goethe


Georg Jäger

Ein Werther der DDR

Plenzdorfs Neue Leiden des jungen W. im gespaltenen Deutschland

G. J.: Die Leiden des alten und neuen Werther (Literatur-Kommentare 21) München: Carl Hanser 1984, S. 45-56, 186-190. Redaktionell bearbeitet.

 

 

Inhalt

1. Individuelle Entfaltungsmöglichkeiten in der sozialistischen Gesellschaft – >Nachdenken über Edgar W.< | Sozialhygienische Funktion | Die Frage der Perspektive: Steht es am Ende »fifty fifty« für Edgar? | Probe auf die kulturpolitische Funktion2. Minderwertung und Verständnisschwierigkeiten – die Rezeption in der BRD | Erfolgsbedingungen. »Nr.1: die Schnauze, Nr.2: das Herz« | Fernsehfassung | Schaum auf Kunstharz: Unverständnis und Missverständnisse | »Interpretationslinie der Konterrevolution«? | »antigesellschaftlicher Affekt«3. Werther als >Komplize< Wibeaus – Parallelen und Zitate als ironische Absetzung von Goethe oder verdeckte Kritik an der DDR-Gesellschaft? | Sozialistischer »Gegenentwurf« zu den bürgerlichen Leiden des jungen Werthers | Lachen über Wibeau als Vorrecht sozialistischen Bewußtseins | Goethe als »Schutzraum für politische Konterbande«

 

 

 

1. Individuelle Entfaltungsmöglichkeiten in der sozialistischen Gesellschaft –

 >Nachdenken über Edgar W.< in der DDR

Die neuen Leiden des jungen W. wurden »bewußt auf Auslegbarkeit geschrieben« 1 und irritierten die Kritiker durch »die ungeheure Breite der Assoziationsmöglichkeiten«. 2 Durch die vier »strukturtragenden Schichten« oder Informationsebenen des Textes kommt es zu interferierenden Perspektiven:

 

     

  1. die voranstehenden Dokumente (Zeitungsnotiz, drei Todesanzeigen),
  2. »die szenisch-dialogisch objektivierte Erinnerungsperspektive der Eltern und Arbeitskollegen«,
  3. die Kommentare Edgars »von jenseits des Jordans«,
  4. »die Brechung und Verfremdung der gesellschaftlichen Beziehungen des Helden im Spiegel des Werther-Zitats und der Werther-Fabel«. 3

 

Plenzdorf führt »seinen Edgar Wibeau gegen Edgar Wibeau« vor, 4 indem er ihn aus dem Jenseits kritisch und ironisch zu sich Stellung nehmen läßt. Der Leser / Zuschauer wird vom Autor geschickt in »eine Mittelstellung zwischen Identifikation (Verständnis) und Distanz (Kritik)« manövriert, sein »Beurteilungs- und Wertungspotential« wird aktiviert. 5

 

Gewöhnt an eine sozialistisch-realistische Schreibweise, die mit einer eindeutigen Leserlenkung arbeitet, nahm man in der DDR die Mehrschichtigkeit des Werkes zunächst nur ungenügend wahr. Die neuen Leiden des jungen W. wurden bei ihrem Massenerfolg auf ähnliche Weise simplifiziert wie Die Leiden des jungen Werthers:

 

Die weitgehende Beschränkung auf die Perspektive des Helden, mit der sich der Rezipient identifizierte, sorgte für begeisterte Leser und Zuschauer und ärgerliche Kritiker. Wolfgang Kohlhaase führte »die moralische Provokation« der Geschichte auf »die poetische Geschlossenheit« zurück, die durch »die konsequente Beschränkung auf eine Perspektive« entstehen soll. 6 Das »ausgeprägt subjektive Verhältnis des Autors zu seinem Helden und seines Helden zur Welt« nannte Peter Ullrich einen Hauptgrund für den Erfolg. 7 Orthodoxen Kritikern erschien die »realismusverletzende Einseitigkeit« Plenzdorfs 8 als Verstoß gegen das Objektivitäts- und Parteilichkeitsgebot des Sozialistischen Realismus. Der »interessante Held«, urteilte Rainer Kerndl im Neuen Deutschland, drohe aus Mangel an gleichwertigen Partnern »zum ethischen Helden schlechthin« zu werden:

 

Die quantitative Übergewichtigkeit der Zentralfigur führt zur qualitativen Begrenztheit des realistischen Wirklichkeitsgehalts. 9

 

Der Staranwalt und Kriminalautor Friedrich Karl Kaul, der mit massiven Anwürfen die Diskussion um Plenzdorf in der Akademie der Künste (31.Okt. 1972) und in der führenden Literaturzeitschrift Sinn und Form (Jan. bis Nov. 1973) auslöste, vermißte das »sozial-politische Gegengewicht« in Gestalt einer positiven Figur und lastete dem Werk eine »gewichtmäßige Verfälschung« des »sozialistischen Seins und Werdens« der DDR an. 10

 

 

Sozialhygienische Funktion

Die Wirkung der Geschichte in der DDR beruhte auf ihrer sozialhygienischen Funktion, keinesfalls auf ihren im engeren Sinne künstlerischen Qualitäten. Breite Schichten der DDR erkannten Probleme und Personen ihrer Alltagswirklichkeit im Stück wieder, konnten in den Debatten ihre Meinungen und Erfahrungen artikulieren und öffentlich diskutieren.

 

Nach Stephan Hermlin formuliert das Werk »authentisch die Gedanken, die Gefühle der DDR-Arbeiterjugend«; 11 die Laudatio bei der Verleihung des Heinrich-Mann-Preises an Plenzdorf (1973) nennt es »ein Gleichnis jugendlichen Denkens und Empfindens in unserer Zeit und in unserem Land«. 12 Die bekannt gewordenen Äußerungen Jugendlicher zeigen eine deutliche Sympathie mit dem Menschen Edgar, bei einer teilweisen Kritik an seinem Verhalten. Bei einer – nicht repräsentativen – Befragung von 284 Schülern, Studenten und Lehrlingen ermittelte das Zentralorgan der FDJ: 64% hätten Edgar gerne zum Freund gehabt (nur 19% nicht), 70% hätten ihn in ihre FDJ-Gruppe aufgenommen, aber nur 4% (darunter kein einziger Lehrling) hätten nach dem Zusammenstoß mit Meister Flemming »die Lehre geschmissen«. 13

 

An Edgar faszinierte, daß er sich »der ständigen großen Bemutterung« von der Familie über den Kindergarten und die Schule bis zur Lehre oder dem Studium entzog, 14 um konsequent und ehrlich nach einem eigenen Lebensweg zu suchen. Dieter Mann, der den Edgar an den (Ost)Berliner Kammerspielen gab, stellte als das »Beispielhafte der Figur« heraus: »sich mit sich selbst in einer sozialistischen Welt auseinanderzusetzen, ohne gleich jede seiner Aktionen nach dem Zweck zu befragen«. 15 In den Gesprächen aus Anlaß der Halleschen Uraufführung (18. Mai 1972) urteilte ein 17Jähriger Oberschüler:

 

Edgar ist ein Suchender. Das ist für mich sein schönster Zug, da kann ich mich mit ihm identifizieren. [...] Er sucht sich selbst zu verwirklichen, indem er seine Ideale zu verwirklichen sucht. Er will seinem Leben in der Gesellschaft einen Sinn geben.

 

Sein Freund wünschte ein »Steher« wie Edgar zu sein. »Was Edgar groß macht, ist doch sein Durchhaltevermögen; was ihn auszeichnet, ist die Kraft, seinen Weg bis zum Ende zu gehen.« 16 Die Jugendlichen der DDR stießen sich – zumindest in den veröffentlichten Meinungen – nicht am Sozialismus, sondern suchten den Wurm konkret »im Elternhaus, in den Erziehungsmethoden der Schule und des beruflichen Lehrbetriebs«. 17 Entsprechend bedeutete das Stück für die Erwachsenen »vor allem eine politische Auseinandersetzung mit der Frage: Wie muß und wie kann in den 70er Jahren die Erziehung junger Menschen aussehen?« 18

 

 

Die Frage der Perspektive:
Steht es am Ende »fifty fifty« für Edgar?

Provokativ wirkte in erster Linie der Tod Edgars. Die Schlußsätze der Erstfassung (in Sinn und Form 1972, H.2) über das patentreife Modell, das die Baubrigade aus den Explosionstrümmern rekonstruiert – »Das ist ein glattes Patent. Wir haben alles eingereicht. In zwei Wochen ist Edgar Patentträger, einwandfrei.« –, enthalten eine positive Zukunftsperspektive. Plenzdorf benutzt den »Topos der Erfindung«, wie er aus literarischen Darstellungen des sozialistischen Aufbaus bekannt ist, und bestätigt den ausschlaggebenden Wert gesellschaftlicher Produktivität. 19 Robert Weimann und Wilhelm Girnus (Dokumente Nr. 1, 4) ließen Edgar, dessen gesellschaftliche Reintegration kurz bevorstand, als »positiven Helden« sterben.

 

Wibeaus Flucht liegt vor seinem sogenannten >Tod<. Sein >Tod< bedeutet, >Bin am Ende meiner Sackgasse, Leute! Halali. Grüß Euch, Leute!< 20

 

Der offene Schluß der Buch- und Bühnenfassung erscheint ästhetisch konsequenter. Indem der Autor einem vorschnellen affirmativem Verständnis die Textgrundlage entzieht, setzt er »ein Ausrufezeichen hinter dem unausgesprochenen Postulat nach einer Integration in sozialistische Gemeinschaft, in der sich Sensibilität und Anderssein bewahren liessen«. 21 In einem Interview zur Uraufführung deutete Plenzdorf, wortkarg wie immer, das Ableben Edgars als »Zuspitzung der Tatsache, daß es Leute wie er schwer haben. Übrigens ist es ein Unfall. / Aber Edgar weiß doch, daß >dreihundertachtzig Volt kein Scherz< sind. / Das ja. / Also ist er am Ende gar selbst schuld? / Schuld ist da niemand. Das soll vorkommen. / Sie meinen juristisch. Und sonst. Wir wollen das Stück spielen als Warnung an alle, die es angeht, so mit Edgar und seinesgleichen umzugehen. Was sagen Sie dazu? / Schon recht.« 22 Nach einer späteren Äußerung steht es am Ende »fifty fifty« für Edgar. Der Tod sei nicht so sehr »als realer Fakt oder tragischer Fakt« gemeint, »sondern vielmehr als ein Einen-Gedanken-zu-Ende-Denken«. 23

 

Diese Selbstaussagen machen deutlich, woraus das Ärgernis resultierte: Der Tod ist einerseits Konsequenz des Geschehens, andererseits jedoch bleibt offen, ob und welche Bedeutung über den Fall hinaus ihm zukommt. Aus politischen Gründen irritierte am meisten, daß man das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft auf nahezu entgegengesetzte Weise gedeutet finden konnte.

 

Mißgünstige sagen: »Der Edgar geht an der gesellschaftlichen Realität DDR kaputt. [...]« Gutmeinende [...] sagen: »Das kann man dem Autor nicht unterschieben. Edgar geht an seiner eigenen Großkotzigkeit, an dem >Sich-nicht-einfügen-wollen< und dem Ignorieren ganz einfacher Erfahrungen anderer Leute vor ihm (spiele nie mit starkem Strom) zugrunde«. 24

 

Da hohe Parteifunktionäre in dem Stück eine Provokation der sozialistischen Gesellschaft sahen, handelte sich Plenzdorf eine Schelte von Honecker persönlich ein.

 

 

Probe auf die kulturpolitische Situation

Die neuen Leiden des jungen W. wurden zum »Signal eines neuen, freieren, unverkrampfteren kulturpolitischen Klimas in der DDR«. 25 Bei der Entstehung des Textes hatte »die Hauptrolle äußerer Druck« gespielt, da der Autor mehrere Jahre nie machen konnte, was er wollte, und der Stoff mehrfach zurückgewiesen wurde. 26 Die Debatte im Anschluß an die Veröffentlichung entwickelte sich rasch zur »Probe« auf die kulturpolitische Situation nach dem VIII. Parteitag der SED im Juni 1971. 27 Nach der inneren Konsolidierung der DDR, dem Grundvertrag mit der BRD und der ihm folgenden internationalen Anerkennung hatte Erich Honecker, Erster Sekretär des ZK der SED, eine liberalere Kulturpolitik eingeleitet: »Wenn man von den festen Positionen des Sozialismus ausgeht, kann es meines Erachtens auf dem Gebiet von Kunst und Literatur keine Tabus geben.«

 

 

In der Literatur der DDR wurde die Wechselbeziehung zwischen dem einzelnen und der sozialistischen Gegenwartsgesellschaft um diese Zeit mehrfach kritisch thematisiert. Am nächsten kommt Plenzdorf Christa Wolfs bereits 1969 erschienener Roman Nachdenken über Christa T. Hier wie dort wird nach dem Ableben des Helden rekonstruiert, wie ein sensibler und phantasievoller Mensch mit sozialistischen Idealen an der Realität der DDR zerbricht. Christa T. lebt nach der Devise, »Man selbst, ganz stark man selbst werden«, und verweigert sich bis zur Selbstzerstörung der anempfohlenen Überlebensstrategie: »Anpassung um jeden Preis.« »Sinnsüchtig, deutungssüchtig«, wie sie ist, expliziert sie ihre Lebensprobleme im Horizont literarischer Deutungsmuster, so daß auch der Rezipient gehalten ist, »ein, zwei Jahrhunderte zurückzutreten«. 28

 

Der Spielraum, den eine Gesellschaftskritik hinter dem Schutzschild des literarischen >Erbes< hat, wurde in der Diskussion um Plenzdorf sichtbar. Die 9.Tagung des ZK der SED im Mai 1973 setzte Grenzmarken. Honecker warnte vor Versuchen, »eigene Leiden der Gesellschaft aufzuoktroyieren«. Werke, die die »Vereinsamung und Isolierung des Menschen von der Gesellschaft« darstellen, stehen dem »Anspruch des Sozialismus« an Literatur entgegen. 29 Kurt Hager, für die Kulturpolitik zuständiges Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED, beschwor die im >real-existierenden Sozialismus< angeblich weitgehend verwirklichten gesellschaftlichen Ideale: »die Zusammenarbeit der Menschen, die gegenseitige Hilfe, die Kameradschaft, das gemeinsame Wirken.«

 

Das Idealbild von dem isolierten einzelnen, dessen Qualitäten gewissermaßen nur abseits von der Gesellschaft sichtbar werden, widerspricht sowohl dem Wesen des wissenschaftlichen Sozialismus als auch der Wirklichkeit unserer Gesellschaft. 30

 

2. Minderwertung und Verständnisschwierigkeiten
– die Rezeption in der BRD

Die Neuen Leiden des jungen W. wurden in der Bundesrepublik ein Buch- und Theatererfolg (Buchausgabe in Komm. bei Suhrkamp 63.-72. Tsd. 1975, als Taschenbuch 801.-875. Tsd 1982; in der Liste der meistgespielten Stücke 1974 an 3., 1975 an 1., 1976 an 2.Stelle 31). Während die Buchkritiken unterschiedlich ausfielen, kam es durch die Theateraufführungen zu einer deutlichen Minderwertung. Die Verpflanzung von der DDR in die BRD, in eine andere gesellschaftliche und kulturelle Situation, ging auf Kosten der kritischen Intention und der Substanz des Stückes.

 

Zur ersten Inszenierung diesseits der Mauer, im Wetsberliner Schloßparktheater, schrieb Friedrich Luft: »Patient auf dem Transportweg verstorben.« 32

 

Nur mit Erklärung, nur mit ständiger innerer Kommentierung kann man unter Mühe verstehen und sich rekonstruieren, was dort das Gelächter auslöst, Zustimmung herausfordert, Wiedererkennen möglich macht und im ganzen so etwas wie eine dramatische Tat der Befreiung darstellt. Hier nicht.

 

Erfolgsbedingungen
»Nr.1: die Schnauze, Nr.2: das Herz.«

Was dem Stück dennoch eine Karriere auf westdeutschen Bühnen eröffnete, war: »Nr.1: die Schnauze, Nr.2: das Herz.« 33 Der Text bot »eine schmissige, perfekt konstruierte Spielvorlage«, 34 manchmal diente er nur »als Spielvorwand und Spaßanlaß«. 35 In einem bundesrepublikanischen Theatersaal traf das Stück »kaum mehr existentiell«, es hielt vielmehr »eine unproblematische Mitte zwischen ernsthafter Gesellschaftskritik und kesser Unterhaltung« 36 und konnte somit auf allseitigen Beifall rechnen. Edgar bot eine dankbare Rolle in einer »Boulevard-Polit-Revue« 37 in Nummern.

 

Plenzdorf stand den meisten seiner Bühneninszenierungen zurecht skeptisch gegenüber.

 

Man habe seine Geschichte häufig als Love-Story mißverstanden, schiebe Dinge in den Vordergrund, etwa die Blue-Jeans des Helden, mit denen die eigentlichen Probleme des Stücks überdeckt würden. Man dürfe das Stück nicht flüssig und charmant spielen. 38

 

Seine Intentionen konnte der Autor erst in der vom Südwestfunk und Artus-Film gemeinsam produzierten Fernsehfassung, zu der er das Drehbuch lieferte, angemessen verwirklichen (Regisseur Eberhard Itzenplitz, Hauptrolle Klaus Hoffmann – ARD, 20.04.1976, als Film im Cinerama-Verleih ab Herbst 1976).

 

 

Fernsehfassung

Den Buchtext mußte Plenzdorf im wesentlichen nur kürzen. Da er »ursprünglich für das Kino, für den Film« geschrieben hatte, war das ganze Buch schon »in Bildern gedacht«. 39 Die dramaturgischen Mittel – Handlungsunterbrechung, Montageprinzip, episierende Erzähltechnik – konnten erst jetzt im Medium des Films voll zur Geltung kommen. 40 Durch die eingebauten, um zwei Zitate aus dem Werther vermehrten Texte wollte Plenzdorf das Publikum »wenigstens für Sekunden aus der unmittelbaren Handlung herausreißen« und auf Probleme hinweisen. 41 Für durchgehende Distanz zwischen den Figuren und den Zuschauern sorgte die ironische Erzählweise, die eine Balance hielt »zwischen Einfühlung und Kritik, Naivität und raffiniertem Kalkül«. 42

 

Nach den teilweise verfehlten Theaterinszenierungen wirkte die Fernsehfassung wie eine Entdeckung. 43

 

 

Schaum auf Kunstharz:
Unverständnis und Missverständnisse

Bei westlichen Kritikern traf das Werk auf Erwartungshaltungen und Wertmaßstäbe, für die es nicht konzipiert war. Je nach Werthorizont, vermißte die Kritik das kulinarische Raffinement im Künstlerischen (J. Kaiser) oder die kritische Radikalität im Politischen (W. Schütte, M. Schneider). Nicht ohne onkelhafte Überlegenheit wies man auf Schreibmuster sozialistisch-realistischer Tradition – insbesondere auf die in der Sinn-und-Form-Fassung angelegte positive Zukunftsperspektive, die gelungene Erfindung –, wußte sich aber andererseits in die ungleich wichtigeren Bezüge zum literarischen >Erbe< kaum zu finden.

 

Joachim Kaiser (Dokument Nr. 7) verband seine Besprechung der Inszenierung an den Münchner Kammerspielen, die die theatralischen Möglichkeiten voll nutzte, aber Problematisierungen vermied, mit einem Verriß des Textes: eine »grenzenlose Banalität«, »scheinliterarisch aufgepulvert«; »ein lustiges Zeitstück mit vielen, garantiert positiven Menschen trotz kleiner Schwächen«, ohne »Kunst-Gehalt«. 44 Ähnlich fand Werner Gilles, der über die Aufführung am Mannheimer Nationaltheater berichtete, das Werk »ein ingeniös konstruiertes Produkt, dessen banale Handlung kunstvoll mit Zitaten aus Goethes >Werther< verschlungen ist«. 45 Bei Wolfram Schütte (Dokument Nr. 5), der »die Marxsche Radikalität« als Richtmaß nahm, geriet der Autor in Verdacht, ein ideologischer Rechtsabweichler zu sein, dem es um »kleinbürgerliche Harmonisierung« geht:

 

Plenzdorf ist zahm, alle Leute mochten seinen Edgar >eigentlich<, er >spinnte< halt bloß ein bißchen: Friede, Freude, goldgelber Eierkuchen. 46

 

Marcel Reich-Ranicki konnte den Jungen nicht ernstnehmen, der in den Jenseitskommentaren seine sozialistische Erziehung zu bekräftigen schien: »Unser kleiner Ausreißer ist [...] doch ein rechter DDR-Musterknabe.« Der Rückgriff auf den Werther war für diesen Kritiker nicht mehr »als ein amüsanter Trick, als ein frappierender Gag«, dem Aufhänger im Journalistenstil vergleichbar. 47 Henning Rischbieter zufolge verhält sich Plenzdorf zu Goethes Werk »ausbeuterisch«:

 

Einer von Banalität (im Sinne von Unerheblichkeit) nicht allzuweit entfernten Geschichte wird mittels der klassischen Folie eine zweite Form- und Bedeutungs-Schicht anscheinend höheren Ranges angeschafft. 48

 

Da Karena Niehoff sowohl die Integration der Zitate wie die Problematik der Fabel verkannte, kam sie zu dem vernichtenden Gesamturteil: Schaum auf Kunstharz. Die Zitate seien nur »Schaum« auf der Love Story: »Und die ist aus Kunstharz. Kitsch, weder himmlisch noch irdisch.« 49

 

 

»Interpretationslinie der Konterrevolution«?

Fritz J. Raddatz eröffnete im September 1972, noch vor der Buchausgabe und der Debatte in der DDR, die kritische Rezeption in der Bundesrepublik. Er hoffte »die Geburt einer eminenten neuen Begabung«, »vielleicht sogar den lang erwarteten Anfang einer neuen Literatur« ankündigen zu können. 50 Mit dieser, zweifellos übertriebenen, Hochwertung stand Raddatz zunächst weitgehend allein da. Erst im Verfolg der intensiv rezipierten DDR-Diskussion und durch die dann sofort einsetzenden literaturwissenschaftlichen und -didaktischen Beiträge kam es zu einem tieferen Verständnis der Neuen Leiden des jungen W.

 

Unzutreffend ist es jedoch, wenn Wilhelm Girnus (Dokument Nr. 4) in dem die Meinungsäußerung in Sinn und Form abschließenden redaktionellen Beitrag eine »typische Interpretationslinie der Konterrevolution« ausmacht, die Edgar zum tragischen Opfer des DDR-Kommunismus umdeutet. 51 Aus wenigen Stimmen der Kritik hat sich Girnus einen Pappkameraden gebaut, um ihn nach den Angriffen von Honecker, Hager und Koch auf Plenzdorf zu kulturpolitischem Manöverschießen im eigenen Land zu gebrauchen.

 

Die meisten westdeutschen Kritiker sahen sehr wohl, daß die Ausflipper-Moritat »ein Stück über die Leiden der Jugend, aber kein Anti-DDR-Werk« ist. Edgar geht »nicht gegen sozialistische Positionen, sondern gegen sozialistisches Muckertum« an; 52 sein Protest richtet sich »nicht gegen die DDR«, sondern »gegen die Bügelfalten«. 53 Der Spiegel charakterisierte den Helden treffend als »sozialistischen Neuerer auf romantischem Ego-Trip«. 54

 

Als das Charakteristische und Neue bei der Problematisierung des Konflikts eines einzelnen mit der Alltagswirklichkeit der DDR wird der nicht zurückgenommene Anspruch auf persönliche Entfaltung und individuelles Glück angesehen. Edgar verkörpert nach der Ansicht von M. Schneider (Dokument Nr. 6) »eine neue Freizügigkeit, ein neues >Lustprinzip<« und damit insgesamt »ein neues Selbstbewußtsein der DDR-Jugend«. 55 Für Fritz J. Raddatz – in einer späteren Rezension der Buchausgabe – handelt es sich um »die Neuentdeckung des Subjekts«. Erzählt wird »nicht die Geschichte lediglich einer Vereinzelung, erzählt wird von einem gesellschaftlichen Mord«. Der »>neue< Fürst«, Repräsentant der absolutistischen Ständegesellschaft, an der Werther scheitert, heißt VEB, Volkseigener Betrieb. 56 Auf Raddatz konnte sich Girnus also in der Tat berufen.

 

 

»antigesellschaftlicher Affekt«

Neuere germanistische Interpretationen haben zutreffend den generellen »antigesellschaftlichen Affekt« herausgearbeitet. Wie schon in Goethes Werther, so findet sich auch bei Plenzdorf »eine Kritik an jeglichem (veräußerlichten) Regelsystem einer komplexen Gesellschaft«. 57

 

Während die DDR ein humanistischen Traditionen verpflichtetes Bildungsprogramm vertritt, konnte man in der Bundesrepublik sogar in Zweifel ziehen, ob an »altbürgerlichen Sozialisationsmustern der Individuierung« ausgerichtete Lebenseinstellungen in komplexen Massengesellschaften überhaupt noch moralisch zulässig und funktional sind. Götz Großklaus (Dokument Nr. 8) erscheint das »individuelle Verweigerungsexperiment Wibeaus« (geschichtlich) als »anachronistisch«, (individuell) als »narzißtisch« und (gesellschaftlich) als »asozial und parasitär«. 58

 

 

3. Werther als >Komplize< Wibeaus
– Parallelen und Zitate als ironische Absetzung von Goethe oder verdeckte Kritik an der DDR-Gesellschaft?

In der Laudatio auf Plenzdorf anläßlich der Verleihung des Heinrich-Mann-Preises wird »die Transplantation eines Stückes kulturellen Erbes in die Gegenwart und ihre Transformation in die Manier unserer Zeit« besonders hervorgehoben. 59 Seit Robert Weimanns Beitrag über Goethe in der Figurenperspektive (Nr.13) – der als Vortrag die Aussprache über Die Neuen Leiden des jungen W. in der Akademie der Künste der DDR im Oktober 1972 und in Aufsatzform die Diskussion um Plenzdorf in Sinn und Form eröffnete – wird der Bezugstext in der Literaturwissenschaft nur noch selten »als ein Fremdkörper« angesehen, »der sich zäh als etwas schlechthin Inkommensurables erweist«. 60

 

 

Sozialistischer »Gegenentwurf«
zu den bürgerlichen Leiden des jungen Werthers

Weimann sprach Goethes Text die »Funktion einer komplexen Metapher« zu, »die ihren Gegenstand durch die Spannung von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit bestimmt«. 61 Dabei unterschied er zwischen den Werther-Zitaten, die er der Figurenperspektive Edgars zuordnete, und den Werther-Parallelen der Fabel, die eine den beschränkten Horizont der Figuren übersteigende Auseinandersetzung des Autors mit Goethes Roman bekunden. Die >Brandraketen< der Zitate »aus« dem Werther wurden von Weimann figurenperspektivisch entschärft, »die strukturelle Parallele mit dem Werther« soll den positiven Abstand des Sozialismus der DDR zum Bürgertum des 18. Jahrhunderts markieren. 62

 

Weimann gelangte damit zu einer Interpretationslinie, die eine Hochschätzung aus sozialistischer Sicht ermöglicht: Die neuen Leiden des jungen W. als sozialistischer »Gegenentwurf« 63 zu den bürgerlichen Leiden des jungen Werthers.

 

Lachen über Wibeau
als Vorrecht sozialistischen Bewußtseins

Diese Position wurde von den meisten Befürwortern Plenzdorfs in der DDR übernommen. Werner Neubert begrüßte das Werk als »sozialistischen Diskussionsbeitrag«, dessen »Text- und Handlungskommunikation« mit Goethes Leiden des jungen Werthers »den objektiven geschichtlichen Kontrast zwischen Wibeau und Werther« parodiert, »wobei Edgar als lachender Sieger hervorgeht«. 64 In dem programmatischen Aufsatz Lachen über Wibeau ... Aber wie? (Nr.16) macht Girnus »die komische Grundsubstanz dieser in das Gewand der Parodie gehüllten Umkehrung der Werther-Tragödie« 65 zum Kardinalpunkt der Interpretation. Lachen über Wibeau wird zum Vorrecht wie zum Ausweis sozialistischen Bewußtseins:

 

Bürgerliches Bewußtsein vermag diese Komik nicht zu genießen, es sei denn, ihm gelänge es, seine eigenen Klassenschranken zu überspringen. 66

 

Girnus hat weitergehende kritische Verständnismöglichkeiten der Werther-Parallelen und -Zitate abgeblockt, möglicherweise, um das Werk, dem er zur Publikation verholfen hatte, vor orthodoxen Angriffen (Honeckers, Hagers und Kochs Verdikte erschienen im Juni, Girnus Beitrag im November 1973) zu schützen.

 

Goethe als »Schutzraum für politische Konterbande«

Kritiker und Literaturwissenschaftler in der Bundesrepublik sehen in den Werther-Bezügen das eigentliche Skandalon des Stückes und vermögen diese Auffassung interpretatorisch zu stützen.

Die Transposition der Werther-Geschichte in die gegenwärtige sozialistische Gesellschaft impliziert die Annahme einer gestörten Beziehung des Helden zu eben dieser Gesellschaft und unterstellt ihr per analogiam ein wesentliches Defizit im Hinblick auf die proklamierte Entfaltung der Persönlichkeit.

 

Die heftige Abwehr von Girnus »gegen eine über die bloße Parodie hinausgehende Beziehung zum Werther« wertet Waiblinger 67 als Hinweis auf das mißliebige kritische Potential Plenzdorfs. Wibeau überträgt »die radikale Kritik seines Vorgängers an seiner gesellschaftlichen Umwelt in zunehmendem Maße auf die sozialistische Gesellschaft«, 68 indem er aus dem Werther »das Problem der Entfremdung und zugleich die der Gesellschaft entgegenzusetzenden Prinzipien« zitiert: »Affekt, Innerlichkeit, Natur«. 69 Die Zitate, die seine Umwelt (selbst der künftige Germanist Dieter) nicht versteht, handhabt Edgar »emotional-expressiv« und aggressiv (»Werther-Pistole«). 70 Daß Edgar das Reclamheft auf der Suche nach Toilettenpapier auf dem Klo entdeckt, spricht Bände über das Mißverhältnis zwischen Anspruch und Realität der Erbepflege. 71 NFG, das nebellose Farbspritzgerät, an dem der Held bastelnd zu Tode kommt, ist auch Sigle für das sozialistische Zentrum der Beschäftigung mit dem klassischen Erbe: Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar.

 

Von der Figur her gesehen stehen die Zitate »einerseits für ein eher rückschrittliches und defensives Selbsthelfertum, andererseits für eine eher fortschrittliche Kritik an einem über die Köpfe der Individuen hinweg kontroll- und verständigungsunabhängig sich verfestigenden Gesellschaftssystem«. 72 In Hinblick auf den Autor und seine Kommunikationssituation hat man das Zitat als »gesellschaftliches Kryptogramm« 73 verstehen wollen, das »in das Kapitel Sklavensprache« gehört: »Goethe wird zum Schutzraum für politische Konterbande.« 74

 

Trotz ihres appellativen Charakters bleiben die Werther-Parallelen und -Zitate mehrdeutig. Sie verweisen auf jeden Fall auf den Zusammenbruch der Kommunikation des Helden mit seiner Umwelt, möglicherweise auch auf Schwierigkeiten des Autors, sich in der von ihm grundsätzlich akzeptierten Gesellschaft angemessen zu artikulieren.

 

 

Anmerkungen

1 Plenzdorf. In: Sinn und Form 25 (1973), H. 1, S.243. zurück

2 Friedrich Plate. In: Ebd., H.4, S. 850-54. Hier S. 851. »Das Individuum Edgar Wibeau hat zuviel Gewicht, ohne genügend Schnittpunkt realer gesellschaftlicher Verhältnisse zu sein.« (S. 852) zurück

3 Robert Weimann: Goethe in der Figurenperspektive. In: Ebd., H. 1, S. 222-38. Hier S. 225-26. zurück

4 Fritz J. Raddatz: Ulrich Plenzdorfs Flucht nach Innen. In: Merkur. 27.Jg. 1973. H. 12. S. 1174-78. Hier S. 1175. zurück

5 Gisela Brinker-Gabler: »Ich weiß nicht, ob mich einer versteht, Leute.« Funktions- und Wirkungspotential von Teenagersprache und Werther-Zitat in Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. In: Literatur in Wissenschaft und Unterricht 11 (1978), S. 80-92. Hier S. 90. zurück

6 Kohlhaase. In: Sinn und Form 25 (1973), H. 1, S. 248. zurück

7 Ullrich. Ebd. Vielen Leuten graue es vor der »Besserwisserei« von Autoren, die sich auf folgenden Standpunkt stellen: »Ich kenne die objektiven Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung, ich kann alle Erscheinungen der Wirklichkeit einordnen, sie haben diesen oder jenen gesellschaftlichen Stellenwert, für alles gibt es [...] eine Schublade.« zurück

8 Rainer Kerndl: Zweimal Edgar W. In: Neues Deutschland. 24. Dez. 1972. S. 4. zurück

9 Ders.: Junger Werther in Blue Jeans. Zur Uraufführung von Ulrich Plenzdorfs »Die neuen Leiden des jungen W.« im Landestheater Halle. In: Ebd. 8.Juni 1972. S. 4. zurück

10 Kaul. In: Sinn und Form 25 (1973), H. 1, S. 220. zurück

11 Hermlin. Ebd. S. 244. zurück

12 Karl-Heinz Jakobs: Laudatio auf Ulrich Plenzdorf. In: Mitteilungen. Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik. 11. Jg. 1973. Nr. 3. S. 19-21. Hier S. 20. zurück

13 Dieter Wiedemann: Würden Sie mit Edgar befreundet sein wollen? In: Forum (Berlin/O) 27. Jg. 1973. H. 8. S. 15. zurück

14 Gisela Schöne: Zweimal »Die neuen Leiden des jungen W.« Gespräch mit den Regisseuren Horst Schönemann und Christoph Schroth. In: Sonntag (Berlin/O) 27. Jg. 1973. Nr. 3 vom 21. Jan. S. 8. Schönemann: »Edgar hat es satt, bemuttert zu werden. Er hat es satt, Klassenprimus zu sein. Er hat es satt, vom Lehrausbilder unterfordert zu werden.« zurück

15 Dieter Mann: Über Kollegen, die Kritik, das Publikum und ein Stück. In: Theater der Zeit (Berlin/O) 28. Jg. 1973, H. 6. S. 9-11. Hier S. 10. Das Stück gibt keine Rezepte, bietet dafür aber »Assoziationsmöglichkeiten und Diskussionsanregungen« (S. 11). zurück

16 Landestheater Halle. Ulrich Plenzdorf. Die neuen Leiden des jungen W. Spielzeit 1975/76 (gekürzte Fassung des Heftes von 1971/72). Uwe-Eckard Böttger u. Thomas Domin, Oberschüler. zurück

17 Albert R. Schmitt: Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. im Spiegel der Kritik. In: Views and Reviews of Modern German Literature. Fs. for Adolf D. Klarmann. Ed. by Karl S. Weimar. München (1974), S. 257-76. Hier S. 260. zurück

18 Horst Schönemann. In: Sinn und Form 25 (1973), H. 1, S. 245. zurück

19 Cesare Cases: Plenzdorfs entsublimierter Werther. In: Annali. Sez. Germanica. XVIII, 3. Studi Tedeschi. 1975. S. 129-43. Hier S. 135-36. zurück

20 Wilhelm Girnus: Lachen über Wibeau ... Aber wie? In: Sinn und Form 25 (1973), H. 6, S. 1277-88. Hier S. 1277. zurück

21 Rolf Fieguth: Die DDR und die Literatur. Zu zwei Büchern von Ulrich Plenzdorf und Irmtraud Morgner. In: National-Zeitung (Basel) 2.Juni 1973. S. III. zurück

22 Interview mit einem wortkargen Autor. In: Pr. Halle (s. Anm. 16). zurück

23 Karl Corino: Gespräche mit DDR-Schriftstellern. In: Deutschland Archiv. 7. Jg. 1974. S. 165-71. Hier S. 168-69. zurück

24 Günter Striegler. In: Sinn und Form 25 (1973), H. 4, S. 863-66. Hier S. 866. Ähnlich Plate. Ebd. H. 1, S. 852. zurück

25 Gerhard Jörder: Ausgeflippt: Edgar Wibeau, 17 Jahre, Bürger der DDR. Markwart Müller-Elmau inszenierte »Die neuen Leiden des jungen W.« von Ulrich Plenzdorf im Freiburger Podium. In: Badische Zeitung. 25./26. Jan. 1975. zurück

26 Plenzdorf. In: Sinn und Form 25 (1973), H. 1, S. 243. zurück

27 Helmut Fischbeck (Hg.): Literaturpolitik und Literaturkritik in der DDR. Eine Dokumentation (Texte u. Materialien zum Literaturunterricht) Frankfurt/M., Berlin, München (1979), S. 103. Ebd. Honecker-Zitat. zurück

28 Christa Wolf: Nachdenken über Christa T. (Sammlung Luchterhand 31) 18. Aufl. Darmstadt u. Neuwied 1982, S. 144, 109, 138, 117 (Auftritt im Kostüm des Fräuleins von Sternheim). zurück

29 Erich Honecker: Geistig-kulturelle Entwicklung gehört zur Hauptaufgabe. In: Sonntag. 1973. Nr. 23 vom 10. Juni. S. 3. zurück

30 Kurt Hager: Anspruch und Wirksamkeit der ideologischen Arbeit. In: Ebd. S.4. Die »Sphäre der Weltanschauung« wird erneut »zur Front der härtesten ideologischen Auseinandersetzungen« erklärt. zurück

31 Vgl. die Werkstatistiken in: Die Deutsche Bühne 1974-76, jeweils H.12. Die Statistik erfaßt für die Spielzeit 1974/75 633 Aufführungen an 27 Bühnen der BRD mit 253.021 Besuchern. zurück

32 Friedrich Luft: Vorsicht, transportunfähig! In: Die Welt. 10. Mai 1973. S.20. zurück

33 Günther Grack: Halb so schlimm, dieser Halbstarke. In: Tagesspiegel (Berlin/W) 10. Mai 1973. »Mixtur aus Herz und Schnauze«. zurück

34 Jörder: Ausgeflippt (s. Anm. 25). zurück

35 Sabine Schultze: »Die neuen Leiden« leichtgenommen. Plenzdorfs Werther Paraphrase nun auch im Nationaltheater Mannheim. In: Rhein-Neckar-Zeitung. 27. Sept. 1974. S. 2. Die »Aufmüpfigkeit« Edgars ist »zurückgenommen und auf eine spielerisch-sportliche Ebene gebracht«. zurück

36 Hartmut Schwenk: Zur Sache, Edgar. Plenzdorfs »Neue Leiden des jungen W.« auf der Esslinger Landesbühne. In: Stuttgarter Zeitung. 2. Okt. 1975. S. 34. zurück

37 Jutta W. Thomasius: Zirzensische Vogelschwärme und Mopedgeknatter. »Die Vögel« von Aristophanes und »Die neuen Leiden« von Plenzdorf hatten in Bad Hersfeld Premiere. In: Mannheimer Morgen. 21. Juli 1976. S. 26. zurück

38 Nicht Liebes-, sondern Leidensgeschichte. »Die neuen Leiden des jungen W.« von Ulrich Plenzdorf in einer Fernsehfassung. In: Süddeutsche Zeitung. 20. April 1976. S. 14. zurück

39 In Bildern gedacht. Plenzdorfs Stück »Der junge W.« als Fernsehfilm. In: Frankfurter Rundschau. 20. April 1976. Aus einem Interview mit Rupert Neudeck. zurück

40 Fernsehspiel. Die neuen Leiden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 22. April 1976. S. 24. zurück

41 In Bildern gedacht (s.Anm. 39). Vgl. Haben wir vor lauter Bluejeans die Probleme nicht gesehen? In: Bühne und Parkett. Jan. / Febr. 1976. S. 8-9. Plenzdorf, im Gespräch mit Walter Schmieding, bestätigt die Hoffnung, daß durch »die Transponierung in das ursprüngliche Medium des Films« der Stoff so »verfremdet« werden könne, daß die beabsichtigte Wirkung zustandekommt. zurück

42 Fernsehspiel. Die neuen Leiden (s. Anm. 40). zurück

43 Wie eine Entdeckung. In: Badische Zeitung. 22. April 1976. S. 18. zurück

44 Joachim Kaiser: Schwarzes Schaf mit gutem Kern. In: Süddeutsche Zeitung. 24. Sept. 1973. S. 10. zurück

45 Werner Gilles: Der Tod in der Laubenkolonie. Ulrich Plenzdorfs »Die neuen Leiden des jungen W.« im Mannheimer Nationaltheater. In: Mannheimer Morgen. 27. Sept. 1974. S. 46. zurück

46 Wolfram Schütte: Zu spät fällt die Figur dem Autor ins Wort. In: Frankfurter Rundschau. 12. Mai 1973. S. 11. zurück

47 Marcel Reich-Ranicki: Der Fänger im DDR-Roggen. Ulrich Plenzdorfs jedenfalls wichtiger Werther-Roman. In: Die Zeit. 4. Mai 1973. S. 27-28. zurück

48 Henning Rischbieter: Kommen uns denn diese Komödien bei? Über neue Stücke von Plenzdorf und Kroetz. In: Theater heute. Jg. 14. 1973. H. 6. S. 33, 36. Hier S. 33. zurück

49 Karena Niehoff: Gab ihm zu sagen, was er leidet? Ulrich Plenzdorfs »Die neuen Leiden des jungen W.« am Berliner Schloßparktheater. In: Süddeutsche Zeitung. 15. Mai 1973. zurück

50 Fritz J. Raddatz: Die neuen Leiden des jungen W. Das Debüt eines DDR-Autors. In: Süddeutsche Zeitung. 16./17. Sept. 1972. zurück

51 Girnus: Lachen über Wibeau, S. 1279. zurück

52 Hans Leyendecker: Leiden des jungen W. sind Leiden der Teens. Angriff auf Muckertum. In: Westfälische Rundschau, 28. Okt. 1974. »Der Ausreißer bleibt in seinem Staat.« zurück

53 Hilde Rubinstein: Sandpapier und Seide. In: Frankfurter Hefte. 30. Jg. 1975. H. 4. S. 145-47. Hier S. 147. zurück

54 Kuß von Charlie. In: Der Spiegel. 28. März 1973. S. 168-70. Hier S. 168. zurück

55 Michael Schneider: Die Leiden des jungen W. In: konkret. 28. Juni 1973. S. 46-47. Dazu Helmut Fischbeck (Ulrich Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. Zur Literaturproduktion und -rezeption in der DDR. In: Diskussion Deutsch. 1974. H. 8. S. 338-58. Hier S .354) über den bei Linken in der BRD verbreiteten Fehler, »Anzeichen von Individualismus in der Literatur der DDR als Preisgabe sozialistischer Positionen zu begreifen«. zurück

56 Raddatz: Plenzdorfs Flucht nach Innen, S. 1178, 1176. zurück

57 Jürgen Scharfschwerdt: Werther in der DDR. Bürgerliches Erbe zwischen sozialistischer Kulturpolitik und gesellschaftlicher Realität. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 22 (1978), S. 235-76. Hier S. 263-64. zurück

58 Götz Großklaus: West-östliches Unbehagen. Literarische Gesellschaftskritik in Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. und Peter Schneiders Lenz. In: Basis 5 (1975), S. 80-99, 233. Hier S. 92-93. zurück

59 Jakobs: Laudatio, S.20. zurück

60 Cases: Plenzdorfs entsublimierter Werther, S.129. Die Liebe wird sicher »entsublimiert« (S. 131), geht aber wirklich »die ganze Dialektik zwischen erotischer und sozialer Spannung verloren« (S. 142)? zurück

61 Weimann: Goethe in der Figurenperspektive, S. 227. zurück

62 Ebd. S. 225. zurück

63 Ebd. S. 232. Mit Bezug auf das Ende der Sinn-und-Form-Fassung konstatiert W. eine »Steigerung des geistigen und praktischen Ausdrucks« Edgars: »Sein Tod kennzeichnet nicht den erfüllten Endpunkt eines Schweigens wie bei Werther, sondern erfolgt (durch Unfall) auf dem Höhepunkt einer praktischen Tätigkeit, deren abgeschlossenes Resultat (die Erfindung) zugleich beides: das Auffinden seiner Fähigkeiten und das Zurückfinden in die Gesellschaft, bedeutet hätte.« (S. 232) Plenzdorf, ein mitunter überraschter Zuhörer der Akademie-Diskussion, hat dieser Deutung in der Buchfassung die Grundlage entzogen. zurück

64 Werner Neubert: Niete in Hosen - oder ...? In: Neue Deutsche Literatur. Jg. 21. 1973. H. 3. S. 130-35. Hier S. 135, 133. zurück

65 Girnus: Lachen über Wibeau, S. 1278. Die laufende Konfrontation mit Werther ist »ein notwendiges Element der ironischen Absetzung«(S. 1282). zurück

66 Ebd. S. 1279. zurück

67 Franz Peter Waiblinger: Zitierte Kritik. Zu den Werther-Zitaten in Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. In: Poetica 8 (1976), S. 71-88. Hier S. 74, 72. zurück

68 Scharfschwerdt: Werther in der DDR, S. 261. zurück

69 Brinker-Gabler: »Ich weiß nicht, ob mich einer versteht, Leute.«, S. 89. zurück

70 Ebd. S. 87. zurück

71 Für >Klassiker auf dem Klo< vgl. Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit, I. Akt, 29. Szene und IV. Akt, 29. Szene: »Abdruck von Klassiker-Zitaten auf Klosettpapier« als Ausdruck der »Entmenschung«. zurück

72 Großklaus: West-östliches Unbehagen, S. 89. zurück

73 Waiblinger: Zitierte Kritik, S. 86. Indem Plenzdorf »die Kritik hinter dem klassischen Text verschanzt, macht er sie unangreifbar« (S. 87). zurück

74 Heinz Klunker: Der W.-Effekt. In: neues hochland. Jg. 66. 1974. S. 451-65. Hier S. 455. zurück

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