Jahrhundert, Hildesheim etc. 1983, S. 22 ff. zurück
19 J. J. Winckelmann, Anmerkungen über die Baukunst der Alten, Leipzig 1762. zurück
20 J. W. Goethe, Baukunst, 1795; Erstdruck: Weimarer Ausgabe, 1.47 (1896). zurück
21 Vgl. Frank-Lothar Kroll, Das Ornament in der Kunsttheorie
des 19. Jahrhunderts, S. 13 ff. Zu Kants ästhetikgeschichtlicher Stellung: Walter
Biemel, Die Bedeutung von Kants Begründung der Ästhetik für die Philosophie der
Kunst, Köln 1959. zurück
22 Artikel "Verzierungen", Allgemeine Theorie der
schönen Künste (...), Neue vermehrte 3. Aufl., 4. Theil, Frankfurt, Leipzig 1798,
S. 748 ff. zurück
23 Immanuel Kant, Werke, hg. von Wilhelm Weischedel, Bd. X,
Kritik der Urteilskraft und naturphilosophische Schriften 2, Wiesbaden 1957, S. 306 (A 43, B 43, 44)
zurück
24 S. 360 (A 49/B 49). zurück
25 Im folgenden zitiert nach der Originalausgabe, Berlin
1793, hier S. 25 ff. zurück
26 Berlin 1791. zurück
27 Monatsschrift der Akademie der Künste und mechanischen
Wissenschaften zu Berlin, 1789 ff.; Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1791 ff.
zurück
28 De arte poetica, L1, V 9/10. Moritz übernimmt dies aus
Chr. L. Stieglitz, Über den Gebrauch der Grotesken und Arabesken, in: Allgemeines
Magazin für die bürgerliche Baukunst, Weimar 1790, Bd. 2, S. 109. zurück
29 Zuerst 1788 erschienen unter dem Titel "In wie fern
Kunstwerke beschrieben werden können?" in der "Monatsschrift der Akademie
der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin", 1. Jg., Bd. 2, 4.
Stück, S. 159-168, . Stück, S. 204-210; 2. Jg., Bd. 3 1789, 1. Stück, S. 3-5.
zurück
30 Moritz (wie Anm. 29), 2. Jg., S. 74-77; postum
veröffentlicht in: Berlinisches Archiv der Zeit und ihres Geschmacks, 1795, Bd.
1,1. März, S. 255 f. zurück
31 Manuskript, mitgeteilt von Hugo Eybisch, Anton Reiser.
Untersuchungen zur Lebensgeschichte von Karl Philipp Moritz und zur Kritik seiner
Autobiographie, Leipzig 1909. Vgl. meine Edition in: Klassik und Klassizismus,
hg. von H. Pfotenhauer und Peter Sprengel (wie Anm. 3). zurück
32 Vgl. Hans Adler, Die Prägnanz des Dunklen. Gnoseologie
Ästhetik Geschichtsphilosophie bei Johann Gottfried Herder, Hamburg
1990. Zu Moritz u. a. Thomas P. Same, Die ästhetische Theodicee. Karl
Philipp Moritz und die Philosophie des 18. Jahrhunderts, München 1971. zurück
33 Vgl. Ulrich Schütte (wie Anm. 12), S. 50 ff. zurück
34 Grundsätze der bürgerlichen Baukunst in drey Theilen (wie Anm. 18),
z.B. S. 29 f. zurück
35 Schütte (wie Anm. 12), S. 57 ff. zurück
36 Vgl. in Deutschland viel gelesen
Francesco Algarottis Referat und Kritik in: Versuch über die Architectur, Mahlerey
und musicalische Opera, aus dem Italiänischen des Grafen Algarotti, dt. von R. E.
Raspe, Cassel 1769 (italienisch: Livorno 1764), S. 16 ff. zurück
37 Zur Einführung in diesen komplexen Sachverhalt vgl. E.
Lichtenstein, Artikel "Bildung", in: Historisches Wörterbuch der
Philosophie, hg. von Joachim Ritter u. a., Bd. I (Basel 1971); Sp. 921 ff.
Zum naturkundlichen Kern des Wortes um 1780: J. Blumenbach, Über den Bildungs-Trieb
und das Zeugungsgeschäfte, Göttinger Magazin 1780. zurück
38 Zu anderen, nicht tragenden Säulentypen vgl. den
Abschnitt über Obelisken und Denksäulen, S. 25 ff. Zur abweichenden
Bewertung der Säulen nämlich dem Nützlichkeitsgesichtspunkt vgl.
den von Moritz eingerückten Beitrag des Architekten Johann Christian Genelli
über den neuen Gesellschaftssaal im Dorvilleschen Haus, S. 116. zurück
39 Vgl. Ernst Osterkamp, Im Buchstabenbilde. Studien zum
Verfahren Goethescher Bildbeschreibungen, Stuttgart 1991, S. 92 ff. zurück
40 A. R. Mengs, Gedanken über die Schönheit und über den
Geschmak in der Malerey. Herrn Johann Winkelmann gewidmet von dem Verfasser,
hg. von J. Caspar Fueßli, Zürich 1762. zurück
41 Ebd., S. 66 ff. zurück
42 Ebd., S. 68. zurück
43 Heiner Protzmann, Die Herculanerinnen und Winckelmann,
in: Die Dresdner Antiken und Winckelmann, Schriften der Winckelmann-Gesellschaft 4,
1977, S. 33 ff. zurück
44 J. J. Winckelmann, Gedancken (wie Anm. 14), S. 42.
zurück
45 Römische Marmorkopie, 2. Jh. n. Chr.; Nr. 582. zurück
46 Römische Marmorkopie, 2. Jh. n. Chr.; Nr. 499. zurück
47 Moritz (wie Anm. 25), Rom, 9.10.1787. zurück
48 K. P. Moritz, Vorlesungen über den Stil oder praktische
Anweisung zu einer guten Schreibart in Beispielen aus den vorzüglichsten Schriftstellern,
6. Vorlesung, Berlin 1793. zurück
49 J. W. Goethe, Von Arabesken (wie Anm. 16). zurück
50 Die Ausstattung des Saales stammt von Genelli als Architekt
und Asmus Jacob Carstens, der als Anerkennung daraufhin von Heinitz ein Romstipendium
erhielt. Es sollte ein Raum im herculanisch-pompejanischen Stile sein und ein
Zusammenwirken der verschiedenen Künste zeigen. Genelli berichtet über dieses
(1867-71 übermalte und überbaute und daher nicht erhaltene) Werk im Ausstellungskatalog
der Akademie von 1791. zurück
51 Vgl. Nikolaus Pevsner, Academies of Art. Past and Present,
New York 1973. zurück
52 Eine der bekanntesten Polemiken führt Wilhelm Heinse
in seinen Düsseldorfer Gemäldebriefen: "Ueber einige Gemählde der Düsseldorfer
Gallerie. Aus Briefen an Gleim von Heinse", erschienen in Wielands
"Teutschem Merkur", 1776/77. zurück
53 So Andreas Riem, Moritzens Berliner Kollege, in: Über
die Arabeske, in: Monatsschrift der Akademie der Künste, Bd. I, 1788, S. 9.
Moritz selbst dazu u. a.: Einleitung in die Annalen der Akademien der Künste
und mechanischen Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1791, S. 8-5, sowie in: Über
den Einfluß des Studiums der schönen Künste auf Manufakturen und Gewerbe. Eine
Rede, in: Deutsche Monatsschrift (1793), Bd. 1, S. 38-41. zurück
54 Vgl. Hans Müller, Die Königliche Akademie der Künste
zu Berlin 1692 bis 1896, Berlin 1896, S. 160 ff. zurück
55 Über die Flaxmanschen Werke, geschrieben 1.4.1799, Weimarer
Ausgabe, I. 47 (1896), S. 246 ff. Zur Ambivalenz von Goethes Urteil vgl. Peter-Klaus
Schuster, >Flaxman der Abgott aller Dilettanten<. Zu einem Dilemma des
klassischen Goethe und den Folgen, in: John Flaxman, Mythologie und Industrie,
Ausstellung Hamburg 1979, hg. von Werner Hofmann, München 1979, S. 32 ff. zurück
56 W Schlegel, Ueber Zeichnungen zu Gedichten und John
Flaxman's Umrisse, in: Athenäum. Zweiten Bandes erstes Stück, Berlin 1798 ff.
Dazu auch: Werner Hofmann (wie Anm. 55), S. 20 ff. zurück
57 Diese Passage ist zuerst 1789 in der "Monatsschrift
der Akademie der Künste" (2. Jg., 3. Bd., S. 49-58) erschienen, also
unmittelbar nach Moritzens Rückkehr aus Italien, wo er mir Goethe zusammen über
den Zeichenbegriff räsonniert hatte. Zur Entwicklung des ästhetischen Zeichenbegriffs
um 1790 vgl.: Bengt Algot Sorensen, Symbol und Symbolismus in den ästhetischen
Theorien des 18. Jahrhunderts und der deutschen Romantik, Kopenhagen 1963, hier
bes. S. 71 ff. und 86 ff., sowie ders., Allegorie und Symbol. Texte zur Theorie
des dichterischen Bildes im 18. und frühen 19. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1972. zurück
58 La Fortuna, 1623, Rom, Pinacoteca Vaticana; LAurora,
1612/14, Fresko, Rom, Casino Rospigliosi Pallavicini. zurück
59 J. W. Goethe, WA, 1.47, S. 91 ff. zurück
60 K. P. Moritz, Reisen eines Deutschen in Italien in den
Jahren 1786 bis 1788, Erstdruck Berlin 1792/93. Dritter Teil. zurück
61 In der Forschung wird Moritz gerne als dessen Vorläufer
gesehen. Vgl. Karl Konrad Polheim, Die Arabeske. Ansichten und Ideen aus
Friedrich Schlegels Poetik, München, Paderborn, Wien 1966, S. 18 ff.; ähnlich
Werner Busch (wie Anm. 3). zurück
62 Sie wird erst 1822 durch Jean François Champillon
geleistet, der den Hieroglyphen damit das Geheimnisvolle und Romantiktaugliche nimmt.
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Autor
Prof. Dr. Helmut Pfotenhauer
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Institut für deutsche Philologie
Neuere Abteilung
Am Hubland
97074 Würzburg
Emailadresse:
helmut.pfotenhauer@mail.uni-wuerzburg.de
Homepage:
http://www.uni-wuerzburg.de/germanistik/neu/pfotenhauer/start.htm
Eingestellt: 01.12.2005
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