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Tondokumente zu Schriften der Goethezeit

Johann Wolfgang von Goethe
»Ein Mann von funfzig Jahren«

Die Erzählung entstand als Teil von Goethes Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre“, der Fortsetzung von „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Dieser erste Meister-Roman gilt nicht nur als prägendes Modell für die Form des Bildungsromans, er wurde bei seinem Erscheinen von der jungen Schriftstellergeneration emphatisch aufgenommen. Insofern überrascht es nicht, dass Goethe noch vor Abschluss der „Lehrjahre“ über eine Fortsetzung nachdachte. Zur eigentlichen Arbeit daran kam er aber erst 1807. Im Juni dieses Jahres diktierte er den „Mann von funfzig Jahren“ in seiner ersten Fassung. Doch statt das ambitionierte Projekt einer Fortsetzung seines Bildungsromans, die gleichzeitig eine Novellensammlung darstellen sollte, fertig zu stellen, führte Goethe die „Wahlverwandtschaften“ als eigenständigen Roman aus. Der Wilhelm-Meister-Komplex geriet aber nie ganz in Vergessenheit. Denn einzelne Erzählungen, die in den Roman eingefügt werden sollen, entstanden sukzessive und wurden publiziert. So erschien die erste Fassung des „Manns von funfzig Jahren“ 1817 in Cottas Taschenbuch für Damen. Diese endet nach dem gemeinsamen Besuch Flavios und des Majors bei der Abendgesellschaft der schönen Witwe. So findet sie sich auch in der Erstfassung von „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ aus dem Jahr 1821. Schon 1820 entwarf Goethe den weiteren Fortgang, führte ihn jedoch erst 1826 als Schema aus und schloss im Frühjahr 1827 die Erzählung ab. In dieser Form wurde sie als Teil der erweiterten, zweiten Fassung von „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ 1829 publiziert.

Dort fungiert die heiter-humorvolle Gesichte nicht nur als Handlungsmodell für die Romanfiguren, sondern lässt sich als versöhnlicher Gegenentwurf zur Tragik der „Wahlverwandtschaften“ lesen.

Vier Figuren, zwei jüngere und zwei ältere, zwei Männer und zwei Frauen, verstricken sich in einer Liebe über Kreuz – jedoch zeigt schon die heiter-gelassene Erzählweise, dass sich dieser Knoten lösen wird. Einerseits erkennt der Major, eben jener Mann von funfzig Jahren, dass sich seine Jugend nicht verlängern lässt, so dass er nicht nur seinen „Verjüngungsdiener“ dem „theatralischen Freund“ zurücksenden, sondern auch die junge Hilarie von ihrem Eheversprechen entlassen kann. Andererseits lernt der junge Hitzkopf Flavio Mäßigung und die kokette schöne Witwe erfährt die Gefahren, die in ihrem manipulativen Verhalten liegen. Dabei moralisiert die Geschichte nicht, sondern zeigt auf unterhaltsame Weise, dass nicht nur die Jugend lernen muss, sich im Leben zurecht zu finden, auch im Älterwerden lauern noch Gefahren. Dass der Charme dieser Erzählung auch andere Künstler zu inspirieren vermochte, beweist nicht zuletzt die von Max Liebermann illustrierte Ausgabe von 1922. 

Elisabeth Böhm

 

 

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Die Lesung wurde bei Küß mich Musikproduktion in Berlin mit Tonmeister Martin Freitag im Januar 2007 aufgenommen und produziert.

Die Doppel-CD mit der gesamten Lesung und einer PDF mit dem ungekürzten Text, Worterklärungen und einer Biographie des Autors ist beim Hamburger HörGut! Verlag erhältlich.

Als Hörbücher werden die Einspielungen vom Hamburger HörGut! Verlag in den Katalog aufgenommen und vertrieben, im Goethezeitportal können sie als Livestream gehört werden. Die Texte stehen ungekürzt als PDF-Dateien auf den Hörbüchern zur Verfügung, Worterklärungen und ein einführender Kommentar erleichtern das Verständnis. Als besonderen Bonus hat Hans-Jürgen Schatz Briefe und Äußerungen Goethes eingelesen, die dessen Hintergedanken erkennbar werden lassen.

Der HörGut! Verlag wurde vor zweieinhalb Jahren mit dem Ziel gegründet, zuverlässige und ungekürzte Klassikerlesungen für Schule und Universität zu günstigen Preisen zur Verfügung zu stellen. Mit ihm hat das Goethezeitportal den optimalen Partner gefunden, um die Goethe-Lesungen von Hans-Jürgen Schatz zu vermarkten.

 

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