goethe


Pfotenhauer: Klassizismus

Helmut Pfotenhauer

Überlegungen zu Karl Philipp Moritz
und seiner Ornamenttheorie

Erstdruck: Flemming, Victoria von / Schütze, Sebastian (Hgg.): Ars naturam adiuvans. Festschrift für Matthias Winner zum 2. März 1996. Mainz: Philipp von Zabern 1996. Absätze hinzugefügt.


Die "Krise der Kunst" im 18. Jahrhundert und die zukunftsweisenden Potentiale, die sie hervortreibt, sind ein wichtiges Thema der Forschung geworden. 1 Der Verlust ikonographischer Selbstverständlichkeiten, der zunehmende Zweifel an der überkommenen Gegenstandshierarchie lassen die Kunst zum Medium der Selbstreflexion werden. Mehrdeutigkeit, Unbestimmtheit und der komplementäre Appell an den Betrachter, die entstehenden Leerstellen durch Aktivierung der Affekte und des Intellekts zu füllen, gelten als Signaturen dieser Epoche der Bilder. Dem entspricht in der Literaturgeschichte und den Wissenschaften, die sich mit ihr befassen, eine Modifikation des Begriffs von Aufklärung. Nicht mehr nur das Erhellende der Vernunft und der Fortschritt, den sie bewirken mag, sind wichtig, sondern ebenso ihre Schatten- und Nachtseiten. Das Nachdenklichwerden der Aufklärung über sich selbst, ihre Komplexität mithin tritt ins Blickfeld. Und damit ergibt sich auch ein modifiziertes Verständnis von Moderne: Nicht mehr, wie noch in der "Querelle des anciens et des modernes" seit dem 17. Jahrhundert, die Überlegenheit gegenüber dem Alten und der Glaube der Kontinuität der Entwicklung zum Höheren hin definiert sie; vielmehr werden das Denken und die Gestaltung des Vorläufigen, des Relativen des Eigenen, des Vorübergehenden, auch des Neuen, konstitutiv — die fraglichen, oft bloß übernommenen und daher immer wieder neu aufgegebene Selbstdeutungen werden zur Dauerreflexion. Auch die Diskontinuitäten, Brüche, Widersprüche und Ungewißheiten der Lebenswelt wollen greifbar gemacht werden. Dies bedingt eine Erosion des Objektiven, fraglos Vorgegebenen der Gegenstandswelt und der Selbstverständlichkeit ihrer mimetischen und idealisierenden Wiedergabe. Eine Wendung ins Subjekt, sei es transzendental-erkenntnistheoretisch, sei es ästhetisierend-sentimentalisch ist die Folge.

Es ist bekannt, daß auch der Klassizismus, das scheinbare Festhalten am bewährten Überkommenen, die Renaissance der antiken Klassik als konservatives Programm, davon nicht unberührt bleibt. 2 Ein Blick auf seinen prominentesten theoretischen Vertreter, auf Winckelmann also, genügt, um festzustellen, wie hier die Rückversicherung im Alten konterkariert wird durch eine konsequente Historisierung der Kunst. Die Nachahmung des überkommenen Schönen wird somit gefordert und zugleich prekär. Sie gibt sich insgeheim zu erkennen als sehnsüchtige Projektion der Moderne. Im Rahmen des Klassizismus im 18. Jahrhundert ist es nun eine ganz bestimmte ästhetische Form, die zur Selbstvergewisserung wie zur Irritation gleichermaßen gereicht. Die Rede ist vom Ornament. Der Frühklassizismus um 1750 tritt an als Ornamentkritik, als Verurteilung der Rocaille des Rokoko, also des Überflüssigen, Verspielten, Bizarren im Namen der Formstrenge und des Idealschönen. Wenig später aber tritt durch die Ausgrabungen in Herculaneum und Pompeji die antike Ornamentik wieder ins Bewußtsein. Das Paradox einer sozusagen klassischen Verzierung wird zur Herausforderung des Klassizismus. Schrittweise erfolgt die Anerkennung – mit ihr aber auch tendenziell die Infragestellung klassizistischer Normen: der des Ideals der vergöttlichten Menschengestalt als Zentrum der Kunst, der der Nachahmung der Natur und der stilisierenden Auswahl in ihr, der des Höheren und Bedeutenden der Kunst. Die Zierate führen den Klassizismus – zumindest in Ansätzen – in seinem eigenen Feld über sich hinaus – hin zum Nicht-Mimetischen und Nicht-Bedeutenden, zum Idealisierungsverzicht, zur Preisgabe der Gegenstandshierarchie und zu einem Begriff autonomer Kunst. Eine bislang so gut wie nicht beachtete oder zumindest notorisch unterschätzte Schrift von Karl Philipp Moritz hat dabei, wie zu zeigen sein wird, eine Schlüsselstellung inne: die 1793, im Todesjahr des Autors, erschienenen "Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente". 3

1759 veröffentlicht der Dresdner Architekt und Architekturtheoretiker Friedrich August Krubsacius eine "Kurze Untersuchung des Ursprungs der Verzierungen, der Veränderung und des Wachstums derselben, bis zu ihrem itzigen Verfalle". 4 Darin polemisiert er gegen den goût baroque in der Baukunst – etwa eines Borromini – und vor allem gegen die "Hirngespinste" der Bauverzierungen. 5 Gemeint ist ursprünglich das "Grillen- und Muschelwerk" nach französischem Geschmack, die Rocaille also (Abb. 1), gegen deren willkürliche und beliebige Vielfalt schon andere frühe Klassizisten des deutschen 18. Jahrhunderts, wie Fünck oder Reiffenstein 6, das Prinzip der Notwendigkeit und Einfalt geltend gemacht hatten. Der neue klassisch orientierte Geschmack konstituiert sich nachgerade in dieser Auseinandersetzung. Bei Krubsacius kommt nun aber sogleich ein bezeichnend defensiver Gesichtspunkt hinzu, eine gewisse argumentative Verlegenheit, was die Ornamente anlangt, die ihn zu einem Anhang nötigt. Dieser ist den herkulanischen Verzierungen gewidmet, den Arabesken oder Moresken, Schlingornamenten aus Pflanzen also, deren Name sich von der angeblichen Herkunft aus dem Arabischen herleitet, und Grotesken, die so heißen, weil man sie in unterirdischen Gewölben, in Grotten, bei Ausgrabungen fand und weil sie – "grotesk" Mensch und Tierleiber zu Fabelwesen kombinieren.

Seit 1738 waren unter Karl von Bourbon in Herculaneum Ausgrabungen im Gange 7; die Funde wurden in das 1740 eigens dafür eingerichtete Museum in Portici verbracht. 1748 stieß man auf die Überreste von Pompeji, 1749 auf Stabiae. 1757 dann erschien der erste Band der Kupferstichwiedergaben der neu aufgefundenen antiken Gemälde und Verzierungen, der "Pitture antiche d'Ercolano", auf die sich auch Krubsacius bezieht. 8 Die herculanischen Verzierungen – in Wahrheit selbst bereits Erfindungen einer klassizistischen Rückwendung im augusteischen Zeitalter – werden als Bildnisse griechischen Ursprungs angesehen, wenn auch nicht frei von Beeinträchtigungen durch den römischen Geschmack. Aufgrund der Kupferstichwiedergaben mit ihrer Tendenz zur Linearität der Umrisse, der "ligne simple", und der plastischen Modellierung schrieb man ihnen eine klassische Grazie zu, welche angetan war, sie vom Rokokoornament zu unterscheiden. 9 Trotzdem jedoch blieben es bloße Verzierungen, in die sich halb Europa damals verliebte. -

Nicht genug auch mit den herkulanischen Ausgrabungen und ihren Kupferstichreproduktionen: Man erinnerte sich in diesem Zusammenhang nun auch wieder der seit Palladio so genannten Titus-Thermen in Rom mit ihren Grotesken 10, welche nach ihrer Freilegung vergessen worden waren, an die daran anknüpfenden Verzierungen des Raffael und Giovanni da Udine in den vatikanischen Loggien und der Villa Madama. 11 (Abb. 2a und Abb. 2b)

Krubsacius bietet gegen diese Figurationen der Antike und ihrer Renaissance, gegen die in hohem Maße beglaubigten Bildwerke also, seinerseits eine antike Autorität auf: Vitruv. Krubsacius ist darin typisch. Man kann das Für und Wider im Ornamentstreit des 18. Jahrhunderts geradezu als Geschichte der Vitruv-Exegese lesen. Zwei Kapitel aus Vitruvs "De architectura libri decem" sind es vor allem, die immer wieder zitiert werden – affirmativ oder kritisch. Es ist dies der fünfte Abschnitt des 7. Buches, jener über die Wandmalerei, und der erste des zweiten Buches, jener über den Ursprung der Gebäude und die sogenannte "Urhütte". 12 Vitruv führt gegen den Überfluß der Verzierungen in der gemalten Baudekoration – gemäß der Rhetorikdebatte um Attizismus und Asianismus, Einfachheit und decorum 13 – die Kriterien der Naturwahrheit, der Wahrscheinlichkeit und der Funktionsgerechtigkeit ins Feld. Krubsacius folgt ihm darin. Was sollen Lampenständer, welche kleine Tempel stützen müssen, was Pflanzenstengel, aus denen halb menschliche, halb tierische Figuren hervorsprießen? Die Hervorbringungen der Einbildungskraft verstoßen um der Mannigfaltigkeit und Abwechslung willen gegen die Ökonomie der Natur und deren Prinzip der Einfachheit. Im weiteren Verlauf der Debatte werden dann diese Normen – charakteristisch für das 18. Jahrhundert – zunehmend als Gängelung der Phantasie empfunden, und es wird deren Freiheit demgegenüber eingeklagt werden. Die Arabesken und Grotesken eignen sich nun für diese Diskussion besonders, da sie – zumindest tendenziell und dem damaligen Verständnis nach – nichts außerhalb ihrer selbst und der in ihnen tätigen Imagination repräsentieren wollen – keine äußere Natur, schon gar keine idealisierte, keine Menschengestalt im Zusammenstimmen ihrer Teile, schon gar keine vergöttlichte, wie sie die Statue zeigt. Und auch für diese Entgegenständlichung und Entlastung von Bedeutungen steht eben die Antike ein. Der Rückbezug auf alte Beglaubigungen enthält hier also auch durchaus den Keim des Avancierten, des Vorausweisenden, Modernen.

Ganz verhalten kündigt sich dies schon bei Winckelmann selbst an. Während er in seiner Dresdner Erstlingsschrift, den "Gedancken über die Nachahmung" 14, sich noch orthodox klassizistisch gibt, zeigt er sich in seinen italienischen Schriften 15 beeindruckt vom Augenschein – schon schwankend. Anderen wie Goethe oder Weinlig und Stieglitz 16 geht es nicht anders. Nur die Akzente verlagern sich Schritt für Schritt zugunsten des Rechts der Einbildungskraft. Nicht anders die schrittweise Abkehr von der Autorität Vitruvs, was das bei ihm vorgeschaltete Argument zum Ursprünglichen der Baukunst anlangt und was sich daraus ableiten lasse (II.1).

Die Ornament-Diskussion ist, wie man sieht, zunächst aufs engste an die Architekturtheorie gebunden. Anfänglich seien Naturnotwendigkeit und Bedürftigkeit gewesen; die Not habe erfinderisch gemacht und gelehrt, aus Holz stützende und lastende Teile zu zimmern und diese zur Hütte zusammenzufügen. Bauen ist also im Prinzip bloßes Gestalten der Natur aus der Natur heraus; und auch die später sich entfaltende Kunstfertigkeit in weniger leidenden Zeiten bleibt dem verpflichtet. Verzierungen an Bauten sind demzufolge Abwandlungen, Abstraktionen, Idealisierungen der Natur, nicht eigenständige Schöpfungen, welche den Verstoß gegen das Wahrscheinliche rechtfertigen würden. – In dem Maße aber, in dem sich die Ästhetik des 18. Jahrhunderts von dem Gebot der Mimesis löst und eine Theorie autonomer Kunst ausbildet, wird sie Virtruv widersprechen müssen. Dies geschah zunächst – unmerklich fast und gänzlich klassizistisch gemeint – im Medium einer nochmals radikalisierten Kritik am Überfluß der Verzierungen, und zwar durch die Theorie von der Eigengesetzlichkeit des Steinbaus als dem Wesen der Architektur. Damit wurden – etwa bei Lodoli 17 und modifiziert bei Milizia 18 – Prinzipien der Funktionalität und Materialgerechtigkeit etabliert, die ihre raison d'être nicht mehr aus dem Ursprünglichen und Naturgegebenen bezogen, sondern die Kunstfertigkeit und Künstlichkeit des Bauens hervorhoben. Ein weiterer oder anderer Schritt der Entlastung der Kunst von externen Bedeutungsvorgaben war getan. Wiederum ist es dann Winckelmann, der hierzu seinen eigenen Beitrag liefert, indem er die Baukunst aus dem bloßen Funktionalismus befreit und ihr die Zierlichkeit als Wesensmerkmal beigibt. 19 Und Goethe 20 wird eine Generation später das Rhythmisch-Tänzerische der Proportionen hervorheben, das bloß Gefällige und Zweckentbundene, welches mit Vitruv nicht mehr zu fassen sei. Es versteht sich, daß damit auch die Ornamente in günstigerem Licht erscheinen.

Gerne wird in Kants "Kritik der Urteilskraft" von 1790 ein Kulminationspunkt dieser Entwicklung zur Aufwertung des Ornaments und mit ihr einer von externen Bedeutungsvorgaben entlasteten Kunst gesehen. 21 Kant spricht in Paragraph 14 des ersten Buches, der "Analytik des Schönen", von den Zieraten oder Parerga. Sie seien äußerliche Zutat des schönen Gegenstandes ohne innere Bindung an ihn; sie vergrößerten nur das Wohlgefallen des Geschmacks. Dies kann nun konventionell aufgefaßt werden als Lehre von der bloß anhängenden Schönheit ohne eigene Kraft – Sulzer faßt in seiner für die zweite Jahrhunderthälfte repräsentativen "Allgemeinen Theorie der schönen Künste" das Wesen der Verzierungen, einer alten Tradition entsprechend, so zusammen. 22 Man kann dies aber auch als Freisetzung vom Zweck des Gegenstandes zugunsten einer eigenen schönen Form der Verzierung selbst verstehen. Kant nennt hier 23 als Beispiele "Einfassungen der Gemälde", "Gewänder an Statuen" oder "Säulengänge um Prachtgebäude". Im Paragraph 16 dann unterscheidet er ausdrücklich zwischen freier Schönheit (pulchritudo vaga) und "bloß anhängender Schönheit" (pulchritudo adhaerens) 24 und nennt für das erstere (!) als Beispiel "Zeichnungen à la grecque", das Laubwerk zu Einfassungen oder auf Papiertapeten, also Arabesken: "sie stellen nichts vor, kein Objekt unter einem bestimmten Begriffe, und sind freie Schönheiten". Kant vergleicht sie mit den musikalischen Phantasien ohne Text. Die Einbildungskraft ist hier ohne Begriff vom Gegenstand, ohne die Dominanz des Verstandes also, spielerisch am Werk. Das Mannigfaltige hat sich von dem Gesetz der Einheit gelöst. Dies klingt, was die Abkehr von der Mimesis sowie den repräsentativen Bedeutungen in der Kunst und das Bewußtsein von ihrer Autonomie anlangt, avanciert. Und bezeichnenderweise wird diese Verabschiedung überkommener Positionen – auch des Klassizismus und seines Ideals gesteigerter Natur – veranschaulicht durch angebliche Schwundstufen klassisch-antiker und klassizistisch wiederbelebter Schönheit – eben die Ornamente. Sie gelten nun nicht mehr als anhängend, sondern genau umgekehrt als Bilder freier Imagination.

Kant spricht hier nicht von der Menschengestalt, sondern dezidiert vom demgegenüber scheinbar Marginalen, das nichts bedeuten muß und eben deshalb als Schönes bei sich ist. Dennoch – und das wird gerne übersehen: Der Mensch kommt sofort wieder ins Spiel, und zwar als Inbild der Selbstzweckhaftigkeit, welche allererst das Ideal des Schönen möglich mache, nämlich einer Schönheit, welche am Begriff objektiver Zweckmäßigkeit ausgerichtet sei (§ 17). Kants so radikal klingende Äußerungen zur pulchritudo vaga sind nur Prolegomena einer weiter führenden Argumentation, die diese wieder relativiert! Und mehr noch – Kant geht es dabei nicht eigentlich um Kunst, sondern um die ästhetische Urteilskraft. Und das heißt, daß die Subjektsvermögen der Einbildungskraft und des Verstandes in ihrem Zusammenstimmen erkenntnistheoretisch erörtert werden, nicht aber ästhetische Gegenstände. Wenn Kant von Verzierungen spricht und dabei, der Zeit gemäß, in den klassizistischen Fundus greift, so sind das Anschauungshilfen für den leichteren Nachvollzug abstrakter, transzendentalphilosophischer Argumentationen; sie interessieren nicht für sich.

Und genau hierin liegt die Bedeutung der eingangs erwähnten und nun näher zu betrachtenden Schrift von Karl Philipp Moritz: Sie erweist sich als ähnlich radikal, was die Behauptung der Selbstzweckhaftigkeit künstlerischer Hervorbringungen anlangt, aber sie interessiert sich für Kunst und leitet aus diesem Interesse und der dazugehörigen Erfahrung, nicht aber aus anderweitigen Gedankengängen ihre Optionen ab. Bei Moritz finden wir jene Arabesken, Einrahmungen, Gewänder, Säulenordnungen selbst diskutiert sowie die überkommenen kunsttheoretischen Auffassungen davon und die neuen, abweichenden Gesichtspunkte. Moritz ist dabei undeutlicher als Kant, da argumentativ Altes und Neues, wie zu sehen sein wird, sich überlagert. Aber er ist reicher an Material und einläßlicher und damit ergiebiger, was den Stand der klassizistisch orientierten Debatte am Jahrhundertende und deren Modernitätsaspekte anlangt.

Eines der zentralen Kapitel von Moritzens "Vorbegriffen" handelt – wie sollte es anders sein – von den Arabesken. 25 Dieser Abschnitt ist übernommen aus den 1792/93 erschienenen "Reisen eines Deutschen in Italien in den Jahren 1786 bis 1788" – Moritzens Schrift ist zum größten Teil eine Kompilation aus anderen Texten, wie diesem Reisebericht oder wie dem Buch über die sakralen Gebräuche der Römer "Anthusa oder Roms Alterthümer" 26 oder den diversen Akademie-Veröffentlichungen der Zeit um 1790. 27 Jenem Abschnitt über Arabesken ist ein Motto vorangestellt, das ein Motto dieser ganzen Schrift sein könnte. Es handelt sich um den Ausspruch des Horaz: "Mahlern und Dichtern war von jeher alles zu wagen erlaubt" (Pictoribus atque poetis / quid libet audendi semper fuit aequa potestas). 28 Dies wird ausdrücklich Vitruv entgegengestellt und dessen funktionalistischer und phantasiefeindlicher Bevormundung der Kunst. Man sieht, wie sich die Positionen im Laufe von etwas mehr als 30 Jahren verändert haben. Nach wie vor dient die Antike und ihre Renaissance klassizistisch als Beglaubigung – in der Kunst (genannt werden die Titus-Thermen und Raffaels Arabesken und Grotesken) und in der Kunsttheorie. Aber die Argumentation, die dadurch gestützt werden soll, hat sich nachgerade ins Gegenteil verkehrt. Hier nun wird dem vorher perhorreszierten mutwilligen Spiel der Einbildung das Wort geredet, denn das Wesen der Zierde sei – und das ist als Auszeichnung gemeint –, keinen Zweck außerhalb ihrer selbst zu haben, keinen Zweck also als den zu vergnügen.

Allerdings macht Moritz auch Einschränkungen und bringt Zusätze. Er spricht (S. 27) von der Neuerungs- und Modesucht, die für den spielenden Geschmack ein gewünschter Fund sei. Und er spricht von "einer gewissen Einheit" (S. 29) in der Mannigfaltigkeit, welche die Steine, das Laubwerk, die Tiere, die Satyrn und Menschengestalten als Stufenleiter der Wesen begrifflich faßbar machten. Dem Absichtslosen wird also doch wieder eine – höhere – Absicht unterstellt, dem programmatisch Begriffslosen ein Begriff. Dies ist es, was Moritz so schwierig und mißverständlich macht und die Bedeutung dieser Schrift bis heute weitgehend verdeckt hat. Sie ist gekennzeichnet durch den Rückgriff auf die Konvention der Kunstliteratur und Ästhetik gerade da, wo das Neue, das Nichtkonventionelle zum Ausdruck gebracht werden soll. Hier zeigt sich, daß theoretische Innovationen sich oft nicht von der Tradition losgelöst geltend machen, sondern durch sie hindurch. So ergeben sich Schichtungen und Verwerfungen, die so oder so gedeutet werden können, als konventionsverhaftet oder innovativ. Hier soll die Probe aufs Exempel gemacht werden, inwieweit letzteres möglich und sinnvoll ist.

Drei überkommene Argumentationskomplexe sind dabei als Störfaktoren oder auch als Katalysatoren des Neuen in Rechnung zu stellen: die rationalistische Orientierung am Begriff, die metaphysische Vorstellung von der Nachahmung der Vollkommenheit göttlicher Schöpfung und das Ideal der Menschengestalt als Inbild einer geläuterten, harmonisch zusammenstimmenden Natur.

Nicht nur der Begriff, das Allgemeine, das die Vielheit der besonderen Figurationen zusammenfaßt, kommt im herangezogenen Beispiel der Stufenleiter der Wesen zur Geltung. Auch eine metaphysische Vorstellung von der hierarchisch gegliederten Schöpfungsordnung ist darin enthalten. Moritz liebt es, seine Ästhetik dergestalt abzustützen; immer wieder kommt er darauf zurück. So in dem großen nachitalienischen Essay "Über die bildende Nachahmung des Schönen" von 1788, dem über "Die Signatur des Schönen" aus demselben Jahr 29, den Zusammenfassungen seiner ästhetischen Metaphysik oder metaphysischen Ästhetik für Akademie-Zwecke, den "Grundlinien zu einer vollständigen Theorie der schönen Künste" von 1789 30 bzw. der "Bestimmung des Zwecks einer Theorie der schönen Künste". 31 Der Tenor der Argumentation ist der, daß Kunst ein verkleinertes Abbild, eine Abbreviatur oder Signatur der Schöpfung sei, welche der Mensch nicht als Ganzes, sondern – gut neuplatonisch – nur im Spiegel als Miniatur fassen könne. Dadurch wird die Kunst zur Geistestätigkeit von größtem, nämlich religiösem Ernst, und als solche verweist sie auf Höheres. Sie soll zwar in sich ruhen und in sich selbst vollendet und vollkommen sein, aber darin doch zugleich ein wesentliches Zeichen der erhabenen Perfektion Gottes und seiner Welt. Zugleich wird Kunst so zum Anthropologicum: Der Mensch ist vor allen anderen Wesen – außer vor Gott – ausgezeichnet durch diese Fähigkeit der spielerischen Nachahmung. Er betreibt nun doch auch wieder Mimesis; aber nicht Mimesis einer äußeren Natur, der er unterworfen wäre, sondern der eigenen Natur, insofern sie am Schöpferischen, welches das Ganze strukturiert, bildend teilhat.

Unschwer ist der eklektizistische Charakter dieser Konzeption zu erkennen: neuplatonische Elemente, Leibnizsche Monadologie, Herdersche Prägnanz-Modelle, die in der sinnlichen Perzeption das große Ganze begriffen sehen, fließen ineinander und bilden ein oft nur schwer auflösbares Amalgam. Aber es ist auch zu erkennen, wie so und gerade so neue Konzepte, die für sich noch keine Sprache haben, artikulierbar werden. In der Philolosophiegeschichte hat man Autoren wie Moritz wegen ihrer oft dunklen Mischung der Gedanken gegenüber Kant und dessen Klarheit und Distinktheit vernachlässigt. Erst in den letzten Jahren wird diese damals so genannte Popularphilosophie wieder ernster genommen und rekonstruiert 32 – weil, wie auch an unserem Beispiel deutlich, dieser Eklektizismus reich an Aspekten, auch an innovativen sein kann und mitunter der Preis ist für intellektuelle Experimente mit der Kunst, welcher sich die transzendentalphilosophisch karge Korrektheit wohlweislich enthält.

Auch die Menschengestalt als Abbild göttlicher Vollkommenheit, eine Standardvorstellung des Klassizismus, ist schließlich in unserem Beispiel von der Stufenleiter der Wesen enthalten und wird andernorts in der Ornamentschrift expliziert. Im Menschen wird nach überkommener Auffassung Perfektion sichtbar als Harmonie der Teile des Körpers; Mannigfaltigkeit schließt sich zur Einheit zusammen – menschliche Bildung repräsentiert im Reich des Sichtbaren Vollkommenheit und steht deshalb in der Hierarchie der diesseitigen Wesen ganz oben. Moritz selbst erläutert dies am Unterschied menschlicher und tierischer Bildung (S. 11 ff.). Diese Ökonomie der Organisation wurde traditionell zum Maßstab für Wahrscheinlichkeit und Naturadäquatheit und damit zur Norm für die künstlerische Mimesis gemacht. Die Verzierungen, die keinen Menschen abbilden oder, wo sie es wie in den Grotesken doch tun, nicht in seiner idealen Gestalt, sondern verzerrt und vermischt mit anderen Wesen, werden gerade auch von den Klassizisten des 18. Jahrhunderts an diesem Maßstab gemessen und als überflüssig und abwegig verworfen. Entscheidend hier nun bei Moritz aber ist, daß die "menschliche Bildung" einerseits als vorbildlich präsentiert wird – und deshalb muß auch der Apollo von Belvedere, für die Zeitgenossen ja ihre steingewordene Apotheose, in dieser den Ornamenten gewidmeten Schrift ihren Platz haben (S. 13 ff.). Andererseits jedoch wird dieses Absolute der Kunst relativiert durch eine Pluralität von Vollkommenheiten. Einmal " was die Wesen anlangt " dominiert die Einheit, einmal die Mannigfaltigkeit, einmal – was die schöpferische Aktivität des Künstlers anlangt – die Einbildungskraft, einmal der Verstand (vgl. "Das Geschmacksurteil", S. 140 f.). Auf eine für Moritz ganz charakteristische Weise wird ein Königsargument des Klassizismus aufgegriffen, um es unter der Hand zu entkräften, ja umzudrehen und es zum Geltungsnachweis für das Verpönte zu machen – die in sich und auf ihre Art ja auch vollkommenen Verzierungen. So dekliniert Moritz quasi den Bestand der unter dem Stichwort Ornament für den Klassizismus in Frage stehenden Phänomene durch, um Akzentverschiebungen und Umwertungen vorzunehmen – oft unmerklich fast oder schwach, gelegentlich aber auch spektakulär und polemisch, wie anläßlich der Arabesken.

Eine Schrift über Verzierungen kommt an den Säulenordnungen nicht vorbei. Auch in dieser Hinsicht hat sie sich mit Vitruv auseinanderzusetzen. Moritz tut dies indirekt. – Bei den Säulenordnungen geht es im 18. Jahrhundert um das Verhältnis von Naturgemäßheit und Künstlichkeit an einem besonders prominenten Beispiel. Wie sich versteht, spielen dabei die Kapitelle, das als Verzierung direkt erkennbare korinthische Kapitell zumal, eine besondere Rolle. Die Frage ist, wie es sich zu den anderen Teilen der Säule verhält, ob es sich funktional definiert, da es die Natur nachbaut, und wenn ja welche, oder ob es freigelassenen Gestaltungswillen zeigt.

Der immer wieder verwendete und oft unverstandene Begriff der Säulen-"Ordnung" wird bei genauerem Hinsehen meist als Zusammenspiel von Schaft und Kapitell, Gebälk und Basis, evtl. auch Postament verstanden. 33 Dies geht zurück auf Vitruvs Begriff der "Ordination" (I, 2), worunter zunächst die Größenverhältnisse der Glieder eines Bauwerks verstanden wurden, die Proportion also und Symmetrie. Was ist nun aber Funktion, was Überschuß, was Stütze, was Zierde? Und wenn ein Bauteil funktional oder spielerisch ist, folgt es dabei äußeren Gesetzen der Natur oder einer eigenen Logik ästhetischer Materialverarbeitung? Dies sind Fragen, die so nicht immer explizit gestellt werden, aber den Horizont des Problemfeldes abstecken; es sind die Fragen, auf die auch Moritz schließlich seine Antworten gibt.

Vitruv (IV. 1) hatte zwei Vorgaben gemacht, die Ableitung nämlich aus dem Holzbau und die Nachahmung von Menschengestalten in den Säulenkapitellen. Ersteres belegt die Bindung an die Notwendigkeit und die Herkunft der Bauprinzipien aus ursprünglicher Bedürftigkeit. Dies war im Modell der Urhütte veranschaulicht worden und kehrt hier im Grunde, wenn auch verdeckt, wieder. Letzteres – etwa die Rückführung der korinthischen Kapitelle auf die Zartheit von Jungfrauen, ihres Schmuckes und der dem sich angleichenden Vegetation, welche Kallimachos als erster nachgeahmt habe – soll die Geburt der Phantasie und ihrer ornamentalen Hervorbringungen aus dem Geist der Natur zeigen und an die Kontrolle durch dieselbe binden. – In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ergeben sich aus diesem Bereich möglicher Optionen verschiedene Argumentationsmuster, die als Vorlage und als Gegenstand der Kritik für Moritz angesehen werden können. Da ist zum einen ein strikter Funktionalismus, am radikalsten wohl von Francesco Milizia vertreten 34, demzufolge auch die Verzierungen nur dem Zusammenhalt der Gebäude zu dienen haben. Die Säulenkapitelle unterliegen also dem von der Natur vorgegebenen Prinzip von Stütze und Last. Alles, was darüber hinausgeht, ist von Übel. Natürlichkeit wird als Argument gegen Nutzlosigkeit und Überfluß ausgespielt. Da sind zum andern die materialorientierten Traktate. Die Ableitungen aus der Holzarchitektur werden zwar zunehmend zurückgedrängt. 35 Aber auch die Annahme von der Eigengesetzlichkeit des Steinbaus veranlaßte ja, wie etwa bei Lodoli zu sehen war 36, Verzierungskritik im Namen kunstexterner Gegebenheiten. Die Beschaffenheit des Werkstoffes ist maßgebend und nicht die Einbildungskraft dessen, der damit umgeht, oder die Eigengesetzlichkeit der Kunst, die er aktualisiert.

Wiederum sind Moritzens Darlegungen nicht völlig eigenständig, sondern originell nur durch das Umwenden und behutsame Neuorganisieren des traditionellen Argumentationsbestandes. Unmerklich fast werden Akzentverschiebungen vorgenommen, die am Ende eine Differenz ums Ganze bedeuten. Nichts Konventionelleres scheint denkbar als der Beginn seines großen Abschnittes über "Die Säule" (S. 18 ff.). Da ist von >Zierrathen< als dem Überflüssigen einer nützlichen Sache die Rede. Das Nützliche des Baus falle dadurch besser ins Auge und veranlasse uns, bei diesem angenehmen Anblick zu verweilen. >Die Zierrath<, wie Moritz sagt, müsse "bedeutend" sein, nämlich auf "die Sache" und deren "Wesen" hindeuten. Es fragt sich, worin nun aber dieses Wesen bestehe. "Je bedeutender (...) die Zierrath ist, desto schöner ist sie", befindet Moritz. Das heißt aber – und nun stellt sich unmerklich fast in diesem scheinbar rationalistischen und funktionalistischen Denken die entscheidende Wende ein –, daß auch die Sache, auf die die Verzierung verweist, hier also das Gebäude, der Tempel, vor allem und wesentlich schön zu sein hat. Denn nur so kann sein Beiwerk seinen eigentlichen Zweck erfüllen, schön zu sein und eben dadurch Schönes zu bedeuten. Als Schönes aber hat es keinen Zweck außerhalb seiner selbst; es ist nicht durch Material und Funktion bestimmt, nicht durch externe Natur und deren Nachahmung. Es funktioniert vielmehr in sich. Material, Zweckdienlichkeit, Stimmigkeit der Teile in ihrem Verhältnis zueinander, werden zusammengeschlossen als Aspekte der Selbstbezüglichkeit des Ganzen in seiner Mannigfaltigkeit.

Wie ist das in bezug auf die Säule und ihre Teile, auf ihre "Ordnung" also, konkret vorzustellen? Wie wird diese autonomieästhetische Umwertung überkommener funktions- und mimesistheoretischer Begriffe im einzelnen ins Werk gesetzt? Zunächst stellt Moritz klar, daß die Säule nicht vornehmlich als tragende Masse in Erscheinung treten dürfe: "Je kürzer die Säule im Verhältniß gegen ihre Dicke ist, destomehr nähert sie sich dem Block, der ungebildeten bloß tragenden Masse; je schlanker sie aber ist, destomehr nähert sie sich dem Gebildeten, Emporstrebenden und Wachsenden" (S. 20). Moritz erläutert dies darauf an der korinthischen Säule und ihrem Kapitell. Dieses ist besonders interessant, da es seit jeher sowohl als Nachahmung der Natur, und das heißt als Beleg für die Heteronomie der Baukunst, aufgefaßt werden konnte, als auch als freies Spiel, das sich über die Gebote der Notwendigkeit, Nützlichkeit und Funktionalität erhebe. Moritz scheint dem ersteren, der Nachbildung das Wort zu reden. Die korinthische Säule habe zum Vorbild den zarten Blätterwuchs der Natur. Wachsen und Emporstreben drückten sich darin aus. Das Kapitell aber zeige die "zarten Sprossen" (S. 20 f.) durch den Druck von oben im Wachstum gehemmt und in sich zurückgedrängt. Und in dieser Doppelheit von Strebung und Widerstand, von Wachstum und Krümmung bzw. Rückstau, liege das Prinzip des Ganzen.

Bildung ist nach Moritz sein Begriff; dieser kehrt hier und auch sonst in Moritzens Schriften immer wieder. Das Wort bezeichnet ja um 1780 vor allem eine damals neue biologische Einsicht, die nämlich in die endogene Organisationskraft der Lebewesen, die unter den mannigfaltigen äußeren Bedingungen kraft einer inneren Veranlagung zur Gestalt zusammenfinden. Der Bildungsbegriff steht, wissenschaftsgeschichtlich gesehen, am Übergang von der Präformationslehre zur Epigenesistheorie. 37 Die Eigengesetzlichkeit und Entwicklungsfähigkeit der Wesen gegenüber dem bloß Vorgegebenen wird wichtig. Die Vorstellung von der Selbstregelung des Organismus und der Hervorbringung von Individualitäten als Balance von Äußerem und Innerem, von Bedingtheit und Freiheit, machen seine anthropologische wie ästhetische Attraktivität aus. Moritz steht mit seiner Vorliebe für den Bildungsbegriff in einer Reihe mit Autoren wie Herder und Goethe. Entscheidend ist in unserem Zusammenhang, daß dabei äußere Natur und deren Reproduktion zur inneren Natur wird, zum kreativen Potential und dessen Objektivierung in der Kunst. Die korinthische Säule, "die schlankste von allen", ist jenes Wachsen und Emporstreben der Natur in der Kunst. Und ihr Kapitell zeigt die Kraft dieses Strebens und seine Grenze; es macht sich in der Krümmung durch den Widerstand von oben und die Rückwendung in sich diese Grenze gleichsam zu eigen, um sich abzuschließen, sich zu definieren und dadurch ganz es selbst zu werden. Dadurch ist diese Säulen-Ordnung, die Korrespondenz aller Teile, zum Inbild einer ins Ästhetische verwandelten Natur geworden. Jegliches bloß Äußerliche, das nicht dazu dient, sich in sich zu vervollkommnen, ist abgestreift. Aus der Sprache des Mimetischen in der Baukunst ist die Bezeichnung ihrer Eigengesetzlichkeit geworden. 38

Dieses Verwandlungskunststück vollführt Moritz immer wieder, an allen herkömmlicherweise zu bedenkenden Verzierungsarten. Das materiell Gegebene, die Funktion und Zweckbestimmtheit der Verzierung, das Anhängende ihrer Schönheit, wird dabei formalisiert und auf Vorstellungskomplexe bzw. Begriffe der Selbstreferentialität, der Inversion ins Eigene, der Rundung zum organischen Zusammenhalt bezogen. Durch diese Wiederkehr des gleichen im Analyseverfahren wird die gegenständliche Differenz der verschiedenen Verzierungsarten untereinander aufgezehrt – es bleibt die Identität der ästhetischen Struktur. Die Kronzeugen des Klassizismus, die steingewordenen Evidenzen der Überlegenheit der Alten, wie Statue und Säule, werden dabei keineswegs in Frage gestellt. Aber indem Moritz sie formalistisch beglaubigt, sie also zum Exempel macht, an dem Strukturen exemplifiziert werden, erscheinen sie doch zugleich merkwürdig relativiert. Sie sind vollkommen, aber der Vollkommenheiten sind viele. Neben die Statue oder die Säule kann die Vase treten, der Bilderrahmen, der Knopf am Gewand oder die Schnalle am Schuh.

Gut klassizistisch und dabei den Klassizismus durch die Relativierung des Gegenstandes hintertreibend verfährt Moritz auch beim Gewand – eine jener buchstäblich anhängenden Schönheiten, über die im Zusammenhang der Frage der Zierate gesprochen werden muß. Die Gewänder und deren Draperie, ihr Faltenwurf also, gehören zum Rubrikenschema, jener Kategorientafel, nach der die Kunst seit der Renaissance und bis hin zu Félibien, de Piles, Mengs, ja Goethe und Heinrich Meyer nach Erfindung, Anordnung, Ausdruck, Zeichnung, Kolorit, Hell-Dunkel und dergleichen beurteilt wurde. 39 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist es vor allem durch die "Gedanken über die Schönheit und über den Geschmak in der Malerey" von Anton Raphael Mengs noch einmal verbindlich gemacht worden. 40

Mengs erläutert an den Gewändern Raffaels, worum es geht. 41 Gemäß der antiken Rhetorik, aus der heraus das Rubrikenschema gebildet ist, und ihrem Primat der inventio und dispositio vor der elocutio als bloßer Ausführung einer ideellen Gesamtkomposition wird der Faltenwurf hier als Nebensache behandelt. Sie dürfe die Hauptsache, nämlich die menschliche Gestalt und ihre Proportionen nicht verdecken, sondern nur bekleiden. Große Teile des Körpers müßten durch große Falten belegt werden und dürften nicht durch kleine durchschnitten sein; und umgekehrt müßte der Stoff sich den kleinen Partien des Körpers anpassen. Das zusammenfassende Lob zu Raffael lautet: "In seinen Gewändern hat er nicht alle Falten ausgesucht, nur um schöne anzubringen, sondern nur die, so zur Bezeichnung der darunter sich befindenden nakenden nöthig waren, gewehlet." 42

Winckelmann spricht in seinen "Gedancken über die Nachahmung", auf die sich jene "Gedanken" von Mengs, wie schon der Titel andeutet, ehrfurchtsvoll beziehen, von der "Drapperie" viel nachdrücklicher. Das hängt – biographisch gesehen – mit den von ihm so geschätzten Dresdner Gewandfiguren, den damals so genannten "drey Vestalen" zusammen, jenen Marmorrepliken der römischen Kaiserzeit, welche in Herculaneum Anfang des Jahrhunderts ausgegraben worden – deshalb auch Herkulanerinnen genannt – und 1736 nach Dresden gelangt waren. 43 Im Hinblick auf die "höchste Manier" ihrer Gewänder definiert Winckelmann: "Unter dem Wort Drapperie begreift man alles, was die Kunst von Bekleidung des Nackenden der Figuren und von gebrochenen Gewändern lehret. Diese Wissenschaft ist nach der schönen Natur, und nach dem edlen Contour, der dritte Vorzug der Wercke des Alterthums." 44 Das heißt, die Gewänder zeigen bei den Alten das Idealschöne der menschlichen Gestalt und ihres Umrisses dort, wo die Figuren nicht mehr nackt sind. Das Optimum wird durch die nassen, die sogenannten koischen Gewänder erreicht, die sich dem Körper anschmiegen, oder durch den "Peplon", den Schleier "des griechischen Frauenzimmers". Wichtig aber ist, daß der Faltenwurf, wo er die Gestalt nicht direkt wiedergibt, zweierlei leistet: einerseits "den schönen Contour des Nackenden" nicht zu verstecken – Winckelmann und Mengs sind darin einer Meinung – und andererseits aber auch – und darin unterscheidet sich Winckelmann von Mengs – eine Harmonie der Gestaltung von eigener Art vor Augen zu führen. Die drei Herculanerinnen seien deshalb so schön, weil "die kleinen Brüche (...) durch einen sanften Schwung an den grösseren Partien" entstehen und sich wieder verlieren "in dieser mit einer edlen Freyheit und sanften Harmonie des Gantzen". Winckelmann sieht also im Anhängenden der Schönheit eine eigene Freiheit, ein ästhetisch befriedigendes Zusammenstimmen und damit eine nicht nur durch den Nutzen definierte Immanenz der Gestaltung.

Genau in diesem Punkt, der weit über die konventionelle Sicht von Mengs hinausgeht, wird Moritz Winckelmann folgen. Seine Konfrontation antiker und neuzeitlicher Gewandfigur gegen Ende des Ornamentbuches – der einzige eigenständige und bebilderte seiner Text-Abschnitte (Abb. 3a, 3b, 3c, 3d) – radikalisiert diesen Aspekt (S. 128 ff.). Moritz greift darin vorherige Bemerkungen zu "Gewand und Faltenwurf" auf, die er aus den "Reisen eines Deutschen in Italien" übernommen hatte (S. 112 ff.). Darin heißt es in bezug auf den "Apollo Musagetes", den Apollon Kitharoedes also aus der Sala a Croce Greca 45, daß das Gewand harmonisch seine Falten werfe "und gleichsam in das tönende Saitenspiel zu rauschen" scheine (S. 112). Die anhängende Schönheit wird also nachgerade programmatisch zur vagierenden, freien; sie bezeichnet zwar, aber nur insofern, als Harmonie und Wohllaut, welche sie ausmachen, auch im Körper sind, den sie umgibt. Wichtig ist, daß diese Schönheit als musikalisch aufgefaßt wird: Die Musik erscheint um 1800 als das neue Paradigma einer nicht mehr abbildenden, primär sich selbst bezeichnenden Kunst. Einheit des Mannigfaltigen, Vollkommenheit, Aufhebung des Zufälligen der Natur in der schönen Ordnung der Kunst – dies sind auch die Begriffe, auf die die tragische Muse Melpomene der Sala delle Muse gebracht wird (S. 113) 46.

Ausführlicher wird dasselbe Analyse- und Beschreibungsprinzip in der Konfrontation der Statue eines römischen Senators mit der eines reichsstädtischen Bürgermeisters entfaltet (S. 128 ff., S. 131 ff.). Auch hier – bei der antiken Figur – wird die harmonisch ausgewogene Körperhaltung des Kontrapost – im genauen Gegensatz zur Konvention – gleichsam erst zum Anlaß für den reizenden Gegensatz der Falten des Gewandes. "So wiegt sich, im schönen Wechsel, Niedersinken und Emporsteigen gegeneinander ab", heißt es resümierend (S. 130). Der barocke Bürgermeister erscheint demgegenüber – gut klassizistisch und damit kritisch gesehen – als plump und steif. Das Gewand verdeckt nicht nur den Körper, was hier allerdings kein Nachteil wäre. Es ist auch, was fast noch wichtiger ist, in sich unausgewogen, wuchtig und ästhetisch belanglos. Nichts anderes ergibt der Vergleich einer römischen Matrone mit der Prinzessin von Parma.

Immer wieder drängen formale Strukturen nach vorne, die das Konfigurative hervorheben, unabhängig vom Gegenstand, durch den es sich darstellt. Deshalb sind solche Formalien auch übertragbar und werden von Moritz gleichermaßen auf Statuen, Bilder, poetische Texte oder Gegenstände der Gebrauchskunst angewandt. In den "Reisen eines Deutschen in Italien" wird Niedersinken und Emporsteigen als Formprinzip von Michelangelos Jüngstem Gericht gesehen 47 und die Einheit der Gegensätze im angeblichen Mittelpunkt, der Figur des in den Abgrund sinkenden Verdammten, ausgemacht. In den "Vorlesungen über den Stil" wird dieselbe formale Struktur in Goethes "Werther", nämlich im Brief vom 10. Mai, definiert. 48 Man hat dies als die erste immanente Interpretation der deutschen Literaturgeschichte bezeichnet.

Des weiteren befaßt sich Moritz mit Gebilden, bei denen der Zweck überwiegt, ja die Identität des Gegenstandes überhaupt erst zu bestimmen scheint. Aber auch hier macht sich die Tendenz zur formalistischen Analyse, zur Umdeutung in Selbstzweckhaftigkeit und relative Vollkommenheit geltend. So etwa, wenn vom Rahmen die Rede ist – womit übrigens Kants Aufzählung der "Parerga", zu denen ja auch "Einfassungen der Gemälde" gehören (§ 14), vollständig Genüge getan wäre. Der Rahmen verschönert nach Moritz ein Gemälde, weil er es isoliert und aus dem Zusammenhang der umgebenden Dinge sondert (S. 6). Aber verschönern kann er das Bild nur, weil er selbst an der Schönheit teilhat: "Die Schönheit des Rahmens und die Schönheit des Bildes fließen aus einem und demselben Grundsatze". Das Gemeinsame ist der schroffe Gegensatz zum Außerästhetischen und damit auch zu seiner illusionistischen, mimetischen Wiedergabe. Der Rahmen bezeichnet den Artefaktcharakter des Kunstwerks. Zwar sagt Moritz nicht, daß er für sich allein auch ein Kunstwerk sei; vielmehr lasse er uns "gleichsam stufenweise in das innere Heiligthum blicken", bereite also das ästhetische Ereignis des Gemäldes erst vor. Und doch wäre dieses weniger, wäre weniger evident, ohne jenes Signal seiner Eigengesetzlichkeit. In der klassizistischen Kunstliteratur ist wohl kaum vorher so ernst von bloßem, für sich nichts bedeutenden Beiwerk gesprochen worden. Selbst wenn diese Rahmen Pflanzenornamente, also Arabesken sind, selbst wenn sie aus der Antike überliefert sind, wie die herkulanischen Einfassungen der Gemälde, wird ihnen sonst solche Aufmerksamkeit nicht zuteil. Goethe etwa spricht in diesem Zusammenhang 49 ausdrücklich von subordinierter Kunst, welche der Menschendarstellung in ihrer Mitte diene. Erst Moritzens Gleich-Gültigkeit der Gegenstände bildender Kunst macht diese neue Akzentsetzung möglich. Noch 1797 hat Goethe, entworfen zusammen mit Heinrich Meyer, einen Aufsatz über dieses Thema geschrieben und keinen Zweifel daran gelassen, daß die Gegenstände – nach Moritz – zwar vor allem sie selbst seien und nichts außerhalb ihrer bedeuteten, daß dies aber am besten geschehe durch die Menschendarstellung, also durch Rücksicht auf die überkommene Gegenstandshierarchie.

Im Abschnitt über "Die Vase" (S. 39 f.) zeigt Moritz ein andermal seine Kunst der Asthetisierung von Gebrauchsgegenständen. Er denkt hier an die dem klassizistischen Gesamtkunstwerk repräsentativer Räume zugehörigen selbständigen Vasen, die eigene Kunstwerke sind und sich aus der antiken Vasenmalerei herleiten – so wie er beim Rahmen an jene antiken Arabesken gedacht haben mag, die ja auch an sich selbst schon ästhetischen Charakter haben. In Hans Christian Genellis Beschreibung des Gesellschaftssaales im ehemaligen Dorvilleschen Haus am Pariser Platz in Berlin, die Moritz ebenfalls in sein Ornament-Buch aufnimmt (S. 115 ff.) 50 wird eine solche, vom jungen Schadow gestaltete Vase erwähnt. In Moritzens Text geht es um den Begriff des Isolierens und In-sich-Fassens, in dem die Vase zu sich komme. Wie der Blumenkelch den Tautropfen, fasse sie das Wasser durch den Einklang von Erweiterung und Zusammenziehung, welcher ihre Form bestimme, ohne die Natur einfach nur abzubilden, sondern getrennt von dieser ihre Prinzipien nachgestaltend. Auch hier also findet sich das Spiel mit traditionellen Elementen der Kunstbestimmung, mit dem rationalistischen Begriff, den sie erfülle, dem organologischen Modell der Natur, welches sie repräsentiere, um durch dieses Aufgreifen des Herkömmlichen zum Unkonventionellen zu gelangen.

Die Diskussion um die Ornamente und die Gebrauchskunst, zu der Moritz hier Stellung bezieht, ist jedoch nicht nur eine Angelegenheit gelehrter Traktate, sondern hat ihre institutionelle Verankerung. Die Kunstakademien wurden – nicht zuletzt aus merkantilen Gründen, zur Beförderung der Manufakturen – nach englischem und französischem Vorbild 51 an deutschen Höfen gegen Ende des Jahrhunderts wieder oder neu eingerichtet. Moritzens Bemühungen stehen im Zusammenhang der Reform der Berliner Akademie, die unter dem Kurator Friedrich Anton Freiherr von Heinitz ab 1786 vorangetrieben wurde. Waren die Akademien in der zweiten Jahrhunderthälfte im Zuge der Aufwertung der Einbildungskraft des Künstlers und ihrer Unabhängigkeit als naturfern und konventionsverhaftet-dogmatisch teilweise in Verruf geraten 52, so ergaben sich hier nun ganz handfeste neue Rechtfertigungen. Die Akademien sollten beitragen zur "Allgemeinheit eines guten Geschmacks und uneingeschränkten Sorgfalt zu Verfeinerung aller Zweige der bürgerlichen Industrie, welche auf Kunst Beziehung haben". 53 Der >vaterländische Kunstfleiß< mußte gehoben werden, und zwar durch geschmackvolle Formen und Verzierungen der Handwerker und Fabrikanten, welche die >National-Industrie< auf das Niveau anderer europäischer Länder würden heben können. 54

Moritz, nach seiner Rückkehr aus Italien, seit Februar 1789, Professor der Theorie der schönen Künste und dahin gehörigen Wissenschaft der Mathematik, Perspektive und Architektur, hatte dazu beigetragen. Alltagskunst, klassizistisch gesehen eine After-Kunst, wird nun also – mit den Mitteln klassizistischer Kunstauffassung – legitimiert. Dies wäre ästhetikgeschichtlich vielleicht nicht weiter von Belang, wenn sich darin nicht eine für den späten Klassizismus bezeichnende Dialektik geltend machte. Gerade durch den Pragmatisierungsdruck, der die Kunst gegenüber dem Ideal des Schönen ins Nebensächliche abzulenken scheint, wird fast unbemerkt ein emphatischer, vom äußeren Gegenstandsbezug zunehmend entlasteter Kunstbegriff möglich. Das Innovative, aus heutiger Sicht Moderne im Klassizismus, setzt sich mittels einer Art List ästhetischer Vernunft durch. Es wird nicht triumphal geboren, sondern unscheinbar als Versenkung ins nicht Bedeutende. Daß dies schließlich doch nicht unbemerkt blieb und nicht ohne Widerstand vonstatten ging, zeigen die Reaktionen auf einen der prominentesten Vertreter der Gebrauchskunst der Zeit, auf John Flaxman. Goethe betrachtet diesen >Abgott der Dilettanten< mißtrauisch 55; August Wilhelm Schlegel jedoch sieht in seinen Umrißzeichnungen, die auch als Vorlage für Gebrauchs-Design gedacht waren, allerdings bereits eine neue, andeutende, hieroglyphische, nicht mehr konventionell gebundene Kunst heraufziehen. 56

Moritz faßt in seinen >Vorbegriffen zu einer Theorie der Ornamente< das Exemplarische an diesen, ihre Selbstbezüglichkeit, in einer Diskussion der Eigenart des ästhetischen Zeichens zusammen. Die Vorbegriffe werden darin zum Begriff erhoben. Im Abschnitt über die Arabeske (S. 25 ff.) fand sich bereits ein wichtiges Stichwort, das der Hieroglyphe (S. 28). Ein anderer Abschnitt ist der Allegorie gewidmet (S. 41 ff.). Damit sind ästhetische Konzepte genannt, mit welchen Moritz sich kritisch auseinandersetzt, ohne daß er für das von ihm Intendierte eine eigene Bezeichnung fände.

"In so fern eine Figur sprechend ist, in so fern sie bedeutend ist, nur in so fern ist sie schön", beginnt Moritz sein Allegorie-Kapitel (S. 41) mit einem konventionellen rationalistischen Kunstbegriff. Und sofort wendet er dies in der nun bekannten, ihm eigenen Art um: "Dies Sprechende und Bedeutende muß aber ja in dem rechten Sinne genommen werden: die Figur, in so fern sie schön ist, soll nichts bedeuten, und von nichts sprechen, was außer ihr ist, sondern sie soll nur von sich selber, von ihrem innern Wesen durch ihre äußere Oberfläche gleichsam sprechen, soll durch sich selbst bedeutend werden." 57 Moritz spricht von Allegorie oder >bloßem Symbol< – der Symbol-Begriff wird um 1790 noch im traditionellen Sinne als vereinbartes Zeichen verstanden, das auf einen Sachverhalt verweist, welcher im Zeichen selbst nicht sinnlich gegenwärtig ist. Allegorie und Symbol sind dem ästhetischen Gegenstand also äußerlich, weil sie über ihn hinaus auf einen externen Hintersinn verweisen. Allegorien wären demnach der wahren Kunst nur anhängend, wären Zierat im herkömmlichen Sinne. Moritz gibt dafür ein Beispiel: In der allegorischen Darstellung der Gerechtigkeit widerstreite ein Symbol dem anderen, so daß die Figur unanschaulich werde. Der Gebrauch des Schwertes erfordere eine andere Körperstellung als der der Waage, und beider Gebrauch erforderte im Grunde offene und nicht verbundene Augen. Die Figur sei also bloßes Vehikel für das Unsinnliche, für die abstrakte Bedeutung; als Figur selbst sei sie nicht ansehnlich und damit unästhetisch. Anders liegt der Sachverhalt in schönen Bildern – etwa der Fortuna oder der Aurora des Guido Reni. 58 Hier ordne sich die Idee unter und diene dem Kunstwerk, nicht aber das Kunstwerk ihr (S. 45 ff., Abb. 4a und 4b). Fortuna etwa sei mit fliegendem Haar und den Spitzen der Zehen auf der rollenden Kugel dargestellt. Beides drücke den eilenden Lauf aus und widerspreche sich auch in der sinnlichen Vergegenwärtigung nicht. Die Aurora wolle nicht eine Morgenröte, also eine Naturgegebenheit außerhalb des Werks, darstellen, sondern nehme unsere Erinnerung an sie zum Anlaß, um eine eigene und neue Zusammensetzung schöner Figuren im vertrauten Vorstellungshorizont vorzunehmen.

Goethe hat in seinem 1797 geschriebenen Aufsatz über die "Gegenstände der bildenden Kunst" Ähnliches geschrieben und dabei für die Vorstellung von selbstreferentiellen ästhetischen Zeichen erstmals in neuem Sinne den Terminus Symbol verwendet. 59 Aber bei Goethe bleibt dieses Symbolische ans Idealische gebunden und realisiert sich demnach vor allem in der mythologischen Menschendarstellung, wie wir sie aus der Antike kennen und wie Goethe sie dann ab 1799 für seine Preisausschreiben der Weimarer Kunstfreunde verbindlich machen sollte. Moritz wählt Beispiele, die zwar auch menschliche Figuren als Mittelpunkt haben, aber es kommt ihm nicht auf das Idealisierende, die Erhebung über das Gemeine und bloß Individuelle an, wie Goethe, und damit nicht primär auf die geeignete Wahl des Gegenstandes, sondern vor allem auf das in sich Stimmige der Form. Bezeichnenderweise entwickelt sich Moritzens späterer Zeichenbegriff aus der Kritik des idealen Gegenstandes schlechthin heraus und dessen sozusagen klassischer klassizistischer Beschreibung: der des Apollo von Belvedere durch Winckelmann. Moritz kritisiert in seinen "Reisen eines Deutschen in Italien" eben das Allegoresierende daran 60, die Instrumentalisierung des Werks für die über es hinausgehenden mythologischen Bedeutungszusammenhänge.

Moritz kann jene an der Stimmigkeit der Form ausgerichtete Semiotik in strukturell gleicher Weise auch an den Arabesken entwickeln, was sich für Goethe verbieten würde. Moritz spricht in diesem Zusammenhang, wie zu sehen war, von Hieroglyphen. Sie repräsentieren wiederum die unästhetische Auffassung vom ästhetischen Zeichen als bloßer Verweis. Arabesken aber verweisen nach Moritz nur auf sich selbst. – Der Begriff der Arabeske wird dann von Friedrich Schlegel aufgegriffen werden und zusammen mit dem der Hieroglyphe die Kunstauffassung der Frühromantik am Jahrhundertende konstituieren. Friedrich Schlegel hatte den Arabesken-Begriff auf die Literatur übertragen 61 und in der Verschlingung der Teile und Gattungen, der Abschweifung im Sterneschen Sinne und der nicht mehr mimetischen Selbstbezüglichkeit der Texte ein Kennzeichen der Moderne erkannt. Damit war die Arabeske endgültig von der bloß anhängenden zur freien Schönheit emporgehoben worden. Schlegel feiert das Absolute der Phantasie darin; er denkt an die Vereinigung der literarischen Formen, wie Märchen, Roman, Novelle, und die der Künste sowie an das Aufscheinen des Unendlichen des Geistes, welches in dieser ästhetischen Promiskuität sich andeute. Diese Hindeutung auf Höheres, dieses Sinnbildliche, nennt Schlegel eben Hieroglyphe, heiliges Zeichen – es ist die Zeit vor der Entzifferung und damit Entmystifizierung der ägyptischen Hieroglyphen. 62 Durch dieses Hieroglyphische aber bekommt selbst und gerade das Ornament erneut eine Verweisfunktion, für deren tendenzielle Verabschiedung es vorher bei Moritz gestanden hatte.

Hier wären bei aller Affinität wohl die Unterschiede auch zwischen Moritz und der Frühromantik zu sehen. Moritz lehnt das Hieroglyphische in der Kunst ausdrücklich ab. Im mehr-fach zitierten Abschnitt über die Arabesken seiner "Vorbegriffe" nimmt er das Spiel der Phantasie gegen solche Zumutungen und Hintergrundsbedeutungen in Schutz. Friedrich Schlegel hat spätestens seit 1797 den Klassizismus, in dessen Zeichen auch er ja angetreten war, mit all seinen Erblasten, seinen Nachahmungs- und Idealisierungsgeboten, abgestreift. Moritz verharrt hingegen in dessen Kontext. Aber vielleicht ist eben deshalb die Sensibilität gegenüber den sinnorientierten Einschränkungen und Gängelungen der Imagination größer. Jedenfalls führt bei Moritz die Auseinandersetzung mit dem Klassizismus in dessen eigenem Feld auch zu Konsequenzen eigener Art. Es handelt sich um eine frühe Moderne ohne deren Namen, aber in mancher Hinsicht radikaler als manche nachklassizistische Kunstauffassung, die sich gerne modern nennt.


 

Abbildungen

 

Abb1: Friedrich August Krubsacius, "Satirische Kartusche".




Abb. 2a: "Raffaels Loggien im Vatikan", Pilasterdekoration (Detail).




Abb. 2b: "Raffaels Loggien im Vatikan", Pilasterdekoration




Abb. 3a: Karl Phillip Moritz, "Ein römischer Senator", aus: K. P. Moritz,
Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente.




Abb. 3b: Karl Phillip Moritz, "Ein reichstädtischer Bürgermeister" ebd.




Abb. 3c: Karl Phillip Moritz, "Eine römische Matrone" ebd.




Abb. 3d: Karl Phillip Moritz, "Eine Prinzessin von Parma" ebd.




Abb. 4a: Guido Reni, "La Fortuna", 1623, Öl auf Leinwand, Rom, Pinacoteca Vaticana.




Abb. 4b: "L'Aurora", 1612/14, Fresko, Rom, Casino Rospigliosi.


 

Pfotenhauer: Klassizismus

Anmerkungen

1 Werner Busch, Das sentimentalische Bild. Die Krise der Kunst im 18. Jahrhundert und die Geburt der Moderne, München 1993; dazu auch die Besprechung von Werner Hofmann ("Die in den Plural geratene Schönheit"), Die Zeit, 3.12.1993. zurück

2 Vgl. etwa Busch zu Canova (wie Anm. 1), S. 152 ff. zurück

3 Vgl. dazu meine kommentierte Neuedition in: H. Pfotenhauer, Peter Sprengel (Hg.), Klassik und Klassizismus, Bibliothek der Kunstliteratur, Bd. 3, Frankfurt a. M. 1994. Siehe auch den Faksimile-Druck des Textes, hg. von Hanno-Walter Kruft, Nördlingen 1986. – Zur Forschung: Ruth Ghisler, "Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente" von Karl Philipp Moritz. Fragmente einer Architekturlehre aus Goethes römischem Freundeskreis, in: Jahrbuch des freien deutschen Hochstifts (1970), S. 32-58; Günter Oesterle, "Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente". Kontroverse Formprobleme zwischen Aufklärung, Klassizismus und Romantik am Beispiel der Arabeske, in: Herbert Beck, Peter C. Bol, Eva Meek-Gerard (Hg.), Ideal und Wirklichkeit der bildenden Kunst im späten 18. Jahrhundert, Berlin, S. 119-139. Auch Werner Busch hat sich dem Thema im Hinblick auf das 19. Jahrhundert gewidmet, streift Moritz jedoch nur am Rande: Die notwendige Arabeske. Wirklichkeitsaneignung und Stilisierung in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, Berlin 1985. zurück

4 In: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit, S. 22-268. zurück

5 S. 147ff., vgl. auch: "Betrachtungen über den wahren Geschmack der Alten in der Baukunst, und über derselben Verfall in neuem Zeiten", in: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste, Bd. 4, 5. Stück, Leipzig 1747. zurück

6 Johann Friedrich Reiffenstein, Anmerkungen über Zierathen in den Werken der Maler und Bildhauer, in: Neuer Büchersaal (...), (wie Anm. 5), 1746 und Johann Georg Fünck, Betrachtungen über den wahren Geschmack der Alten in der Baukunst, und über derselben Verfall in neuem Zeiten (wie Anm. 5), S. 1747. Ich habe die Schritte der Entwicklung dieser Argumentation genauer nachgezeichnet in meinem Aufsatz "Klassizismus und Ornament. Die italienischen Verzierungen in der deutschen Kunstdiskussion des 18. Jahrhunderts", in : Frank Rutger Hausman (Hg.), Germanien in Italien. zurück

7 Vgl. Peter Werner, Pompeji und die Wanddekorationen der Goethezeit, München 1970, S. 24 ff. zurück

8 o. V., Le antichità di Ercolano esposte con qualche spiegazione, erschienen in 9 Bdn., Neapel 1757-92. zurück

9 Vgl. Denise Kaspar, Felix Urbium Resttitutio – Le Antichità di Ercolano zwischen Museum und Öffentlichkeit. Die ersten Nachrichten der Grabungen am Golf von Neapel und die "Pompejimode" im 18. Jahrhundert, in: H. Beck, P. C. Bol, W. Prinz, H. von Steuben (Hg.), Antikensammlungen im 18. Jahrhundert, Berlin 1981, 5. 21-31. zurück

10 Die domus aurea des Neronischen Palastes auf dem Esquilin; im 18. Jahrhundert bekannt vor allem durch L. Mirris Kupferstichwerk "Vestigia delle terme di Tito e loro interne pitture", Rom 1776. zurück

11 Wiedergegeben bei G. Volpato und G. Ottaviani: Le loggie di Raffaele nel Vaticano, Rom 1772-77. zurück

12 Vgl. dazu auch: Ulrich Schütte, "Ordnung" und "Verzierung". Untersuchungen zur deutschsprachigen Architekturtheorie des 18. Jahrhunderts, Phil. Diss., Heidelberg 1979. zurück

13 Vgl. Ernst H. Gombrich, Ornament und Kunst, Schmucksinn und Ordnungstrieb in der Physiologie des dekorativen Schaffens, Stuttgart 1982, S. 30 f. zurück

14 J. J. Winckelmann, Gedancken über die Nachahmung der griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst, Dresden 1755; dazu die fiktiven Einwände in "Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung" (1756) und deren Zurechtweisung in der folgenden "Erläuterung"; vgl. J. J. Winckelmann, Kleine Schriften. Vorreden. Entwürfe, hg. von Walther Rehm, Berlin 1968, S. 57 f., 86 f., 133 ff. zurück

15 J. J. Winckelmann, Sendschreiben von den herculanischen Entdeckungen, Dreßden 1762; Nachrichten von den neuesten herculanischen Entdeckungen, Dresden 1764. zurück

16 J. W. Goethe, Von Arabesken, in: Teutscher Merkur, Oktober 1788; Chr. T. Weinlig, Briefe über Rom, verschiedenen, die Werke der Kunst, die öffentlichen Feste, Gebräuche und Sitten betreffenden Inhalts (...), 3 Bde., Dresden 1782-84; Christian Ludwig Stieglitz, Über den Gebrauch der Grotesken und Arabesken, in: Allgemeines Magazin für die bürgerliche Baukunst, Weimar 1790. zurück

17 Vgl. Luigi Grassi, Teorici e storia della critica d'arte. Parte Seconda: Il Settecento in Italia, Roma 1979, S. 125 ff. und Ulrich Schütte (wie Anm. 12), S. 61 ff. zurück

18 Francesco Milizia, Prinzipii di Architettura Civile, Finale 1781; dt.: Grundsätze der bürgerlichen Baukunst in drey Theilen. Aus dem Italiänischen, Leipzig 1784-86, dazu auch: Mario-Andreas von Lüttichau, Die deutsche Ornamentkritik im 18. Jahrhundert, Hildesheim etc. 1983, S. 22 ff. zurück

19 J. J. Winckelmann, Anmerkungen über die Baukunst der Alten, Leipzig 1762. zurück

20 J. W. Goethe, Baukunst, 1795; Erstdruck: Weimarer Ausgabe, 1.47 (1896). zurück

21 Vgl. Frank-Lothar Kroll, Das Ornament in der Kunsttheorie des 19. Jahrhunderts, S. 13 ff. Zu Kants ästhetikgeschichtlicher Stellung: Walter Biemel, Die Bedeutung von Kants Begründung der Ästhetik für die Philosophie der Kunst, Köln 1959. zurück

22 Artikel "Verzierungen", Allgemeine Theorie der schönen Künste (...), Neue vermehrte 3. Aufl., 4. Theil, Frankfurt, Leipzig 1798, S. 748 ff. zurück

23 Immanuel Kant, Werke, hg. von Wilhelm Weischedel, Bd. X, Kritik der Urteilskraft und naturphilosophische Schriften 2, Wiesbaden 1957, S. 306 (A 43, B 43, 44) zurück

24 S. 360 (A 49/B 49). zurück

25 Im folgenden zitiert nach der Originalausgabe, Berlin 1793, hier S. 25 ff. zurück

26 Berlin 1791. zurück

27 Monatsschrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin, 1789 ff.; Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1791 ff. zurück

28 De arte poetica, L1, V 9/10. Moritz übernimmt dies aus Chr. L. Stieglitz, Über den Gebrauch der Grotesken und Arabesken, in: Allgemeines Magazin für die bürgerliche Baukunst, Weimar 1790, Bd. 2, S. 109. zurück

29 Zuerst 1788 erschienen unter dem Titel "In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können?" in der "Monatsschrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin", 1. Jg., Bd. 2, 4. Stück, S. 159-168, . Stück, S. 204-210; 2. Jg., Bd. 3 1789, 1. Stück, S. 3-5. zurück

30 Moritz (wie Anm. 29), 2. Jg., S. 74-77; postum veröffentlicht in: Berlinisches Archiv der Zeit und ihres Geschmacks, 1795, Bd. 1,1. März, S. 255 f. zurück

31 Manuskript, mitgeteilt von Hugo Eybisch, Anton Reiser. Untersuchungen zur Lebensgeschichte von Karl Philipp Moritz und zur Kritik seiner Autobiographie, Leipzig 1909. Vgl. meine Edition in: Klassik und Klassizismus, hg. von H. Pfotenhauer und Peter Sprengel (wie Anm. 3). zurück

32 Vgl. Hans Adler, Die Prägnanz des Dunklen. Gnoseologie – Ästhetik – Geschichtsphilosophie bei Johann Gottfried Herder, Hamburg 1990. — Zu Moritz u. a. Thomas P. Same, Die ästhetische Theodicee. Karl Philipp Moritz und die Philosophie des 18. Jahrhunderts, München 1971. zurück

33 Vgl. Ulrich Schütte (wie Anm. 12), S. 50 ff. zurück

34 Grundsätze der bürgerlichen Baukunst in drey Theilen (wie Anm. 18), z.B. S. 29 f. zurück

35 Schütte (wie Anm. 12), S. 57 ff. zurück

36 Vgl. – in Deutschland viel gelesen – Francesco Algarottis Referat und Kritik in: Versuch über die Architectur, Mahlerey und musicalische Opera, aus dem Italiänischen des Grafen Algarotti, dt. von R. E. Raspe, Cassel 1769 (italienisch: Livorno 1764), S. 16 ff. zurück

37 Zur Einführung in diesen komplexen Sachverhalt vgl. E. Lichtenstein, Artikel "Bildung", in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. von Joachim Ritter u. a., Bd. I (Basel 1971); Sp. 921 ff. Zum naturkundlichen Kern des Wortes um 1780: J. Blumenbach, Über den Bildungs-Trieb und das Zeugungsgeschäfte, Göttinger Magazin 1780. zurück

38 Zu anderen, nicht tragenden Säulentypen vgl. den Abschnitt über Obelisken und Denksäulen, S. 25 ff. – Zur abweichenden Bewertung der Säulen – nämlich dem Nützlichkeitsgesichtspunkt – vgl. den von Moritz eingerückten Beitrag des Architekten Johann Christian Genelli über den neuen Gesellschaftssaal im Dorvilleschen Haus, S. 116. zurück

39 Vgl. Ernst Osterkamp, Im Buchstabenbilde. Studien zum Verfahren Goethescher Bildbeschreibungen, Stuttgart 1991, S. 92 ff. zurück

40 A. R. Mengs, Gedanken über die Schönheit und über den Geschmak in der Malerey. Herrn Johann Winkelmann gewidmet von dem Verfasser, hg. von J. Caspar Fueßli, Zürich 1762. zurück

41 Ebd., S. 66 ff. zurück

42 Ebd., S. 68. zurück

43 Heiner Protzmann, Die Herculanerinnen und Winckelmann, in: Die Dresdner Antiken und Winckelmann, Schriften der Winckelmann-Gesellschaft 4, 1977, S. 33 ff. zurück

44 J. J. Winckelmann, Gedancken (wie Anm. 14), S. 42. zurück

45 Römische Marmorkopie, 2. Jh. n. Chr.; Nr. 582. zurück

46 Römische Marmorkopie, 2. Jh. n. Chr.; Nr. 499. zurück

47 Moritz (wie Anm. 25), Rom, 9.10.1787. zurück

48 K. P. Moritz, Vorlesungen über den Stil oder praktische Anweisung zu einer guten Schreibart in Beispielen aus den vorzüglichsten Schriftstellern, 6. Vorlesung, Berlin 1793. zurück

49 J. W. Goethe, Von Arabesken (wie Anm. 16). zurück

50 Die Ausstattung des Saales stammt von Genelli als Architekt und Asmus Jacob Carstens, der als Anerkennung daraufhin von Heinitz ein Romstipendium erhielt. Es sollte ein Raum im herculanisch-pompejanischen Stile sein und ein Zusammenwirken der verschiedenen Künste zeigen. Genelli berichtet über dieses (1867-71 übermalte und überbaute und daher nicht erhaltene) Werk im Ausstellungskatalog der Akademie von 1791. zurück

51 Vgl. Nikolaus Pevsner, Academies of Art. Past and Present, New York 1973. zurück

52 Eine der bekanntesten Polemiken führt Wilhelm Heinse in seinen Düsseldorfer Gemäldebriefen: "Ueber einige Gemählde der Düsseldorfer Gallerie. Aus Briefen an Gleim von Heinse", erschienen in Wielands "Teutschem Merkur", 1776/77. zurück

53 So Andreas Riem, Moritzens Berliner Kollege, in: Über die Arabeske, in: Monatsschrift der Akademie der Künste, Bd. I, 1788, S. 9. Moritz selbst dazu u. a.: Einleitung in die Annalen der Akademien der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1791, S. 8-5, sowie in: Über den Einfluß des Studiums der schönen Künste auf Manufakturen und Gewerbe. Eine Rede, in: Deutsche Monatsschrift (1793), Bd. 1, S. 38-41. zurück

54 Vgl. Hans Müller, Die Königliche Akademie der Künste zu Berlin 1692 bis 1896, Berlin 1896, S. 160 ff. zurück

55 Über die Flaxmanschen Werke, geschrieben 1.4.1799, Weimarer Ausgabe, I. 47 (1896), S. 246 ff. Zur Ambivalenz von Goethes Urteil vgl. Peter-Klaus Schuster, >Flaxman der Abgott aller Dilettanten<. Zu einem Dilemma des klassischen Goethe und den Folgen, in: John Flaxman, Mythologie und Industrie, Ausstellung Hamburg 1979, hg. von Werner Hofmann, München 1979, S. 32 ff. zurück

56 W Schlegel, Ueber Zeichnungen zu Gedichten und John Flaxman's Umrisse, in: Athenäum. Zweiten Bandes erstes Stück, Berlin 1798 ff. Dazu auch: Werner Hofmann (wie Anm. 55), S. 20 ff. zurück

57 Diese Passage ist zuerst 1789 in der "Monatsschrift der Akademie der Künste" (2. Jg., 3. Bd., S. 49-58) erschienen, also unmittelbar nach Moritzens Rückkehr aus Italien, wo er mir Goethe zusammen über den Zeichenbegriff räsonniert hatte. Zur Entwicklung des ästhetischen Zeichenbegriffs um 1790 vgl.: Bengt Algot Sorensen, Symbol und Symbolismus in den ästhetischen Theorien des 18. Jahrhunderts und der deutschen Romantik, Kopenhagen 1963, hier bes. S. 71 ff. und 86 ff., sowie ders., Allegorie und Symbol. Texte zur Theorie des dichterischen Bildes im 18. und frühen 19. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1972. zurück

58 La Fortuna, 1623, Rom, Pinacoteca Vaticana; LAurora, 1612/14, Fresko, Rom, Casino Rospigliosi Pallavicini. zurück

59 J. W. Goethe, WA, 1.47, S. 91 ff. zurück

60 K. P. Moritz, Reisen eines Deutschen in Italien in den Jahren 1786 bis 1788, Erstdruck Berlin 1792/93. Dritter Teil. zurück

61 In der Forschung wird Moritz gerne als dessen Vorläufer gesehen. Vgl. Karl Konrad Polheim, Die Arabeske. Ansichten und Ideen aus Friedrich Schlegels Poetik, München, Paderborn, Wien 1966, S. 18 ff.; ähnlich Werner Busch (wie Anm. 3). zurück

62 Sie wird erst 1822 durch Jean François Champillon geleistet, der den Hieroglyphen damit das Geheimnisvolle und Romantiktaugliche nimmt. zurück


Autor

Prof. Dr. Helmut Pfotenhauer
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Institut für deutsche Philologie
Neuere Abteilung
Am Hubland
97074 Würzburg

Emailadresse: helmut.pfotenhauer@mail.uni-wuerzburg.de
Homepage: http://www.uni-wuerzburg.de/germanistik/neu/pfotenhauer/start.htm

Eingestellt: 01.12.2005



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