goethe


Timo John

Adam Friedrich Oeser 1717-1799
Studie über einen Künstler der Empfindsamkeit

XI. Oeser und die religiöse Malerei

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Abb. 23
Adam Friedrich Oeser: Lasset die Kindlein zu mir kommen
1788/89, Öl auf Leinwand, Chor der Nikolaikirche, Leipzig

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Oeser wurde bereits früh mit der Krise der Allegorie in der zweiten Hälfte des 18. Jahr­hun­derts konfrontiert. Als Künstler stand er zwischen eigenem Fortschrittsglauben, klassizisti­scher Antikentheorie und neu entstandenem bürgerlichen Publikums­geschmack, der sich in einer neuartigen Rezeptionsweise der Kunst ausdrückte. Die Forderung nach „Empfindung“ konnte die mythologische Allegorie nicht mehr einlösen. Oeser versuchte sich selbst über das „natürliche Zeichen“ von einem überkommenen Formenkanon zu emanzi­pieren und begab sich dabei in die Gefahr der Fehlinterpretation seitens des Publikums. 1781 malte Oeser für das Leipziger Gewand­haus seine letzten allegorischen Deckengemälde. Ab 1785 arbeitete er an seinem Alters­werk, den Ausmalungen der Nikolaikirche. In seinen Bildthemen orientierte er sich am Leben Christi.[1] Die so verlaufende Entwicklung am Bei­spiel des Künstlers Oeser beschreibt Werner Busch als typischen Prozeß der Krise der Kunst im 18. Jahrhundert. Bei Oeser tritt nun an Stelle des antiken „klassischen Helden“ der „christliche Held“.[2]

Vor dem Hintergrund der Gefühls- und Rührungsästhetik der Empfindsamkeit ist es gerade am Beispiel der religiösen Malerei Oesers interessant, nach den kulturgeschichtlichen Ursachen zu fragen, die diese Art von Malerei im Zeitalter des „Griechenkultes“ hervorgebracht haben. Zumal sich Winckelmann in seinen „Gedanken über die Nachahmung...“, aus­schließlich für die antike, allegorisch mythologische Malerei ausspricht und Darstellungen aus der Heiligengeschichte ablehnt.[3] Im folgenden Kapitel soll der Versuch unternommen werden zu klären, aus welchen theologischen Strömungen heraus die zahlreichen reli­giösen Bildthemen von Oeser entstanden. Das Bedürfnis nach einer religiösen Malerei kommt in den zahlreichen Einzelaufträgen Leipziger Bürger zum Ausdruck. Künstlerisches Zeugnis des allgemeinen Wandels von der vernunftbestimmten hin zur emotional ausgerichteten Religion sind die Ausmalungen der Nikolaikirche, die den Höhepunkt einer empfindsam-religiösen Malerei darstellen und bereits auf die protestantische Malerei der Nazarener des 19. Jahrhunderts verweisen. Diesen Prozeß gilt es im folgenden Abschnitt aufzuzeigen.

 

 

 

1.    Vom vernunfts- zum emotionsbestimmten Glauben

Das Christentum im allgemeinen und die Kirche im besonderen befanden sich in der zwei­ten Hälfte des 18. Jahrhunderts in einer tiefen Krise. Der Leipziger Superintendent der Nikolaikirche und Professor der Theologie Johann Georg Rosenmüller (1736-1815) klagte darüber:

„Es kann doch unmöglich geleugnet werden, daß die Geringschätzung des Christenthums, des öffentlichen Gottesdienstes und des heiligen Abend­mahls sich in unsern Zeiten mehr als jemals verbreitet hat, [...].[4]

Mit der Begründung der Aufklärungstheologie von Wolff und Leibniz, mußten sich die Reli­gion, die Kirche und die Geistlichkeit nach den Regeln der Vernunft auf ihre Glaub­würdigkeit hinterfragen lassen.[5] Die verbindliche Orthodoxie der Kirche, die sich in Ritualen und schwerverständlichen Wunderglauben erschöpfte, verlor mehr und mehr an Bedeutung. Die tendenzielle „Antikirchlichkeit“ führte allerdings nicht zu einer „Irreligiosität“[6], vielmehr waren nun praktische Anschauung für eine tugendhafte und sittliche Lebensführung gefragt. Der dann einsetzende Emanzipationsprozess von der Kir­che, der mit den beiden theologischen Strömungen dem Pietismus und der Neologie seinen Lauf nahm, richtete sich besonders gegen das Luthertum. Der Bruch mit der Kirche wurde überwiegend von der bürgerlichen gebildeten Mittelkasse vollzogen,[7] wobei ein Großteil eine Art „Ersatzreligion“ „in dem Kultus der Schönheit und des Altertums“ fand.[8]

Zu der vorherrschenden reinen Vernunftreligion der Aufklärung kam zusätzlich zum Ver­stand nun das Gemüt und ein verstärktes moralisches Bewußtsein. Diese neue Ausrichtung wurde in erster Linie durch die Popularphilosophen[9] und Dichter des 18. Jahrhunderts gefördert. Der Dichter Gottsched empfahl neben der Lektüre der Philosophen Leibniz und Wolff zusätzlich das Studium der deutschen Literatur, was zu „einer schön­geistigen und religiösen Kultur“ führen sollte.[10] Der Gefühlswandel der zweiten Hälfte des Jahrhunderts traf gleichermaßen für die Dichtung, das ästhetische Empfinden, die Fröm­migkeit und die Kirche zu.[11] Ausgelöst wurde der Umschwung durch die weitverbreitete Literatur Gellerts, Klopstocks und Lessings,[12] die unter anderen als die Protagonisten der Aufklärung und der Empfindsamkeit gelten.[13] Klopstock hatte wie kein anderer mit seinen Oden und der religiösen Freiheitsdichtung, dem „Messias“ (1773), die ästhetisch empfin­dende Generation in Deutschland angesprochen. Während Lessing von einem „seligen Fühlen“[14] spricht, sucht der empfindsame Dichter und Philosoph Gellert sittlich-christ­liche Bekehrung durch die Verbindung aus Vernunft und Gefühl zu erreichen. In seinem damals weitverbreiteten Sittlichkeitsroman „Die Schwedische Gräfin von G.“ läßt Gellert die Gräfin sagen:

„Ich glaube gewiß, daß die Religion, wenn sie uns vernünftig und gründlich beigebracht wird, unsern Verstand ebenso vortrefflich ergänzen kann, als sie unser Herz bessert.“ [15]

Die Dichter wollten die Aufgabe der Theologen fortführen, indem sie die Religion immer mehr in den Mittelpunkt ihres Schaffens stellten.[16] Aus der religiösen Poesie wird im Laufe der Zeit eine protestantische Gefühlsreligion. Das Zusammenspiel der Verstandes­orientierung mit subjektivem Empfindungen wurde von den damaligen aufklärerischen Kirchenreformern wie z.B. dem Theologen Johann Joachim Spalding (1714-1804) sanktioniert. In seiner zwi­schen 1761-1791 sechsfach aufgelegten Abhandlung „Über den Werth der Gefühle in dem Christenthum“ prägt er den Begriff der „aufgeklärten Empfindung“.[17] Für Spalding defi­niert sich sein Religionsverständnis aus einem „natürlichen gesunden Verstand“ in Verbin­dung mit einem „gutgesinnten christlichen Herz“.[18] Der in dieser Zeit auftretende prote­stantische Pietismus,[19] als eine rein gefühlsbetonte religiöse Form der Empfindsamkeit,[20] in der Form eines werktätigen Christentums, verdrängt die streng rationalistisch ausgerichtete Theologie. Der Übergang vom Rationalismus zur emotional bestimmten Frömmigkeit wird im theologischen Sprachgebrauch als Neologie bezeichnet.[21] Hauptvertreter dieser neuen theologischen Strömung war neben Johann Joachim Spalding, der Berliner Theologe Friedrich Wilhelm Sack (1703-1786), wie der Braunschweiger Prediger und Oeserfreund Abt Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem (1709-1789) (vgl. Abb. 16).[22]

Die „neue Lehre“ war eine vorwiegend vom protestantischen Bürgertum getragene mitt­lere Phase der Aufklärungstheologie, sie beginnt zeitgleich mit der Empfindsamkeit um 1740 und reicht bis in die 90er Jahre des Jahrhunderts.[23] Inhaltlich war sie in erster Linie dogmenkritisch und lehnte die strenge Orthodoxie der Kirche ab. Ihre Funktion war in erster Linie auf Erziehung des Menschen gerichtet, wobei die Förderung des Toleranz­gedanken oberstes Primat war.[24] Durch die „Neologen“ wurde eine neue christuszentrierte Richtung in der Religion ausgelöst. Das Leben und die Lehre Christi rückten fortan in den Mittelpunkt der „neuen“ Theologie.[25] Der Leipziger Theologe Samuel Friedrich Nathale Morus (1736-1792), der sich zur Heterodoxie bekannte[26], fordert 1789:

„Wir müssen unsere Handlungen der von Christus dargestellten Norm anpas­sen, in Hinsicht dessen, was geschehen soll, wie in Begriff der Gründe, aus de­nen und der Art, nach der es geschehen soll. Wir sollen bey unsern Hoffnungen in unserm ganzen Leben und auch im Tod auf ihn hinsehen.[27]

Der Christusglaube wird nun zum Glauben an die Tugend. Die Verbindung aus Emotion, Vernunft und Sittenlehre führt der Erlanger Theologe Georg Friedrich Seiler (1733-1807) in seiner Schrift von der „Religion nach Vernunft und Bibel und ihrer Harmonie“ folgendermaßen aus:

„Die Vernunftreligion und die damit verbundene Sittenlehre sind das Mittel jeder wahren Aufklärung und sittlichen Vervollkommnung. Erst Christus aber hat die Wahrheiten der Vernunftreligion rein und lauter vorgetragen, das Sittengesetz, die Unsterblichkeit gelehrt; folglich ist es durch die Vernunftre­ligion gewiß, daß Gott Jesum zur Mittlersperson gebraucht hat, um das menschliche Geschlecht nach und nach aufgeklärter, tugendhafter und glück­seliger zu machen. Da nun Gott zur Ausführung dieser hohen Absicht sich nothwendig eines Lehrers der Wahrheit bedient haben muß, so ist Jesus für einen solchen zu erkennen, es ist seinen Aussprüchen zu glauben und die von ihm veranstaltete Menschenverbesserung für ein Werk Gottes (d.h. ein über­natürliches, wunderbares Werk) zu halten.[28]

Für den Magdeburger Theologen Küster steht die „Empfindung“ des Menschen als mora­lisch-ethische Größe im Mittelpunkt seines „Sittlichen Erziehungs-Lexicons...“. Er sieht in den Lehren Christi ein Hinlenken zu einem empfindsamen Handeln und Denken:

„Die Lehre und der Wandel unsers anbetungswürdigen Heilandes, ist eben deshalb für einen jeden denkenden und fühlbaren Menschen, so annehmungs­würdig, weil sie uns nicht nur den sichern Weg zeiget, auf welchem wir edel empfindsame Erdbewohner werden können; sondern weil sie uns auch die reitzenden Belohnungen zeiget, mit welchen der empfindsame Gott und Hei­land, diejenigen Erdbewohner bekrönen wird, die aus gottseligen Beweg­gründen edel empfindsam gedacht und gehandelt haben.“[29]

 

2.    Oesers aufgeklärtes Religionsverständnis

Wie sehr Oeser den religiösen Erneuerungsbestrebungen der Neologie für sein eigenes Reli­gionsverständnis aufgeschlossen war, belegt 1778 eine Reise mit seiner Gönnerin aus Weimar, der Her­zogin Anna Amalia, in deren Heimatstadt Braunschweig. Dort traf er mit zwei der bedeutendsten Vertreter dieser Neuerungsbewegung, dem bereits erwähnten Abt Jeru­salem und dem Theologen Carl Christian Gärtner (1712-1791) zusammen. Über die Begeg­nung mit den beiden Theologen schreibt Oeser an seine Tochter:

[...] du kannst nicht glauben, was ich für Wohllust fühlte in Gesellschaft zweier so edelen Seelen zu sein, die Brust erweitert sich, und der Kopf denkt ganz frei, ich habe niemals die wahre Religion so viel gefühlt als unter diesen recht­schaffenen Männern.“[30]

Die Briefstelle belegt ein für die Zeit typisches subjektives Religionsempfinden.[31] Wenn Oeser die neue Religion mit „Wohllust“ in sich aufnahm und ihm sich dabei „die Brust erweitert“, war es letztendlich der Glaube an Jesus Christus, der in ihm ein erhabenes Gefühl erweckte. Wenn hier die Rede von einer „wahren Religion“ ist, deutet dies auf ein ein­deutiges Bekenntnis gegenüber der „Neologie“ hin. Die Neologen sahen im Christentum eine verbindliche Zusage zur „Glückseligkeit“. Über die Tugend führte für sie der Weg zum Glück, und Religion und Tugend wurden eins.[32] Ähnliche Anschauungen lassen sich auch in den moralphilosophischen Aufzeichnungen Oesers finden. Oeser schreibt hier über die Tugend:

„In Tugend ist unsre gegenwärtige Ruhe und unser künftiges Kleinod. In der Tugend besteht des Menschen unabhängiges und angebohrnes Vergnügen, welches er nach seinem Willen noch stets vermehren kann; ihr Besitz ist sicher; ihre Einkünfte sind göttlich.“[33]

Für Oeser sind die Sinne und die Vernunft göttlich,[34] aus ihrer Einheit entspringt dabei die Tugend, die zur Unsterblichkeit führt.[35] In gleicher Weise betont er auch die vom Pietismus geforderte subjektive Emotionalität:

„Alles Vergnügen entspringt aus einem reinen Geiste; und aus einem ruhigen Hertzen unsre ganze Ruhe. [...] so labe dich mit starken Zügen; je mehr du alsdann aus dem Becher des Vergnügens trinkst, desto göttlicher wirst du; Engel sind Engel, weil sie sich droben dem Vergnügen überlassen, die unbe­reute Wollust macht einen Gott.“

Oeser, ein Mensch der Aufklärung, begrüßte jedes Streben nach religiöser Toleranz. Hier­von zeugt ein Brief an seine Stiefschwester, in seine ungarische Heimatstadt Pressburg. Er schreibt:

„Zu dem bevorstehendem Kirchweihfest wünsche ich euch allen Segen des Himmels, und freuet euch recht satt in dem Herren, danket Gott und unserem weisen Kaiser, der den Gott, den er nach seiner Art anbetet auch euch nach eurer Weiße anbeten läßt. Um aber daß du diese seltene Freude durch etwas kenntlich machest, so übersende ich dir ein Gemälde [...]“.[36]

Oeser, selbst Protestant, spricht hier von dem österreichischen Kaiser Josef II. (1765-1790) und bezieht sich auf die theresianisch-josephinischen Reformen, die in zahlreichen Toleranz­edikten den Protestanten, Juden und Griechisch-Orthodoxen die gleichen Rechte zubilligten wie den Katholiken.[37] Oeser nahm dies zum Anlaß, als Dank für die Liberalität des Kaisers ein Altarblatt für die neuerbaute protestantische Kirche in Preßburg zu malen. Das Bild stellt die „Christus und die Jünger zu Emmaus“ dar (Abb. 77).[38] Oesers Religionsverständnis war nicht gebunden an irgendwelche Orthodoxien, sondern er verstand Religion in erster Linie als eine vernunftbestimmte „Tugendreligion“, wobei Verständnis gegenüber anderen Glaubensbekenntnissen oberstes Gebot war. Somit konnte er sich leicht über konfessionelle Schranken hinwegsetzen, wie die beiden Altar­bilder „Das heilige Abendmahl“ und „Die Hochzeit zu Kanaan“ belegen, die er für die Kapelle der katholischen Gemeinde in Leipzig in der Pleißenburg malte (Abb. 78, 79).[39]

 

 

 

3.    Oeser und Klopstock contra Winckelmann

Bislang wurden die religiösen Strömungen gezeigt, die zu einer Neubestimmung religiösen Verhaltens und Empfindens geführt haben. Diese Entwicklung war auch auf die religiöse Kunst nicht ohne Folgen. Selbst der Pietismus, der sonst eher kritisch der ästhetischen Kunst gegenüber stand, bemächtigte sich ihrer, sobald sie der eigenen emotionalen Fröm­migkeit nützlich war.[40] In diesem Zusammenhang sind die Texte von Klopstock „Von dem Rang der schönen Künste und der schönen Wissenschaften“ (1758),[41] „Eine Verurteilung“ (1760)[42] und die Schrift „Urtheile über die poetische Composition einiger Gemälde[43] von Interesse, die bisher in der Kunstgeschichte wenig berücksichtigt wurden. Besondere Bedeutung kommt dem Text „Eine Verurteilung“ zu, in dem Klopstock bereits fünf Jahre nach dem Erscheinen von Winckelmanns „Gedanken...“ heftige Kritik an dessen „Griechenkult“ übte. Klopstock war einer der ersten, der sich aus einer patriotischen Gesinnung heraus für die christliche religiöse Malerei aussprach und somit eindeutig eine Gegenposition zu Winckelmann einnahm.[44] Die Kritik richtete sich gegen mythologisch allegorische Darstellungen,[45] die somit auf die allgemeine Problematik und Allegoriedebatte der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hindeutet. Die „Kopiererei“ Winckelmanns lehnte er ab,[46] eine Orientierung an den Griechen hielt er gleichwohl für zulässig. Bedingung dabei aber war, sich „Schöpferisch innerhalb der eigenen, anderen Welt und Wirklichkeit“ zu orientieren.[47] In gleicher Weise wie Klopstock vertrat Oeser seine Position gegenüber der Antike. Als Künstler wollte er sich zwar die Antike zum Vorbild nehmen, lehnte aber das reine Reproduzieren ab.[48] Gleichzeitig sprach er sich auch dafür aus, daß die aktuellen Zeitumstände berücksichtigt werden müßten, und eine zeitgemäße künstle­rische Sprache gesprochen werden muß, um für den Kunstbetrachter verständlich zu sein, was die Themen aus der Antike, wie gezeigt, oft nicht mehr einlösten.[49] Es gibt offensicht­liche Parallelen zwischen den Kunstanschauungen Klopstocks und Oesers, die miteinander befreundet waren. Oeser schloß sich wohl auch aus seiner eigenen patrio­tischen Gesinnung heraus den Gedanken Klopstocks an. Aus dieser Haltung konnte er die Schönheit von Klopstocks „Messias“ als ein Werk eines deutschen Dichters ohne weiteres gebührend anerkennen.[50]

Klopstocks Religionsauffassung versteht sich als christuszentrierte „Glücksreligion“, die durch seine Betonung der Emotionalität deutliche Bezüge zum Pietismus aufweist. Gerade diese Gefühlswelt Klopstocks wurde auch von der Neologie aufgenommen und begrüßt.[51] Obwohl Klopstock der Dichtung und der Musik einen höheren Wert für die moralische Erbauung beimißt als der bildenden Kunst im allgemeinen,[52] sieht er dennoch in der religiösen Kunst einen Wert um „die erhabenere Tugend der Religion dem Menschen liebenswürdig vorzu­stellen“.[53] Für ihn besteht der Nutzen der religiösen Kunst darin Herzensempfindung anzu­sprechen[54]. Aus diesem Grund war es für ihn auch legitim, Kirchengebäude mit religiöser Malerei auszustatten, denn:

„Die Bildhauerkunst und die Malerei reizen die Andacht durch die Bilder, die sie aus der heiligen Geschichte nehmen und damit die vornehmsten Meister­stücke der Baukunst ausschmücken.[55]

 

4.    Oesers rembrandtteske religiöse Malerei

Klopstock konnte Rembrandts religiöser Malerei die höchsten Empfindungen abgewin­nen.[56] Es fällt dabei auf, daß gerade die religiösen Tafelbilder, die Oeser als Einzelaufträge für Bürger Leipzigs anfertigte, sich vornehmlich an der Rembrandtschule orientierten. Obwohl er selbst für Rembrandt keine übermäßigen Sympathien hegte, beugte Oeser sich hier offenbar dem bürgerlichen Zeitgeschmack, wie aus einem Brief an Hagedorn zu entnehmen ist: „Nun kenne ich aber keinen guten Meister, dessen Geschmack so geliebt wird, als Rembrandt.[57] Einer der bedeutendsten Befürworter der Niederländischen und besonders der Malerei Rembrandts war Hagedorn,[58] der somit auch zur Anerkennung des rem­brandttesken Malstils in bürgerlichen Kreisen beitrug. In Leipzig wurde Oeser wegen seiner Rembrandtnachahmungen sehr geschätzt. Der Leipziger Ratsherr Carl Ludwig Stieglitz (1727-1787), der selber Radierungen nach Zeichnungen niederländischer Künstler schuf, bezeichnet Oeser als einen der „von unser bester Künstler Ruf ist, und in der Rembrandt Radierung seines­gleichen nicht hat“ [59]

Oesers Rembrandtnachahmungen zeichnen sich durch einen für die Zeit typischen flüchtigen und unscharfen Stil aus. Nicht die hohe Gedankenkunst eines Winckelmanns sollte hier vor­gestellt werden, sondern „Empfindungswerte“ durch die „Magie des Helldunkels“.[60] Allen der hier gezeigten drei Tafelbilder „Christus heilt die Kranken“ (Abb. 80)[61], „Saul bei der Hexe von Endor“ (Abb. 81)[62] und dem Tragealtar „Die Hochzeit von Kanaan“ (Abb. 82) [63] dürften Arbeiten von Rembrandt als Vorbild gedient haben. Oeser verzichtete auf dramatische Figurenkomposition, gerade das „Wundersame“ konnte durch die rem­brandtteske Helldunkeleffekte deutlich angezeigt werden, die so das Gefühl des Betrachters ansprechen sollten.[64] Ebenso sind die beiden nach Niederländern kopierten Radierungen Oesers „Die Beschneidung Christi“[65] (Abb. 83) und „Die Darbringung Christi im Tempel“ (Abb. 84).[66] angelegt. Durch das einfache Maschennetz und die lockere Schraffur, „das leichte skizzenartige Hinwerfen der Einzelheiten“,[67] das seinen Radierstil in den rem­brandttesken Blättern kennzeichnet, vermittelt er eine verschleierte Raumtiefe. Die Blätter zeigen, daß Oeser auch in der Graphik das von Hagedorn geforderte „Sfumato“ zu erzielen versuchte.[68]

 

 

5.    Die Nikolaikirche in Leipzig

Die religiösen Ausmalungen in der Nikolaikirche Leipzigs waren Oesers umfangreichstes Werk. Die Malereien wie die gesamte Neugestaltung spiegeln die zuvor ausführlich besprochene Problematik der Neuerungsbestrebungen in der Theologie und der Kirche wider. Die Umgestaltung der Nikolaikirche, die „in der Bürgerschaft als Hauptkirche“ [69] galt, geschah demzufolge nicht nur der Erneuerung der veralteten gotischen und barocken Innen­ausstattung wegen, sondern gleichzeitig wollte das selbstbewußte Leipziger Bürgertum dem Geist der Aufklärung[70] und dem neuen religiösen Empfinden und Glaubensbekenntnis sei­nen Ausdruck verleihen.[71] Eine Besonderheit ist darin zu sehen, daß die Kirche in ihrer Funktion als Auftraggeber in den Hintergrund tritt und die Umgestaltung als eine rein „bürgerliches“ Projekt bezeichnet werden kann, das vom damaligen Bürgermeister Dr. Carl Wilhelm Müller gezielt vorangetrieben wurde.[72] So verwundert es wenig, daß ein Teil der konservativen protestantischen Leipziger Geistlichkeit durch die künstlerische Innenausstattung die Würde des Sakralbaus gestört sah und die Kirche als „Ein schönes Schauspielhaus !“ bezeichnete. Bürgermeister Müller, der gleichzeitig auch Kirchenvor­steher war, soll darauf geantwortet haben „nur schade, daß die Acteurs nicht besser sind“[73] und damit auf die tiefe Krise, in der sich die Geistlichkeit und der Klerus befanden, anspielte.[74]

Als theoretische Grundlage für die architektonische Umgestaltung diente das Buch des fran­zösischen Architekturtheoretikers, dem Jesuiten und Abt Marc-Antoine Laugier (1713-1769) „Observation sur l´architecture“ (1765)[75]. Oeser regte dazu die Über­setzung ins Deutsche an.[76] Die drei maßgeblich für die Umgestaltung der Kirche verantwortlichen Personen waren neben Bürgermeister Müller, der Architekt und Akademie­lehrer Johann Fried­rich Carl Dauthe (1749-1816) und der Leipziger Ratsherr und Architekturtheoretiker Christian Ludwig Stieglitz (1749-1836).[77] Oeser wurden „schätzbare Kenntnisse von der Baukunst“ attestiert,[78] was zur Folge hatte, daß er häufig „bei neuen Bauten und Verände­rungen um Rat gefragt wurde“.[79] Dies traf mit Sicherheit auch während der Umgestaltung der Nikolaikirche zu. In erster Linie aber war Oeser für die Deckengemälde und die in die Wandarchitektur eingepaßten Leinwandbilder verantwortlich, die als Teil der Raumausstat­tung ein ikonographisches Gesamtprogramm darstellen.[80] Von den ursprünglich ca. 30 Bildern sind heute noch 27 erhalten.[81] Den Arbeiten lagen die „Evangelien“ des neuen Testaments mit Themen aus dem Leben Christi zugrunde. Der Nikolaikirchenzyklus spie­gelt die Grundzüge der Herderschen Reformpredigten wider, die Überirdisches - Irdisches, Wunderbares - Natürliches und Offenbarung und Vernunft als Einheitliches Gebilde ver­mittelt sollten.[82]

Aus der Orientierung an der Bibel und dem Neuen Testament lassen sich Verbin­dungen zur Neologie und Klopstock aufzeigen. Für den Dichter war die Bibel das „Urbild“, „die ewige Quelle unseres Heils“ und „das vollkommenste Muster des erha­benen und wahrhaften göttlichen Ausdrucks“.[83]  Ebenso enthusiastische Empfindungen hegte Oeser für die Bibel als eine für die Ewigkeit angelegte Offenbarung Gottes:

„Lies und verwahre jenes heilige Buch; ein Buch, wo die Unsterblichkeit in vollem Glantze stralt, ein Buch, welches die ganze Schöpfung nicht hervor­bringen konnte, welches die letze Flamme nicht vertilgen soll. Nein; in den Trümmern der Natur wird kein einziger Buchstabe dorten verlohren gehen; es steht mit ewiger Schrift in Götterherzen eingegraben.“[84]

 

 

-      Ausstattung der Nikolaikirche

Ausgestaltet wurde von Oeser der Eingangsbereich und der gegenüberliegende Chor der Kirche. In der Eingangshalle befindet sich über dem Eingang in Grisaillemalerei ein „Engel mit einer Schrifttafel“. Die Tafel trägt die Inschrift des Psalms 43, 3 „Sende Gott Dein Licht und Deine Wahrheit, daß Sie uns leiten“. In der Kuppel befindet sich ein „Schwebender Engel in Verehrung einer Glorie“ (Abb. 85). Links und rechts der Eingangs­halle liegen zwei kleine achteckige Hallen, eine für die Taufhandlung, die andere für die Taufzeugen. Die Kuppeln sind jeweils mit fünf Bildern schwebender Engel ausgemalt. In der Taufhalle bringt Oeser „Die Taufe Christi“[85] (Abb. 86), in die Halle für die Taufzeugen eine „Heilige Nacht“[86] (Abb. 87) an. Die drei Kuppelsäle bilden den Vor­raum zum eigentlichen Kirchen­saal. Oeser verfolgt hier ein theologisches Programm, denn erst durch die Taufe wird eine Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der Gläubigen erlangt. Der sich anschließende Gemein­schaftsaal der Gläubigen ist ohne jede bildkünstlerische Ausgestaltung. Erst die dem Chor­raum vorgelagerte Kanzel wird wieder von Oeser gestaltet, der Kanzeldeckel ist mit einem „Engel in Verehrung des Gottesnamens“ (Abb. 88) ausgemalt. Das bedeutende Hauptwerk Oesers ist der „Christuszyklus“ des Chores. An der rechten Chorwand befinden sich The­men, die Christus als Tugendlehrer zeigen „Der Zinsgroschen“[87] (Abb. 89), „Jesus und die Samariterin am Brunnen[88] (Abb. 90), (darüber eine Allegorie der „Christlichen Hoffnung“ en grisaille) und „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ [89] (Abb. 91) An der linken Chorwand befinden sich die Bildthemen „Christus und das Kanaanäische Weib“[90], (Abb. 92), „Die Blinden­heilung“[91], (Abb. 93) (darüber eine Allegorie der „Christlichen Liebe“ en grisaille) und „Der Hauptmann von Capernaum“[92] (Abb. 94). Alle drei Bilder stellen Christus als wunder­tätigen Gottessohn dar. Für den Hauptaltar am Ende des Chores wählte Oeser die „Auferstehung Christi“[93] (Abb. 95). Darüber befindet sich eine Allegorie „Der Religio mit dem neuen Testament“ und ein „Friedensengel“ (Abb. 96).[94]

 

-      Die Deutung von Oesers Programm

Den auf Vernunft ausgerichteten Bildern, die Jesus im Chor als christlichen Tugend­lehrer zeigen, werden drei Bilder, die Christus als Wunderheiler darstellen, gegenüber­gestellt. Die „Wunderbilder“ stehen als ein typisches Zeichen für den Irrationalismus, den das letzte Viertel des 18. Jahrhunderts bewußt hervorbrachte, um den immer noch vielfach vorhandenen allzu strengen Rationalismus zu untergraben.[95]

Die Vorstellung der tugendhaften Lehren Jesus kulminieren in dem Altarbild der „Auferstehung“. Das Altarblatt faßt die Tugenden Christi, den Glauben aus der Vernunft mit der darüber befindlichen Allegorie der „Religio“ zu der rationalistischen theologischen Formel „Religion und Tugend führen zu Unsterblichkeit der Seele“ zusammen. So werden in programmatischer Weise die theologischen Strömungen der Zeit aus christus­zentriertem Vernunftglauben und Moral miteinander verbunden. Der Triumph über die Überwindung des Todes wird durch den „Friedensengel mit einem Palmzweig“ und den Palmen, die als Motiv des Sieges, die aus den Säulen im Gemeindesaal herauswachsen, noch ein weiteres Mal betont. Den „geistigen Schlußstein“[96] bildet der Friedensengel, der den „Friede mit Gott“ darstellt.[97] Das Auferstehungsmotiv der mensch­lichen Seele stellte Oeser bereits in der Eingangshalle als „Schwebender Engel in Verehrung einer Glorie“ dar (vgl. Abb. 85). Die in den Himmel auffahrende Seele und die „Auferstehung Christi“ liegen sich in der Längsachse der Kirche gegenüber. Beide Themen bezeichnen jeweils einen Endpunkt des Langhauses, gleichzeitig auch den Endpunkt eines jeden christlichen Lebens, nämlich den Übergang vom irdischen zum ewigen Leben in himmlischen Gefilden.

Auf den meisten Gemälden Oesers in der Nikolaikirche taucht das Engelmotiv als Thema auf. Die Engeldarstellugen als bloßen „Rokoko-Scherz[98] abzutun, wird dem optischen Empfinden der Oeser-Zeit nicht gerecht. In der Tat haben die Darstellungen von geflügelten Kinderköpfen und Jünglingen in der Nikolaikirche bei Oeser etwas rokokohaftes. Es war gerade Klopstock, der sich vehement für die Darstellung von „Engeln“ einsetzte. Für ihn waren sie, wie wahr­scheinlich auch für Oeser, nicht irgendwelche Genremotive oder Allegorien, sondern real geglaubte himmlische Wesen.[99]

  

 

-      Das Auferstehungsbild in der Nikolaikirche

Die den Verstand ansprechende Vernunftlehre Christi auf der einen und die auf Emotion gerichtete Wundertätigkeit Jesus´ auf der anderen Seite gipfeln in dem Motiv der „Auferstehung“ des Altarbildes. Das Thema war zu dieser Zeit sehr beliebt. So fertigte Oeser noch vor Beendigung der Arbeiten in der Nikolaikirche bereits 1792 eine Kopie des Blattes für die Kirche St. Jakobi in Chemnitz an (Abb. 97).[100]

Durch Lessings Auseinandersetzung mit der Auferstehungsthematik wird in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erstmals wieder die Bedeutung des „Ostererlebnisses“ erkannt und thematisiert.[101] Bereits Klopstock hatte zahlreiche Dichtungen und Oden über die Auf­erstehung geschrieben und vertont.[102] Gerade Oesers Verbindung mit Lessing[103] und die Freundschaft mit Klopstock, lassen es als für wahrscheinlich erachten, daß er sich an deren theologischen Schriften und Dichtungen bewußt orientierte. In der Darstellung der Aufer­stehung und das Auffahren in den geöffneten Himmel vermittelt Oeser fast analog zu Klopstocks Dichtung, dessen erhabenen dichterischen Schwung und Pathos :

„Zu Gott schwingt sich der Sohn empor;        
Mittler, Vollender, Gott,           
Heiligster, welchen Tod           
Starbst du auf Golgatha !        
Du siegst. Halleluja !   
Halleluja, Halleluja !
[...]           

Thut weit des Himmel Pforten auf!     
Der Sieger schwingt zum Thron sich auf       
Erhöht, erhöhet Salems Thor!
Der Ueberwinder steigt empor
: [...]“[104]

Bei der Ausführung des Altarblattes ist zu beobachten, daß Oeser auf den sonst typischen Kreuzesgestus verzichtet. Christus ist nicht mehr „Schmerzensmann“, der seine Wundmale zeigt. Christus verbildlicht als „Allegorie der Tugend und der Vernunft“ ein Motiv, das als der Grundgedanke der „Tugendreligion“ bezeichnet werden kann. Oeser beschreibt dies wie folgt:

„Von reinen Sitten zu reinem höhern Glauben aufsteigen, das ist der unver­meidliche Schwung der Natur, der Glaube ist nicht die Arbeit, sondern die Ruhe der Vernunft.“[105].

Oeser verbindet im Leipziger Hauptaltarblatt zwei zeitlich auseinanderliegende Ereignisse - das „Osterereignis“ der Auferstehung mit der 40 Tage später folgenden Himmelfahrt.[106] Christus, der in der Mitte des Bildes schwebt, stellt eine Verbindung zwischen irdischer und himmlischer Sphäre dar. Vielfach wird im Auferstehungsmotiv noch eine Verbindung zu alten mythologischen Heldengestalten gesehen, [107]  die wohl auch auf das hier gezeigte Altarbild zutrifft. Christus bestand den Kampf mit der Unter­welt, wird wiedergeboren aus dem Mutterschoß des Grabes und steigt als gestaltgewordene siegreiche Sonne[108] in den Himmel auf. Als Mittler zwischen Erde und Himmel verkörpert er das Einswerden von Gott und der Welt,[109] und als „Lichtgestalt“ vermittelt er die Botschaft Gottes im Sinne Klopstocks, der in einer Bitte an Gott dichtete: „Laß dein Licht Mir leuchten“.[110]

 

Die gesamte architektonische Umgestaltung der Nikolaikirche und ihre bildgestalterische Ausgestaltung standen unter dem Leitgedanken des „Lichts“ der Aufklärung. Die Säulen mit ihren Palmwedeln, die Kassettendecke mit ihren Stuckrosetten und die Pastellfarben von Rosé, Weiß und Lindgrün, geben dem Raum eine neue Helligkeit. Die Stätte der Belehrung wird von dem für die Aufklärung zum Symbol gewordenen „Sonnenlicht“ durchflutet. Die neue Helligkeit des Raumes läßt die Stätte der Aufklärung von dem zum Symbol geworde­nen „Sonnenlicht“ durchfluten. Das Licht der Religion vereinigt sich mit dem Licht der Ver­nunft. Wenn Christus in den Bildern Oesers lehrt und heilt, so läßt er im übertragenen Sinne die Ungläubigen durch das durch ihn verkörperte „Licht des Glaubens“ sehend wer­den. Nicht zufällig steht der Lichtgestalt Christus im Hauptaltar der Psalm 43,3 „Sende Gott Dein Licht und Deine Wahrheit, daß sie uns leiten.[111] als Motto über der Eingangshalle gegenüber.

 

 

-      War die Dresdener Auferstehung von Mengs Vorbild für Oesers?

Chodowiecki bezeichnet die Himmelfahrt Oesers als ein der Himmelfahrt von Anton Raphael Mengs in der Dresdener Hofkirche ähnelndes Bild (Abb. 98).[112] Eine Gegenüber­stellung macht jedoch deutlich, daß beide Gemälde im Abstand von 30 Jahren gemalt wur­den und dabei erhebliche formale und inhaltliche Unterschiede zu beobachten sind. Während das Mengssche Altarblatt in einer katholisch barocken Bild­tradition steht, deutet das Oesersche Altarblatt auf eine Umsetzung zeitgenössischer protestantischer Glaubensinhalte hin.

Ein typisches traditionelles katholisches Bildelement ist die Darstellung der Trinität. Im oberen Teil des Bildes stellt Mengs Gottvater dar, getragen von zwei Engeln, vor ihm eine Taube als heiligen Geist. Bei Oeser fehlt dieses Motiv. Oeser geht hier konform mit der Neologie, vor allem mit den Forderungen Spaldings und Jerusalems, die mit der Trinitätstheologie einen völligen Bruch vollzogen. Für beide ist Christus nicht mehr Sohn Gottes als metaphy­sische Einheit sondern Christus, der durch einen ewigen Ratschluß Gottes entsandt wurde, und stellt eine rein moralische Verbindung mit Gott dar. Christus wird zum „Stifter des Christen­tums“, „Göttlicher Lehrer“ und „Urheber und Märtyrer der heilsamsten Aufklärung“.[113] In gleicher Deutlichkeit lehnt Lessing die Vorstellung des Trinitätsgedanken ab. Christus ist nicht ein dreieiniger Gott sondern in erster Linie ein mit göttlichen Tugenden ausgestatteter Mensch.[114]

Bei Oesers Wächtern wird das für die Zeit so typische Moment des erhabenen „Schreckens“ hervorgehoben, was wiederum beim Betrachter eine erhebende Ergriffenheit gegenüber dem Wunder auslösen soll. Dieselbe Expressivität wird bei Mengs nicht erreicht, dessen irdi­sches Personal in einem kontemplativen Anbetungs­gestus und Erstaunen verharrt.

 

 

-      Zeitgenössische Bewertung der Ausmalungen in der Nikolaikirche

Mit der Ausmalung der Nikolaikirche schuf Oeser „die bedeutendsten Denkmale seines Künstlerfleißes“[115], was Goethe auf einen gewissen Eifer, der „seinem Alter vorbe­halten...“[116] war, zurückführte. Der heftigste Kritiker dieser Bilder und vor allem des Altar­blattes war Chodowiecki.[117] Dennoch schadeten dessen bereits 1789 veröffentlichten Äußerungen einer allgemeinen positiven Bewertung wenig. Schon bald war der Christus­zyklus als „Oeser-Bibel“ bekannt.[118] Lobend wird hervorgehoben, daß die Gemälde Oesers, „alle auch für den gemeinen Mann leicht zu verstehen“ und „zum Theil von ätherischer Farbgebung“ waren.[119] Die Hervorhebung des „gemeinen Mannes“ belegt, daß die Kirche eine rein Bürger-Kirche war und Oeser mit einer „vergeistigten Farb­gebung“ Geschmack wie das Religionsverständnis dieser Gesellschaftsschicht getroffen hatte. Die im 18. Jahrhundert noch gelobte „ätherische Farbgebung“ bezeichnet das 20. Jahrhundert als „einen merkwürdigen Kolorismus, bei dem helle und süße Töne hervorgekehrt sind.“[120] Diese Bewertung zeigt, daß das Farbempfinden der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts heute schwer nachvollziehbar geworden ist. Für den Englischen Philosophen Burke waren es gerade die „sanfteren Töne“, die die Schönheit der Farben ausmachten. Weiter bestimmt er, „Diejenigen [Farben], die zu Schönheit am besten passen, sind die sanfteren Töne jeder Klasse: ein lichtes Grün, ein sanftes Blau, ein schwaches Weiß, Rosarot und Violett.“[121] Burke nennt hier nicht nur die Farben, die Oeser bevorzugt in seinen Bildern verwendete, sondern auch die neue Ausmalung der Nikolaikirche, die ausschließlich in Pastellfarben erfolgte. Daher lobte der Leipziger Theologe und Verfasser zahlreicher kathechetischer Schriften Johann Christian Dolz (1769-1843) 1818 die „geschmackvolle Auszierung der Nikolaikirche.“[122] Die „Neue Bibliothek...“, bringt die Ausmalung in enge Verbindung mit der Dichtung und Poesie. Oeser wird exakte Sorgfalt beim Zusammenspiel von Phantasie und Wahrheit bescheinigt, wodurch die künstlerisch vermittelten Glaubensinhalte nicht ver­fremdet werden:

„Es ist voll neuer und hoher Dichterphantasie, deren Gränzen der Freyheit beym poetischen Vortrag heiliger Geschichte man aber auch zugleich durch strengsten Bedacht auf die bewährtesten Glaubenswahrheiten der Kirche, weislich bestimmt findet.[123]

Gerade die Neologie übte auf Künstler der Empfindsamkeit, wie Oeser einer war, eine hohe Faszination, denn die Betonung des Gefühls öffnete einer auf Emotionalität gerichteten Male­rei ihre Pforten. Die Isolierung des emotionalen Bereichs prägte Oesers bildnerische Aus­drucksform.

 

 

-       Die Bedeutung der Kirchenmalerei für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts

Von Oeser selbst liegen keine schriftlichen Zeugnisse über die Konzeption der malerischen Ausgestaltung der Nikolaikirche vor. Gerade unter der Prämisse verschiedener theolo­gischer Strömungen und der religiösen Neuorientierung ist die Frage nach der Bedeutung der Kirchenmalerei interessant. Einen wichtigen Hinweis hierzu gibt der Leipziger Ratsherr Christian Ludwig Stieglitz, der maßgeblich an der Planung für die Umgestaltung der Niko­laikirche beteiligt war. In seiner „Enzyclopädie...“[124] verweist Stieglitz sub voce „Kirchen=Gemälde, Kirchen=Malerey“ auf das „Ästhetische Wörterbuch über die bilden­den Künste, nach Watelet und Levesque...“. Das Wörterbuch wurde von dem Leipziger Popularphilosophen Heydenreich übersetzt, herausgegeben und durch zusätzliche eigene Artikel ergänzt, so auch der Artikel „Kirchenmahlerey[125] .

Bei der eingangs in seinem Artikel gestellten Frage nach der Verträglichkeit von Kunst als Bestandteil einer Kirche und ihrer Funktion während des Gottesdienstes verweist Heyden­reich auf die im 18. Jahrhundert zwischen den verschiedenen evangelischen Strömungen geführte Diskussion über die Bedeutung von Kunst. Heydenreich geht bei seiner Cha­rakterisierung von religöser Kunst weit über den Wert des reinen Unterrichts hinaus. Emotionale Bestimmtheit ist für ihn neben der Lehrfunktion gleichbedeutend. Die Gemüter der Kirchengemeinde sol­len in Stimmung gebracht, Erkenntnis und Gefühl gleichermaßen angesprochen werden.[126] Die Nikolaikirche wurde mit ihrer künstlerischen Ausstattung auch als ein solcher Ort bezeichnet, „welcher beim ersten Anblick im Innern die Seele erhebt und sie mit Gedanken erfüllt“. [127]. Bei der Wahl der Themen fordert Heydenreich ferner einen Bezug zur „Wahrheit der Vernunftreligion“, eine „Lehrfunktion“ und die Verbindung mit einem moralischen Inhalt. Hierzu eigneten sich besonders Stoffe aus der Bibel, der Kirchen­geschichte und aber auch der Allegorie.[128] Der malerische „Styl“ soll bei der Darstellung „idealisch“ und „erhaben“ sein. Ebenso ist das Augenmerk auch auf das ästhetische Empfinden des Betrachters gerichtet, das in Oesers Christus­zyklus durch eine über Gellert vermittelte „sanfte Religion“ dargestellt wird. Die von einer eher rationalistischen Religions­auffassung gekennzeichneten Vertreter der „Sächsischen Kirchengalerie“ konnten diesen Intentionen nichts mehr abgewinnen und beklagten, daß man „in eine gewisse Rührseelig­keit und Gefühlsschwärmerei“[129] verfallen sei. Verkannt wurden dabei die Intentionen des 18. Jahrhunderts, für die in der Malerei „Empfindung“ und „Empfindsamkeit“ als oberstes Gebot galt. Im Zusammenhang mit der Einweihung der Nikolai-Kirche 1796 wurde über die Bedeutung der Malerei geschrieben:

„Das Wesen eines Kunstwerkes besteht aber in einer in seiner Wirkung auf die Empfindung, und zwar vermittels der Sinne und der Phantasie. Jeder Tempel muß also diesen ein ästhetisch vollkommenes Bild geben, und durch dies die Empfindung des Beobachters rühren.“ [130]

Die malerischen Mittel, die Oeser hierzu verwendete, waren die von Hagedorn empfohlenen stilistischen Merkmale des „Sfumato“, wie die geforderten Mittelfarben: „was ist natürlicher, als die Mittelfarben, sowohl der Bindung der Theile, als auch dem Schwung des ganzen beförderlich sind, aus Gründen der Harmonie zu betrachten“.[131] Gleich wie Hagedorn empfahl auch Heydenreich eine abgeschwächte Kontur[132] und gebrochene Farben.[133]

Neben der Festigung des Glaubens, war für Heydenreich zugleich auch die Erlangung einer „weltbürgerlichen und patriotischen Gesinnung“ Ziel der Gottesverehrung.[134] Der reli­giöse Enthusiasmus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stand im Dienst eines bürgerli­chen „Nationalinteresses“.[135] Patriotentum war in Deutschland eine bürgerliche Auf­gabe[136], die den aufgeklärten Menschen zum Dienst an der Allgemeinheit verpflich­tete.[137] Aus dem Nutzen für die Gesellschaft definierten auch die Vertreter der Neologie die Bedeutung der Religion.[138]

Über Tugend, Patriotismus und christlichem Kosmopolitismus bedingte sich das bürgerli­che Selbstbewußtsein der Stadt Leipzig. Der Urheber des Gedankens von „Religion und Vaterland“, der sich gleichzeitig auch gegen eine Rückbesinnung auf die Antike wandte, wurde in den Schriften Klopstocks zitiert.[139]  

Aus dieser religiös-patriotischen Neubesinnung im ausgehenden 18. Jahrhundert unterlag auch die religiöse Malerei einem tiefgreifenden Wandel, wodurch sich mit der einsetzenden Romantik ein vorläufiger Bruch in der fortlaufenden Entwicklung der christlichen Kunst vollzog.[140]  Die Bilder der Nikolaikirche stehen noch in einer über Jahr­hunderte geprägten ikonographischen Tradition und bilden einen letzten Höhepunkt einer zu Ende gehenden Entwicklung, die erst mit den Nazarenern im 19. Jahrhundert zu einer erneuten Blüte gelangte, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Künstler­gemeinschaft unter dem Primat einer christlichen Weltanschauung und des europäischen Humanitätsgedankens zusammenfanden.[141] Ihre Kunststreben war eine gefühlsbetonte neu­deutsch-religiös-patriotische Malerei, bei der sie sich sowohl an Raffael als auch an Albrecht Dürer (1471-1528) orientierten.

Der Gemäldezyklus von St. Nikolai und dessen Thematik waren eigene Schöpfungen Oesers, die vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten christuszentrierten religiösen Erneuerungsbestrebungen der Neologie, der zeitgenössischen Dichtung und einer auf Sitt­samkeit und Moral ausgerichteten empfindsamen patriotisch-bürgerlichen Mentalität zu sehen sind. Aus kunsthistorischer Sicht stellen sie ein frühes Beispiel protestantischer Kir­chenmalerei dar, die bereits gedanklich weite Bereiche der protestantischen Gefühlskunst der Nazarener der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vorwegnehmen.


 

[1] Die Bau- und Kunstdenkmäler von Sachsen, Stadt Leipzig, Die Sakralbauten, Hrsg. Landesamt für Denkmalpflege, München/Berlin, 1995, S. 423ff.

[2] Busch, 1993, S. 24ff; s. auch Wenzel, 2000, S.98ff.

[3] „Die Geschichte der Heiligen, die Fabeln und Verwandlungen sind der ewige und fast einzige Vorwurf der neuern Maler seit einigen Jahrhunderten: Man hat sie auf tausenderlei Art gewandt und ausgekünstelt, daß endlich Überdruß und Ekel den Weisen in der Kunst und den Kenner überfallen muß“, Winckelmann, „Gedanken über die Nachahmung...“, 1755, S. 35

[4] Rosenmüller, Johann Georg, Ein Wort der Ermunterung an christliche Religionslehrer, Leipzig, 1808, S. 6. In gleicher Weise klagt Campe: „Ein Drittel der sogenannten „verfeinerten Gesellschaft“ hat gar kein Christenthum mehr, ja theilweise nicht einmal eine natürliche Religion, während zwei drittel des Volkes in Aberglauben und Unwissenheit beharren - es ist das die Schuld der Geistlichkeit mit ihrem Buchstabenglauben und ihrer veralteten Form des Gottesdienstes.“, zit. nach: Biedermann, 1880, S. 1094. Einen ausführlichen Beitrag zu Oesers empfindsamen und religiös bestimmten Bildverständis gibt Stahl, 1993, am Beispiel der Ausmalungen in der Nikolaikirche. Die Arbeit dient hier mitunter als Grundlage.

[5] Biedermann, 1880, S. 741f.

[6] Balet/Gerhard, 1979, S. 98

[7] Biedermann, 1880, S. 1093

[8]  Biedermann, 1880, S. 1094

[9] Biedermann, 1880, S. 728. Der Leipziger Popularphilosoph „Friedrich Heinrich Jacobi (1743-1819) hat das Gefühl gegenüber der Vernunft betont und meinte, die Religion als Provinz des Gemüts betrachten zu sollen.“; zit. nach: Kantzenbach, Friedrich Wilhelm, Geschichte des Protestantismus von 1789-1848, Gütersloh, 1969, S. 11

[10] Kaiser, 1963, S. 31

[11] Kantzenbach, 1969, S. 169ff.

[12] Kantzenbach, 1969, S. 171

[13] vgl. Deutsche Dichter, Bd. 3, 1990, Kemper, 1997, S. Xf., S. 151ff.

[14] Kantzenbach, 1969, S. 176

[15] Gellert, Christian Fürchtegott, Leben der schwedischen Gräfin von G., Leipzig, 1764, S. 7.;
s auch Stahl, 1993, S. 128. Oeser besaß selbst ein Exemplar des Buches, Rost, 1800, S. 483,
Nr. 144

[16] Bäsken, R., Die Dichter des Göttinger Hains und die Bürgerlichkeit, Eine literatursoziologische Studie, Königsberg/Berlin, 1937, S. 46

[17] Spalding, Johann Joachim, Über den Werth der Gefühle in dem Christenthum, Leipzig, 17845, S. 11

[18] Kaiser, 1963, S. 86

[19] Sauder bezeichnet den Pietismus als eine religiöse Strömung, über die eine eindeutige Definition bislang ausblieb. Für eine Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Empfindsamkeit und dem gefühlsbetonten Christentum verweist Sauder auf religiöse Erbauungsliteratur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Sauder, Bd. I, 1974, S. 61

[20] Balet/Gerhard, 1979, S. 286

[21] Kemper, 1997, S. 151ff.

[22] Kaiser, 1963, S. 31

[23] Kemper, 1997, S. 152

[24] Evangelisches Kirchenlexikon, Bd. 3, Hrsg. Brunatto, Heinz; Weber, Otto, Göttingen, 1958,
Sp. 1541ff.; Evangelisches Kirchenlexikon, Hrsg. Fahlbusch, Erwin; Lochmann, Jan Milic; Mbiti, John; Pelikan, Jaroslav; Vischer, Lukas, Göttingen, 19923, Sp. 662ff.; Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde, Bd. 2, Hrsg. Burkhardt, Helmut; Wuppertal/ Zürich, 1993, S. 1416

[25] Kaiser, 1963, S. 111; Kantzenbach, 1969, S. 11

[26] Blanckenmeister, Franz, Sächsische Kirchengeschichte, Dresden, 1906, S. 371

[27] Morus, Samuel Friedrich Nathale, Dogmatik oder kurzer Begriff der christlichen Religion für künftige Religionslehrer, Halberstadt, 17952, S. 173

[28] Seiler, Georg Friedrich, „Religion nach Vernunft und Bibel in ihrer Harmonie“, Erlangen, 17987, S. 109

[29] Küster, 1773, S. 50

[30] Brief Oesers vom 20. August 1778 aus Braunschweig an seine Tochter Friederike, UBL, Kestner ICI 648, veröffentlicht in: Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung No. 54, Leipzig, 1886, S. 351. Während seines Aufenthaltes in Braunschweig traf Oeser auch mit Lessing und dem Dichter Seume zusammen; s. Dummer, Jürgen, Adam Friedrich Oeser und Gotthold Ephraim Lessing; in: Johann Joachim Winckelmann und Adam Friedrich Oeser; Hrsg. Kunze, Max, Stendal, 1977, S. 29ff.; Schulze, 1944, S. 60

[31] Balet/Gerhard, 1979, S. 174ff.

[32] Kaiser, 1963, S. 70

[33] Oeser, 1764, S. 2a, s. Quellentext Nr. 1. Für Friederike Oeser bildeten Religion, Tugend und Gefühl einen edlen Menschen. Die Figur des Werther stellte für sie ein Negativbeispiel dar: „Werther war ein leichtsinniger Mensch, vollkommen fähig zu allem, aber ohne Fertigkeit, ohne Religion ohne Tugend, kein Gefühl, auch das wärmste, edelste nichts ist Tugend! sonst wäre selbst die Tugend ein Werk des Zufalls, eines flüchtigen Eindrucks, und dies ist sie nicht, sie darf nie durch Launen herbey geheiset werden, sonst wird die edelste That nichts, als ein täuschender Schein.“, UBL Rep.VI 25 zh 2; hier erstmals veröffentlicht

[34] Oeser, 1764, S. 1, s. Quellentext Nr. 1

[35] Oeser, 1764, S. 5, s. Quellentext Nr. 1. Wie ernst Oeser sich mit religiösen Fragen seiner Zeit beschäftigte, belegen zahlreiche religiöse Schriften seiner Privatbibliothek, Rost, 1800 S. 479f.: „Der Christ in der Einsamkeit, Breslau, 1758“ (Nr. 103), „Kurze Erläuterung d. biblischen Geschichte, Berlin 1755“ (Nr. 104), „Merkels Jüngling in der Einsamkeit, Berlin, 1761“ (Nr. 105), „Mudelbergers, zur christlichen Besserung und Zufriedenheit in vornehmen Ständen, Leipzig, 1782“ (Nr. 106), „Sauvins Predigten. Aus dem Französischen übersetzt von I.D. Müller. 10 Th. 5. B., Leipzig 1760“ (Nr. 107), „Spaldings Bestimmung d. Menschen, Leipzig, 1763“ (Nr. 108), „Starkens sechsfache Ordnung des Heils, Berlin, 1737“ (Nr. 109).

[36] Brief Oesers aus Leipzig, vom 23. October 1776 an seine Stiefschwester Marie Rosine Kovács, SLBD Mscr. Dresd. Aut. 829.

[37] In einem Edikt von 1781 wird verfügt: „Uiber eines Theils von Schädlichkeit alles Gewissenzwanges, und anderer Seits von dem grossen Nutzen, der für die Religion, und dem Staat, aus einer wahren christlichen Tolleranz entspringet, haben wir Uns bewogen gefunden den augspurgischen, und helvetischen Religions-Verwandten, dann denen nicht unirten Griechen ein ihrer Religion gemäßes Privat-Exercitium allenthalben zu gestatten, ohne Rücksicht, ob selbes jemal gebräuchig, oder eingeführt gewesen seye, oder nicht. Der katholischen Religion allein soll der Vorzug des öffentlichen Religions-Exercitii verbleiben, denen beeden protestantischen Religionen aber so, wie der schon bestehenden nicht unirt Griechischen aller Orten, wo es [...] nicht schon bereits im Besitz des öffentlichen Religions-Exercitii stehen, das Privat-Exercitium auszuüben erlaubet seyn.“; zit. nach: Der Josephinismus: ausgewählte Quellen zur Geschichte der theresianisch-josephinischen Reformen, Hrsg. Klueting, Harm v., Darmstadt, 1995, S. 253. Klopstock dichtete eine Ode „An den Kaiser“, in der er dessen Toleranz hervorhebt. Josef II. galt als deutscher Kaiser und aufgeklärter Fürst als eine Leitfigur für die Entwicklung eines patriotischen Nationalgeistes auf der Grundlage einer Reichsidee.

[38] Lk. 24,13-35. Daß sich Oeser mit der Gleichstellung der Protestanten in Ungarn beschäftigte, belegt ein Buch seiner Bibliothek: „Walch, der Evang. Im Königr. Ung. Vorstell. Ihrer Religionsbeschwerden, und die darauf erfolgte Resolution. Lemgo 1782.“, Rost, 1800, S. 480,
Nr. 110

[39] Nestler gibt lediglich „Das heilige Abendmahl“ als Altarbild der katholischen Kirche zu Leipzig an, Nestler, 1926, S. 72. Rost dagegen verzeichnet noch eine weitere Zeichnung zu einem Altarblatt, „Die Hochzeit zu Canaan, ein flüchtiger Entwurf, wornach ein großes Gemälde von Oeser gemacht worden, welches in der Leipziger Schloßkapelle befindlich, reichhaltig an Figuren, und guter Austheilung von Licht und Schatten...“, Rost, 1800, S. 118, Nr. 1128

[40] Schmitt, Wolfgang, Die pietistische Kritik der „Künste“, Untersuchungen über die Entstehung einer neuen Kunstauffassung im 18. Jahrhundert, Köln, 1958, S. 66f.

[41] Klopstock, Friedrich Gottfried, Sämtliche Werke, Hrsg. Schmidlin, Hermann, Stuttgart, Bd. 2, 1839, „Von dem Rang der schönen Künste und der schönen Wissenschaften“, S. 184-198

[42] Klopstock, „Eine Verurteilung“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 199-206

[43] Klopstock, „Urtheile über die poetische Composition einiger Gemälde“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 207-222

[44] Beaucamp, Eduard, Klopstock contra Winckelmann, Aus der Frühzeit deutscher Kunstkritik; in: Ideal und Wirklichkeit der bildenden Kunst im späten 18. Jahrhundert, Hrsg. Beck, Herbert, Berlin, 1984, S. 253ff.

[45] Klopstock, „Eine Verurteilung“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 202ff.

[46] Beaucamp, 1984, S. 257

[47] Klopstocks sämtliche Werke, Leipzig, Bd. 2, 1839, „Der Messias“, S. 260

[48] Brief Oesers aus Leipzig vom 25. Januar 1780 an Knebel, GSAW 54/235

[49] Brief Oesers aus Leipzig vom 9. Februar 1780 an Knebel, GSAW 54/235

[50] Rózsa, Gy, 1982, S. 64

[51] Kantzenbach, 1969, S. 166ff.

[52] Klopstock, „Rang der schönen Künste...“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 189ff.

[53] Klopstock, „Rang der schönen Künste...“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 192. Es war letztendlich auch Sulzer, der in der Funktion der Kunst einen Symbiose von Moral und Empfindungen forderte, Sauder, Bd. I, 1974, S. 201; vgl. Sulzer, Bd. I, 17922, S. XIII

[54] Klopstock, „Urtheile...“ , Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 207

[55] Klopstock, „Rang der schönen Künste...“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 188

[56] Klopstock, „Urtheile...“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 208

[57] Brief Oesers vom 7. Februar 1772 an Hagedorn; zit. nach: Baden, 1797, S. 287f.. Die Hauptauftraggeberschicht für religiöse Historienmalerei war das Bürgertum. Das bürgerliche Publikum wurde bei Winckelmann als Träger des schlechten Geschmacks angesehen. Anders beurteilte Hagedorn die Nachahmung der Niederländer, er wollte mit seinen Schriften ein breiteres Publikum und deren Vorlieben ansprechen; vgl. Michel, 1984, S. 61ff. Gerade in der rembrandttesken Niederländernachahmung schätzte Hagedorn Oeser am meisten; Keller, 1981, S. 127ff

[58] Cremer, 1989, S. 113f., S. 193-198, Keller, 1981, S. 107-113

[59] Brief von Stieglitz vom 20. Januar 1764 aus Leipzig an Hagedorn, SHStD, Dresdner Kunstakademie 22; hier erstmals veröffentlicht

[60]  Keller, 1981, S. 128

[61] Rost, Verzeichnis von Original-Gemälden aus der Verlassenschaft des verstorbenen A. F. Oeser, Freye Nachahmungen, Leipzig, 1800, S. 10, Nr. 24; „Christus, wie derselbe die Kranken heilt, nach Rembrandt. Ein zur Genüge bekanntes und geschätztes Gemälde. In goldenem Rahmen, etwas nachgedunkelt.“; Mt. 9,27; 20,29,30; 21,19

[62]  Das o. g. Gemälde aus dem Jahr 1767 befand sich in der ehem. Sammlung Winckler; vgl. Kreuchauf, 1768, S. 69, Nr. 180. Ein weiteres Exemplar desselben Motives befand sich in Oesers Nachlaß; Rost, „Verzeichnis von Originalgemälden...“, 1800, S. 3, Nr. 1. „Die Hexe zu Endor. Saul liegt auf seinem Angesichte, das auf seinen beyden Händen ruht, zur Erde gestreckt: einer seiner Knechte ist bemüht, ihn aufzurichten. Rechts zu seinen Füßen steht die erschreckene Zauberin, ihr gesenktes Haupt ist auf den König gerichtet, in ihrer Rechten hält sie die brennende Fackel empor: ihre Linke zeigt ihre Besorgnis, indem sie die selbe mit einer schnellen Bewegung, etwas erhoben und geöfnet, zurück gezogen; der zweyte Knecht des Königs, steht mit drohender Geberde an ihrer Seiten. Die Handlung geht in einer Höhle vor, die Beleuchtung kömmt von dem Lichte der Fackel; ein kräftig gehaltenes Gemälde [...].; 1 Sam. 28

[63] Joh. 2,1-11; Oeser selbst über das Bild: „Von meiner Arbeit nenne ich einen Entwurf, die Hochzeit in Galiläa. Das Thema ist von vielen bearbeitet worden. Ich betrachtete die Geschichte von der wunderthätigen Seite. Ich nehme an, der Wein müsse einer der allerbesten gewesen seyn, und wollte daher ein neues Feuer in meine Säfte bringen. Am Tische wird der neue Wein herumgetragen; einige haben schon getrunken, besonders der Bräutigam, der ihn gegen seine Braut lobt; einer riecht und empfindet den schönen Geruch davon u.s.f.. Der Wille und Gedanke mag wohl besser als die Ausführung auf der Leinewand seyn.“; Brief Oesers vom 28. Februar 1777 an Hagedorn; zit. nach: Baden, 1797, S. 293f.. Joh. 2,1-11.

[64] Das Leipziger Kunstblatt schreibt „Über Oesers künstlerischen Charakter“: „Es war wohl das Helldunkel, worin er die höchste Stufe seiner Ausbildung erreicht hatte, sowohl in der Schönheit als der Wahrheit“, Leipzig, 1817, Nr. 9, o. S. Das „Wunderbare“ kommt in fast allen einzelnen religiösen Tafelbildern Oesers zum Ausdruck. Das rembrandtteske Hell-Dunkel unterstreicht den bewußt dargestellten Irrationalismus. Oeser selbst schreibt, daß er das Bild „Hochzeit zu Kanaa in Galiäa“ von der „wundertäthigen Seite“ betrachtet hat; Brief Oesers vom 28. Februar 1777 an Hagedorn; zit. nach: Baden, 1797, S. 293f. Blanckenmeister sieht in den Wundern der Bibel keine unvereinbare Gegenströmung zum Rationalismus: „Die Wunder erklärte man für natürliche Vorgänge, die nur durch die Erzähler zu seltsamen Ereignissen gestempelt worden seien, die Geheimnisse des Glaubens stellte man hinter die Lehren der Moral zurück; nur das hatte Wert und Bedeutung, was sich zur „Ausbesserung“ des Herzens und Lebens verwenden ließ.“; Blanckenmeister, 1906, S. 377

[65] Luk. 2,21

[66] Luk. 2,29

[67] Oehler, 1925, S. 219

[68] Hagedorn, Bd. I, 1762, S. 555

[69] Magirius, Heinrich, Die Umgestaltung des Innenraums der Nikolaikirche durch Johann Friedrich Carl Dauthe (1785-1797), in: Sitzungsbericht der kunstgeschichtlichen Gesellschaft zu Berlin,
Heft 38, 1990, o. O., S. 3

[70] Pasch, Gerhart, „Ein schönes Schauspielhaus!“, Die klassizistische Umgestaltung der Nikolaikirche, in: „...die ganze Welt im kleinen...“, Kunst und Kunstgeschichte in Leipzig, Hrsg., Ullmann, Ernst, Leipzig 1989, S. 158, s. auch: Pasch, Gerhart, Umbau und Neuausstattung von St. Nikolai Ende des 18. Jahrhunderts, in: Vergessene Altdeutsche Gemälde, Guratzsch, Herwig, Leipzig, 1997, S.142ff.

[71] Speziell im Fall Leipzig sind auch das neu erbaute Theater auf der Ranstädter Bastei und das Gewandhaus als Ausdruck eines bürgerlichen Selbstverständnisses zu verstehen.

[72] Müller war zusammen mit Klopstock und Lessing Student in Leipzig, Die Nikolaikirche Leipzig, Hrsg., Czok, Karl, Leipzig, 1992, S. 68. Es kann davon ausgegangen werden, daß er deren religiösen Auffassungen kannte, und diese mitunter auch beim Umbau der Kirche beeinflußten, gleichfalls wie deren Vorstellungen sich zum Teil auch in den Themen der religiösen Bilder Oesers der Kirche wiederfinden.

[73] Große, Karl, Geschichte der Stadt Leipzig, Leipzig, Bd. II, 1. St., 18982, S. 435 (beide Zitate)

[74] Biedermann, 1880, S. 1092ff.

[75] Laugier, Marc Antoine, Observations sur l'architecture, Paris, 1765

[76] „Ich habe den Velckmann [Johann Jakob Volckmann] und Reichen [Philipp Erasmus Reich] verleitete, des Laugier zweite Anmerkung über die Baukunst [...] zu übersetzen. Ich finde in dem Laugier einen eigensinnigen, aber doch einsichtvollen Verfasser, und es ist mir kein Buch von dieser Art zur Zeit bekannt; ich glaube daher es soll Nutzen bringen.“; Brief Oesers vom
26. November 1768 an Hagedorn; zit. nach: Baden, 1797, S. 281, Rost, 1800, S. 476, Nr. 55, 56

[77] Von Christian Ludwig Stieglitz erschien zwischen den Jahren 1792-98 in Leipzig eine fünfbändige „Encyklopädie der bürgerlichen Baukunst in welcher alle Fächer dieser Kunst nach alphabetischer Ordnung abgehandelt sind“. Im dritten Band der „Encyklopädie“ wurde Laugiers Schrift mit aufgenommen.

[78] Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste, Bd. LXIII (1800), S. 122

[79] W. A., Dichtung und Wahrheit, 8. Buch, Bd. 31, Abth. 1, Bd. 27, S. 153ff.

[80] Die Bau- und Kunstdenkmäler von Sachsen, 1995, S. 423ff.

[81] Kuhn, 1923, S. 39

[82] Biedermann, 1880, S. 809

[83] zit. nach: Beaucamp, 1984, S. 260

[84] Oeser, 1764, S. 6, s. Quellentext Nr. 1

[85] Mt. 3, 13-17; Mk. 1,9-11; Lk. 3,21f.; Joh. 1,29-34

[86] Mt. 1,1-25, Lk. 2,1-2

[87] Mt. 22, 15-22; Mk. 12,13-17; Lk. 20,21-26

[88] Joh. 4, 1-38 , Vor dem Umbau befand sich ebenfalls ein Altar mit dem selben Bildthema von Cranach in der Kirche.

[89] Mt. 19, 13-15; Mk. 10,13-16, Lk. 18, 15-17, Dasselbe Thema malt Oeser für die Kirche in Wolkenburg

[90] Mt. 15,21-26, Mk. 7, 24-30

[91] Mt. 9, 27; 20,29,30; 21,19; Mk. 8,22-26; 10, 46-52; Lk. 35-43, Joh. 9,1-41

[92] Mt. 8,5-13; Lk. 7, 2-10; Joh. 4,47-54

[93] Mt. 28, 1-10; Mk. 16, 1-8; Lk. 14, 1-9; Joh. 20, 1-18

[94] Sachsens Kirchen-Galerie, Bd. 7, Dresden, o. D., S. 9ff.

[95] Soerensen, 1963, S. 133f.; Blanckenmeister, 1906, S. 377

[96] Magirius, Heinrich, Nikolai-Kirche Leipzig, Berlin2, 1991, S. 18

[97] Den Friedensengel malte Oeser gemeinsam mit seinem Schüler Hans Veit Schnorr von Carolsfeld. Carolsfeld schreibt in seinen Lebenserinnerungen über seine Tätigkeit in der Nikolai Kirche: [...] und so zeichnete ich später sehr gern mehrere kleine Ölskizzen zu den Gemälden für die hiesige Nikolaikirche in der nötigen Größe auf, wie ich auch einige Male, wenn er [Oeser] daselbst mit der Ausführung z. B. des Plafonds mit dem Friedensgenius auf dem Regenbogen über dem Altar in jener Kirche, beschäftigt war - ihm beistand.“, Carolsfeld, Lebensgeschichte, o. O., o. S.

[98] Pückler-Limpurg, 1929, S. 52

[99] Klopstock, „Urtheile...“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 215; vgl. Beaucamp, 1984, S. 268

[100] Neue sächsische Kirchengalerie, Chemnitz I u. II, Leipzig, o. D., S. 174. Ferner werden noch weitere Arbeiten Oesers angeführt: zwei Medaillonbilder mit den Köpfen Moses und Christus, zwei Engel mit Brot und Wein. Diese Arbeiten dürften ebenfalls von der Hand Oesers stammen. Die sich in der Kirche befindende „Salbung Christi“ weicht in ihrem Bildaufbau, der Kontur und der kräftigen Farbgebung deutlich von den charakteristischen Stilmerkmalen Oesers ab. Es kann vermutet werden, daß das Bild von dem Oeser-Schüler Hans Veit Schnorr von Carolsfeld angefertigt wurde. In einem Brief von Karl Moritz Berggold aus Chemnitz vom 20. Juli 1792 an Oeser, in dem über die Neuausstattung der Jakobi-Kirche berichtet wird, ist nur die Rede von einer „Auferstehung Christi“. s. UBL Rep. VI 25 zh 3

[101] Lessing, Gotthold Ephraim, „Über die Auferstehung“, 1777, „Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger“, 1778; in: Theologiekritische Schriften I und II; in: Gotthold Ephraim Lessing, Werke, bearb. v. Göbel, Helmut, München, Bd. 7, 1976, S. 426-457 und S. 492-604; vgl. Klasen, Franz Josef, Über das Bild des Auferstandenen und seinen Verlust in der Geschichte der deutschen Kunst, Frankfurt/M./Bern/New York/Paris, 1991, S. 11

[102] Klopstock, Leipzig, 1839; „Die geistliche Auferstehung“, „Die Auferstehung“, „Die Auferstehung“, „Gott dem Sohne“, „Am Himmelfahrtstage“, „Die Auferstehung“, „Die Auferstehung Jesu“, „Die Hoffnung der Auferstehung“, Klopstock, Leipzig, Bd. 5, 1839, S. 77ff., S. 82ff.,
S. 103f., S. 104f., S. 225ff., S. 238ff.; Oden: 13. Gesang, Bd. 1, 1839, 20. Gesang, Bd. 3, 1839

[103] Brief Oesers aus Braunschweig vom 20.8.1778 an seine Tochter Friederike nach Leipzig.
UBL Kestner ICI 648. Lessings Veröffentlichungen zur Auferstehungsthematik zwischen den Jahren 1777-1778 fallen mit dem Zusammentreffen Oesers zusammen.

[104] Klopstock, „Gott dem Sohne. Am Himmelfahrtstage“, Leipzig, Bd. 5, 1839, S. 105ff.

[105] Oeser, 1764, S. 6, s. Quellentext Nr. 1

[106] Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste“, Bd. LXIII, 1800, S. 125

[107] Klasen, 1991, S. 110; vgl. Busch, Werner, Die Krise des Helden im 18. Jahrhundert - Erste Stufe: der christliche Held tritt an die Stelle des klassischen Helden, in: Die Krise der Kunst im 18. Jahrhundert und die Geburt der Moderne, München, 1993, S. 24ff

[108] „siegreiche Sonne“ - „Sol invictus“, Christus ist Lichtträger und Repräsentant des Lichts, Klasen, 1991, S. 110

[109] Klasen, 1991, S. 110f

[110] Klopstock, Leipzig, Bd. 5, 1839, S. 225ff.

[111] Über die zahlreichen Kirchenumbauten in Sachsen schreibt Blanckenmeister: „Aus den Gotteshäusern entfernte man, was an die Vorzeit erinnerte, und überzog die Wände mit weißer Tünche, unter der die alten Wandgemälde verschwanden, und wenn man neue Kirchen errichtete, baute man die Kanzel just über dem Altar, um die beherrschende Stellung der Predigt im Gottesdienst zu versinnbildlichen und sorgte dafür, daß durch hohe, weite Fenster das helle Sonnenlicht in die Stätte der Aufklärung flutete, denn aller „Mystizismus“ war dem Zeitalter verhaßt.“; Blanckenmeister, 1906, S. 381

[112] Chodowiecki, 1789, S. 44

[113] Kaiser, 1963, S. 110f.

[114] Lessing sieht bei seiner Untersuchung der Trinitätslehre [...] nicht drei verschiedene göttliche Personen vorgestellet; sondern [...] daß der Sohn Gottes nur ein Mensch bedeutet, den Gott sonderlich liebet, und ausnehmend, den Messias; und wie jetzt gezeiget ist, daß der heilige Geist, der auf Jesum in Gestalt einer Taube vom Himmel herabfahret, [...] nichts anderes vorstelle, als Jesu außerordentlichen Geist oder Gaben, so  ihm vom Himmel geschenket sind: so bleibet nur eine göttliche Person [...] übrig, nämlich die vom Himmel rufet. Johannes hat demnach so wenig als die Evangelisten [...] einen dreieinigen Gott vorstellen wollen“; zit. nach:  Lessing, „Von dem Zwecke Jesu...“, 1778, S. 518

[115] Leipziger Kunstblatt, Nr. 8 (16. Sept. 1817), S. 34

[116] W. A., Dichtung und Wahrheit, 8. Buch, Bd. 31, Abth. 1, Bd. 27, S. 153ff. „Das Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler...“ schreibt über Oesers Alterswerk: „Das Alter hat bis jetzt den Geist und die Kunst unseres Oesers noch nicht geschwächt; noch als fast achtzigjähriger Greis verdienen seine schön gedachten Originalentwürfe, und deren Ausführung auf Kalk oder in Oel, von Kennern Bewunderung. Die Kirche St. Nicolai zu Leipzig, welche sowohl dem, der die innere Verschönerung veranstaltete, als auch macht, hat er mit seinen schönen Gemählden bereichert, und immer noch werden Meisterstücke von seiner Hand darinn aufgestellt.“; Zürich, 1796, S. 141ff. Goethes bereits besprochene Distanziertheit nach seiner Italienischen Reise gegenüber Oeser ist mitunter auch eine Folge der verstärkten Beschäftigung des Akademiedirektors mit religöser Malerei. Der Christuszyklus gibt bereits einen Vorgeschmack auf den von Goethe wenig geschätzen Nazarener-Stil des frühen 19. Jahrhunderts.

[117] Chodowiecki schreibt über seinen Besuch bei Oeser im Jahr 1789: „Nun zeigte er uns das lang gewünschte AltarBlad - ein großes hohes gemählde [...], es stellt die Auferstehung Jesu vor, Jesu erhebt sich schwebend in der Mitte der Höhe des Bildes aus dem Grabe, in einer der Mengsschen Himmelfahrt ähnlichen Stellung. Er hatt auch zwey Engel auf seinen Beyden Seiten, über ihn erhebt sich ein dritter. Den übrigen ober=raum erfült eine gelbe große Gloria, die KriegsKnechte füllen den untern Raum des Bildes aus, lange düre schlecht gezeichnete Gestalten in altäglichen Stellungen mit Bunten Gewändern durch Starke Glühende Schatten unterbrochen. Die FleischColorite der mittlern gruppe sind, wie immer von einer grünlichen Farbe, und die Köpfe wie in der Skieze mit unausgeführten Liniamenten angelegt. Aber er sagte uns auch daß es nur angelegt wäre - und ich denke es wird wohl auch so bleiben [...].“ [sic]; in: Chodowiecki, 1789,
S. 44

[118] Ostarhild, Friedrich, St. Nikolai zu Leipzig, Berlin, 1964, S. 36

[119] Einige Ideen über die Anwendung des guten Geschmacks auf die Versammlungshäuser der Christen. Bey Gelegenheit der Einweihung der Nikolaikirche zu Leipzig, o.A., Leipzig, Sommer 1796, S. 12.

[120] Magirius, Heinrich, Nikolaikirche Leipzig, Schnell, Kunstführer Nr. 1870, München/Zürich, 1991, S. 18

[121] Burke, (Nachdr.), 1989, S. 157f.

[122] Dolz, Johann Christian, Versuch einer Geschichte der Stadt Leipzig, Leipzig, 1818, S. 441

[123] „Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften...“, Bd. 35, Leipzig, 1788, S. 124f.

[124] Stieglitz, Th. 3, 1796, S. 231

[125] Ästhetisches Wörterbuch über die bildenden Künste, nach Watelet und Levesque, bearb.u. hrsg. v. Heydenreich, K. H., 3. Bd., Leipzig, 1794, S. 694-696, s. Quellentext Nr. 8

[126] Ebenso auf Emotion waren die Predigten von Leipziger Geistlichen ausgerichtet, von denen berichtet wird: „Die Tränen, die sich nicht selten entlockten, zeigten deutlich genug, daß sie in die Herzen der Zuhörer drangen.“; Voigt, Christian Friedrich Traugott (1770-1814), Ein Beitrag zur Charakterzeichnung des unsterblichen Mannes, Leipzig, 1792, S. 18

[127] Bemerkungen über Leipzig in Briefen, o. A., Leipzig, 1794, S. 9

[128] Selbst Klopstock, der sich sonst gegen die mythologische Allegorie ausspricht, konnte dieser Form der Darstellung unter bestimmten Voraussetzungen etwas abgewinnen: „Ich bin unterdeß nicht so sehr gegen die Allegorie, daß ich nicht zugestände, daß der Geschmack in unsern heutigen Verzierungen in der Baukunst durch ein gründliches Studium der Allegorie gereinigt werden und Wahrheit und Verstand erhalten könnte.“; Klopstock, „Eine Verurteilung“, Bd. 2, Hrsg. Schmidlin, 1839, S. 206

[129] Sachsens Kirchengalerie, Bd. I, Dresden I, o.D., S. 296

[130] Einige Ideen über die Anwendung des guten Geschmacks auf die Versammlungshäuser der Christen. Bey Gelegenheit der Einweihung der Nikolaikirche zu Leipzig (1796), o.A., Leipzig, Sommer 1796, 19f.

[131] Hagedorn, Bd. II, 1762, S. 689

[132] Der Leipziger Philosoph K. H. Heydenreich empfiehlt dem Künstler ebenfalls das Erlernen der „Luftperspektive“ indem[...] sie die Töne abstuft, sie die Contouren unbestimmt macht, die Winkel verlöscht, und nur die Formen schont, welche die Gegenstände begrenzen, so daß sie denselben jedoch vag und ungewiß macht.“; in: „Ästhetisches Wörterbuch ...“, 1794, S. 576-577

[133] Heydenreich empfiehlt wie Hagedorn zur Erlangung einer harmonischen Wirkung in der Malerei das Mildern (Adoucir) der Farben: „Man mildert die Farben auf zweierlei Weise, einmal, indem man ihren Glanz, ihre Stärke schwächt, dann indem man sie so geschickt und fein in Uebereinstimmung setzt, daß sie für das Auge eine möglichst harmonische Wirkung hervorbringen. Die Mittel der Kunst für diesen Zweck sind, Verbindungen der Töne, Übergänge, gebrochene Farben, Abstufungen unmerklicher Nuancen, auch die Auswahl der Farben, die man einander näher bringt.“; in: „Ästhetisches Wörterbuch...“, Bd. 3, 1794, S. 476f.

[134] „Ästhetisches Wörterbuch...“, 3. Bd., 1794, S. 694-696

[135] Wiedemann, Conrad, Zwischen Nationalgeist und Kosmopolitismus. Über die Schwierigkeiten der deutschen Klassiker, einen Nationalhelden zu finden; in: Patriotismus, Hrsg. Birtsch, Günter,
4. Jhg., Heft 2, Hamburg, 1989, S. 83. Wiedemann sieht den Grund für die gesteigerte Religiösität in der gescheiterten Reichsidee und dem Fehlen einer übergreifenden gemeinsamen Historie und Kultur der deutschen Länder, die zu einem vereinigten Staatsgebilde führen könnten. Als Ersatz bediente man sich der Religion als gemeinsam verbindendes Element. S. 75ff.

[136] Klueting, Harm von, „Bürokratischer Patriotismus“; in: Patriotismus, Hrsg. Birtsch, Günter,
4. Jhg., Heft 2, Hamburg, 1989, S. 51

[137] Birtsch, Günter, Erscheinungsformen des Patriotismus; in: Patriotismus, Hrsg. Birtsch, Günter, 4. Jhg., Heft 2, Hamburg, 1989, S. 4

[138] Kemper, 1997, S.14

[139] Beaucamp, 1984, S. 254

[140] Klasen, 1991, S. 115

[141] Schindler, 1982, S. 11f.














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