goethe


Timo John

Adam Friedrich Oeser 1717-1799
Studie über einen Künstler der Empfindsamkeit

VIII. Oeser und der Landschaftsgarten

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Oeser mit der Gestaltung von Gärten und Parkanlagen zu beauftragen, geht von der Vorstellung des 18. Jahrhunderts aus, daß ein Landschaftsgärtner möglichst selbst auch Landschaftsmaler sein müsse. Denn ein Maler verfährt bei der Gestaltung eines Natur­raums in derselben Weise wie ein Gärtner, indem er eine Auswahl an geeigneten, besonders reizvollen Naturausschnitten trifft und diese nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten auf dem Bild komponiert.[1]

Daß Oeser an der Gestaltung der Parkanlagen in Weimar als künstlerischer Berater und Landschaftsarchitekt herangezogen wurde, wird in den meisten Besprechungen über Parks der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts oft nur am Rande erwähnt. Selbst in Einzeldarstellungen bleibt es hierüber meist nur bei einer kurzen Bemerkung[2]. Eine umfassende Würdigung Oesers an der Mitgestaltung der Parkanlagen entlang der Ilm in Weimar und in Tiefurt hat bislang noch nicht stattgefunden. Die Tatsache, daß auch Goethe am Entstehen der Weima­rer Parks beteiligt war, verstellt bis hin zur jüngsten einschlägigen Gartenliteratur den Blick auf die Stellung Oesers, so daß dessen Anteil bislang noch nicht entsprechend erkannt und rekonstruiert wurde. Ein weiterer Grund für die einseitige Sichtweise mag ferner darin zu suchen sein, daß die Gestaltung der englischen Landschaftsgärten in ihrer Entwicklungs­geschichte verschiedenen Strömungen folgte und Oeser davon nur die Form des sentimen­talen englischen Gartens vertrat. Gerade dieser Typus aber stieß im Zusammenhang mit der allgemeinen Kritik am Sentimentalismus gegen Ende des Jahrhunderts immer mehr auf Ablehnung.

Im Verlauf des folgenden Kapitels soll in einem Überblick die theoretische Grundlage für die Gartenkunst der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert skizziert werden. Im Anschluß wird in einem Exkurs ein Blick auf die damals zeitgenössische Literatur geworfen werden, in der die zunehmend ablehnende Haltung gegenüber dem „empfindsamen“ Landschaftsgartens deutlich zum Ausdruck gebracht wird. Nach dem theoretischen Überblick wird versucht, Oesers Bedeutung für die Parkgestaltung in Weimar anhand chronologisch ausgewerteten Briefmaterials zu rekonstruieren. Die zahlreichen von Oeser gestalteten Denkmale für Gärten in Weimar und in Leipzig sollen in einem gesonderten Kapitel und unter einer eigenen Fragestellung behandelt werden.

 

1.    Theoretische Voraussetzungen

Die Geschichte des Landschaftsgartens ist als Teil einer geistigen Neuorientierung, welche aus dem 18. ins 19. Jahrhundert führt, zu verstehen und verdankt literarisch-philosophischen Impulsen nicht nur die geistigen Grundlagen, sondern auch wesentliche formale Anre­gungen. Die Entwicklung des Naturgefühls, die Betonung der Empfindung in der Einschät­zung natürlicher Schönheiten und das ästhetische Bedenken gegenüber unnatürlichen Formen sind ohne die Vorläufer der Romantik und schließlich ohne eine romantische Grundein­stellung nicht denkbar.

Gemeinsames Ziel der neu angelegten Gartenanlagen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun­derts war eine gestalterische und inhaltliche Überwindung des barocken Gartens, der als Inbegriff des mittlerweile verpönten absolutistischen Herrschaftssystems galt. Die auf einen Punkt ausgerichteten Sichtachsen, die Symmetrien, die coupierten Hecken galten als un­natürlich. Paten für den neuen Gartentypus waren die verbürgerlichten Länder, deren Kunst als nicht feudal bezeichnet werden konnte. Diese Länder waren England, die Niederlande, die Schweiz, hinzu kam die französische Aufklärung und die Antike und Renaissance Itali­ens. Zusätzlich stellte noch die Asiensehnsucht als soziale Utopie den Traum einer heilen Welt dar.[3]

Ohne hier die gesamte Entwicklungsgeschichte des Landschaftsgartens aufzeichnen zu wollen, sollen die wichtigsten theoretischen Impulse, die von England ausgingen, im folgen­den kurz dargelegt werden.

England war der Ausgangspunkt des Sentimentalismus, der seinen besonderen Ausdruck in dem sogenannten „Englischen Garten“ als einer Stätte eines „Naturkultes“ fand.[4] Der Sentimentalismus Englands war eng mit den gesellschaftlichen Umbrüchen des Landes verbun­den. Auf der Insel war der Emanzipationsprozeß des Bürgertums weiter vorangeschritten als auf dem europäischen Kontinent. Mit der bürgerlichen Revolution von 1697 und der Ein­führung der konstitutionellen Monarchie war England das Vorbild für alle bürgerlichen, geistigen und kulturellen Emanzipationsbestrebungen in Europa geworden. Das aus diesen Errungenschaften erwachsene Selbstbewußtsein des englischen Bürgers spiegelte sich ebenso auch in dem neu erwachten Naturgefühl wider. Der Landschaftsgarten verband sich eng mit dem Gedanken der Freiheit. Der streng angelegte Barockgarten stand nun dem geschlängelten Weg und dem unbeschnittenen Baum gegenüber.

Die theoretische Diskussion fand unter Dichtern und Philosophen statt, von denen auch die wichtigste Literatur zur Gartengestaltung ausgegangen war.[5] Gleichzeitig waren diese Programmschriften auch mit moral- und gesellschaftskritischen Äußerungen verbunden. Einen ersten gedanklichen Vorstoß unternahmen im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts Antony A. Cooper Earl of Shaftesbury (1671-1713), Joseph Addison (1672-1719) und der Dichter Alexander Pope (1688-1744). Auf Popes Anregung entstand einer der frühesten englischen Land­schaftsgärten in Twickham 1718. Richard Boyle Earl of Burlington (1695-1753) und William Kent (1684-1748) gestalteten kurz darauf den Garten von Chiswick. Kent wandte die Kompositions­regeln der Landschaftsmalerei auf die Gestaltung seiner Anlagen an und verstand seine Gärten als eine Folge dreidimensionaler malerischer Bilder, die er in der Natur entsprechend den Vorbildern Lorrains, Poussins und Salvador Rosas (1615-1673) nachstellte.[6]

Der aufgeklärte Adel Europas orientierte sich bei der Gestaltung der eigenen Parkanlagen an den englischen Vorbildern. Herausragendes Beispiel für Deutschland war hierfür der Park in Wörlitz Leopold III. Fürst Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740-1817). Für die in der Folgezeit im deutschsprachigen Raum entstandenen Gartenanlagen galt dieser Park als unerreichbares Vorbild. Die Wörlitzer Anlage verkörpert das gesamte Weltbild der Aufklärung, indem es sämtliche geistesgeschichtlichen Strö­mungen der Zeit in einer idealisierten Form zum Ausdruck brachte. Pädagogik, Religion, Medizin, Landwirtschaft, Kunst und Philosophie vereinigen sich hier zu einem Ideal einer künstlich geschaffenen Welt.[7]

Den wichtigsten theoretischen Beitrag zur Verbreitung des Landschaftsgartens in Deutsch­land lieferte die „Theorie der Gartenkunst“ von Christian Cay Lorenz Hirschfeld.[8] Die Gedanken des Professors der Ästhetik und des Gartentheortikers werden geleitet vom Sentimentalismus, den Emanzipationsbestrebungen des Bürgertums und dem aufklärerischen Denken des Adels. Die Nachwirkun­gen seiner Schriften sind im Landschaftsgarten von Wörlitz ebenso wie in den Gärten Weimars noch heute spürbar. Voraussetzungen für Hirschfelds Arbeit waren die literarischen und dichterischen Versuche, ein neues Bewußtsein des Menschen gegenüber der Natur zu schaffen. Allen voran übte das arkadische Ideal, das Geßner über seine Dichtungen, Idyllenzeichnungen und seine „Briefe über die Landschaftsmalerei“ vermittelte, großen Einfluß auf das neue Naturempfinden in Deutschland aus. Die Landschaftsdarstellungen und die Gartenkunst der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bringen dies zum Ausdruck. Ein Nachhall davon ist auch in den Weimarer Parkanlagen zu spüren.

 

-      Der „empfindsame“ Landschaftsgarten

Allgemein gesprochen bildet der Landschaftsgarten in der gegenständlichen Stilstufe, zusammen mit dem Schloß, den Monumenten und kleinen Bauwerken mit ihren Symbol­werten ein Ort, an dem die verschiedensten Gestaltungselemente mit ihren unterschiedlichsten Effekten angebracht sind. Die emotionale Bandbreite reicht von der Erinnerung an das Mysterium des Todes bis zum heiteren Spaß, von der Liebe zur heimatlichen Tradition bis zur Überraschung von Exotischem. Den einzelnen Landschafts­motiven wurden die verschiedensten Gefühlswerte zugeordnet, die oft auf engstem Raum als Gegensatzpaare angelegt wurden. Die Sinneseindrücke des ruhenden und fließenden Wassers, der Weite und des Ausblicks, der Enge und der Abgeschiedenheit, der sanften Schönheit und der heroischen Wildnis bilden einen gestalteten Mikrokosmos für die Entfaltungen aller menschlicher Empfindungen.

In der Literatur taucht der Begriff des „Empfindsamen Gartens“, nur einmal in der anonymen Schrift: „Kurze Theorie der empfindsamen Gartenkunst, oder Abhandlung von den Gärten nach dem heutigen Geschmack“ von 1786 auf.[9] Daß man sich ebenso wie in der bildenden Kunst bei Gärten, die auf Empfindungswerte angelegt wurden, eine moralische Läuterung versprach, bemerkt Sulzer unter dem Stichwort „Gartenkunst“. Er sieht aus den Gärten eine „sittliche Kraft“ hervorgehen, die die „Gemüther“ positiv beeinflußt.[10] Auch Hirschfeld geht davon aus, daß eine „Landschaft im Kleinen“[11] in erster Linie eine auf Empfindungen angelegte Landschaft sein muß, wie er sie z.B. in den Eindrücken eines „Abendgartens“ beschreibt:

„Dies sind die Augenblicke der lieblichsten Bilder und der süßesten Empfin­dungen: eine frohe Erholung der erschöpften Kräfte, ein gelassenes Nach­sinnen, eine sanfte Milde, die sich über alle unsere Gedanken, alle unsere Empfindungen verbreitet, ein Gefühl von Veränderung und Verschwindung der Scenen der Welt, das nicht schmerzhaft, nicht niederschlagend ist, sondern das empfindsame Herz lehrreich unterhält. In diesen Augenblicken fühlen wir uns so geneigt zum Genusse jeder Art von gemilderten Empfindungen, zu Ergie­ßungen vertraulicher Zärtlichkeit, zu ruhigen Unterredungen über den Werth des Lebens, über seine Bestimmung und feine Hoffnungen. [...] Wie beseligend ist nicht dieser Selbstgenuß in der Feyer des Abends, wenn liebliche Gefühle und süße Phantasien mit ernsten Betrachtungen wechseln, bald in der Unter­redung mit einem weisen Freund, bald in der stummen Unterhaltung der Ein­samkeit ! Wie manche sanfte Seele findet nicht ihre Empfindung in dieser Stille wieder.“[12]

Goethe war bis zu seiner Rückkehr aus Italien ein begeisterter Anhänger des englischen Gartens. Er teilt in seinem Gartentagebuch, das er zwischen dem 17. und 24. Mai 1776 von seinem Gartenhaus aus führte, seine Freude am Leben im Garten und seine Natur­verbundenheit mit:

[...] einen englischen Garten gezeichnet. Es ist eine herrliche Empfindung dahausen im Feld allein zu sitzen.“[13]

Anhand der Äußerungen Sulzers, Hirschfeld und Goethes ist zu erkennen, daß es bei der Anlage von Gärten nach englischem Vorbild in erster Linie darum ging, Gefühlseindrücke hervorzurufen. Hierzu waren die verschiedensten Mittel verwendbar. Sowohl die Gestaltung der Landschaft als auch ihre Ausstattung mit Denkmalen, Grotten und auch kleinen Staffage­bauten waren dazu geeignet, der Landschaft eine neue Charakteristik zu geben. Deren Bedeutung kann allerdings nur aus der Sicht des 18. Jahrhunderts verstanden werden. Ge­rade die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ist von einem sich verschlingenden, kaum zu entwirrenden Geflecht geistiger und kultureller Strömungen geprägt. So geraten bei der späte­ren Beurteilung dieser Parkanlagen in erster Linie die auf Emotion bezogenen Partien in die Kritik. Dabei wird wenig beachtet, daß es hierbei mehr um die Erziehung der Gefühle und um die Anreicherung der Landschaft durch Bildungselemente geht, als nur um süße Träume und Natur­schwärmerei allein.[14]

 

 

 

2.    Die Gartengestaltung für Weimar

Zwischen den Jahren 1776 und 1785 wurde Oeser vom Weimarer Hof regelmäßig in Gar­tenfragen und zur Landschaftsgestaltung konsultiert. Oeser schöpfte bei der Anlage der Parks aus den Erfahrungen seiner in den Zeichnungen angelegten Landschaftsdar­stellungen, die dem Weimarer Hof schon seit langem bekannt waren und sich dort größter Beliebtheit erfreuten. Seine Aktivität beschränkte sich in erster Linie auf den Gartenpavillon im Garten des Wittumspalais, den Garten in Tiefurt bei Weimar und vermutlich den Park zu Ettersburg.[15] Die Tiefurter Anlage war weitgehend unbeeinflußt von Goethe und kann durchaus als eine eigene Schöpfung Oesers betrachtet werden, die ganz nach dem Ideal des frühen sentimentalen englischen Land­schaftsgarten geschaffen wurde (Abb. 56). Über die Tätigkeit als Gartenfachmann hinaus ent­standen von ihm auch einige Gartendenkmale, die allerdings häufig nicht mehr genau rekon­struiert werden können.[16]

 

 

-      Der Tiefurter Park ein „Elysium“

Das Tiefurter Schloß mit seinem Garten wurde 1775 für die kleine Hofhaltung des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach und seinen Erzieher Carl Ludwig von Knebel requiriert. 1781 übernahm die Herzogin Mutter Anna Amalia das Anwesen und verlegte ihren Sommer­sitz von Ettersburg nach Tiefurt. So wurden Schloß und Park Stätten eines unkonventionellen Rustizierens, eines kulturvollen heiteren geselligen Treibens des Krei­ses um Anna Amalia, der sich besonders in der sogenannten Tafelrunde zusammenschloß. Bleibendes literarisches Zeugnis dieser Zeit ist das „Tiefurter Journal“, das in den Jahren 1781-1784 erschien.

Die Anfänge des Parks, der in einem von Steilhängen begrenzten Bogen des Ilmflusses liegt, wurden von 1775-1780 von Knebel gemeinsam mit Oeser geprägt. Die Erweiterung auf den heutigen Umfang erfolgte mit der Übernahme durch die Herzogin zwischen 1781-1788. Der Park entwickelte sich unter der Gestaltung Oesers zu einem der bedeutendsten englischen Landschaftsparks in Deutschland.

Offenbar scheinen die Arbeiten für die Umgestaltung der Wiesen und Äcker des ehemaligen Pachtgutes zu einem englischen Landschaftspark kurz nach dem Einzug von Prinz Constantin in das Schloß begonnen zu haben. Denn bereits 1775 holt Oeser bei Knebel Erkundigungen „wegen der Bäume“ ein und kündigt zwei von den „chinesischen Gärten“ (vermutl. Gartenjournale) an, die er bereits von Leipzig abgesendet hatte.[17] Im selben Jahr hatte Oeser schon zahlreiche Pflanzen für den Garten in Tiefurt nach Weimar geschickt, wofür sich Knebel bei Oeser bedankt, gleichzeitig war man neben den Pflanzen auch sehr an Oesers Gartenplastiken aus weißem sächsischen Marmor interessiert.[18]

Oesers mehrfach bekundete Interesse für die Chinamode zeigt, daß er sich an dem Landschaftsgartentypus des „Jardin Anglo Chinois“ orientierte,[19]. zu dessen Ausstattung auch künstliche Grotten gehörten. Oeser waren in Leipzig die wichtigsten und modernsten Schriften zur ausländischen Gartenkunst zugänglich, die er vielmals, wie die Quellen belegen, für den Weimarer Hof abonnierte.[20] Gemäß dem Zeitgeschmack wird aus dem Briefwechsel immer wieder Oesers Sympathie für die Chinamode des 18. Jahr­hunderts deutlich, die er in Weimar zu etablieren suchte. Offen­bar plante er auch für Tiefurt chinesische Elemente anzubringen. Einer der stärksten Befür­worter der Orientierung an den chinesischen Gärten war Sulzer; er sah in den chinesi­schen Gärten ähnlich wie Hirschfeld eine „Landschaft im Kleinen“, die es besonders nach­zuahmen galt.[21]

Vorbild für die meisten englischen Gärten in Deutschland war, wie schon gesagt, der Wörlitzer Park. Aus der Begeisterung für diese Anlagen begann man auch in Weimar ähnliche Gärten anzulegen.[22] Daß Oeser sich den Wörlitzer Garten als Vorbild für Tiefurt nahm, gilt für die damalige Zeit als selbstverständlich. Über seinen Aufenthalt in Wörlitz schreibt er 1776:

„Ich war vor kurzem bey Sr. Durchlaucht dem fürtrefflichen Fürsten von Dessau in Wörlitz und alles schöne und unvermutliche, was ich da fand wünschte ich zu Ihrer liebenswürdigsten Prinzessin nach Tiefurt, wann ich in Ihre Gegend komme, so wollen wir uns bemühen alles, wenn es nicht schon ist, in ein Elysium zu verwandeln.“[23]

Goethe war ebenso von Wörlitz angetan. An Frau von Stein berichtet er:

„Hier ist es jetzt unendlich schön, mich hat´s gestern abend, als wir durch die Seen, Kanäle und Wäldchen schlichen, sehr gerührt, wie die Götter dem Für­sten erlaubt haben, einen Traum um sich herum zu schaffen. Es ist, wenn man so durchzieht, wie ein Märchen das einem vorgetragen wird, und hat ganz den Charakter der Elysischen Felder [...][24]

Die gesamte Anlage in Wörlitz galt als Inbegriff eines aufgeklärten Weltbildes. Ein „Elysium“, das auf das Jenseits der Seligen in der griechischen Mythologie anspielt, sollte nun nach Ideen griechischer Hirtengedichte von Oeser auch in Weimar etabliert werden.

Der Tiefurter Park wurde nicht nur vom Prinzen allein genutzt, sondern gleichzeitig auch von seiner Mutter der Herzogin Anna Amalia. Noch bevor sie endgültig ihre Sommer­residenz von Ettersburg nach Tiefurt verlegte, versuchte sie sich über zahlreiche Journale und aktuelle Literatur über den „Englischen Garten“ zu informieren und sich zusammen mit Oeser über die Gestaltung ihrer Gärten zu beraten. Auch das 1777 von Oeser angekün­digte Lustgebäude, das er der Herzogin im Tiefurter Park errichten wollte, dürfte aus Anre­gungen solcher spezieller Gartenliteratur hervorgegangen sein.[25] Oeser schickte hierzu Entwürfe, die heute nicht mehr erhalten sind. Offenbar sollte das Gebäude in Sichtweite des Tiefurter Schlößchens liegen, eingebettet in Wiesen nach englischem Vorbild. Bei diesem Projekt könnte sich Oeser ebenso auch an Hirschfeld orientiert haben, der, obwohl er gegen die Überfüllung von Gärten mit kleinen Baulichkeiten Stellung nimmt, auch Staffagegebäude behandelt. Der Gartentheoretiker trägt damit auch zu einer weitverbreiteten Kenntnis der Baugeschichten kleiner romantischer Bauten und Monumente bei.

Über die Leipziger Messe hatte Oeser auch beste Kontakte zu Händlern, die mit heimischen und exotischen Pflan­zen handelten. Er war für den Weimarer Hof nicht nur als Vermittler von Pflanzen zustän­dig, sondern gleichzeitig auch als Berater bei der Auswahl der Pflanzen, welche sich für die Anlagen am besten eignen würden. 1777 erkundigte sich Oeser nach der Ankunft der bereits geschickten Bäume und sprach eine Empfehlung aus, „wilden Wein“ zu pflanzen. Die Absicht war ganz auf dessen Empfindungs­werte ausgerichtet: [...] Ich weiß für das ganze Auge den ganzen Sommer durch, aber besonders im Herbst nichts reizenderes; und wächst auch ganz geschwinde.“[26]

Oeser plante für die Herzogin gegenüber dem Schloß einen sogenannten „Pont de vue“ zu errichten. Sichtbeziehungen konnten in englischen Parks als schmale Durchblicke, als gestaltete, begrenzte räumliche Bilder und in Form von Gartenszenen, Denkmälern oder kleineren Gebäuden auftreten. Unabhängig davon sollten bestimmte Sichten, Bilder, Szenen oder Situationen beim Betrachter bewußte Stimmungen anregen. Stimmungsbilder stellen in Tiefurt ein typisches Gestaltungsmerkmal dar. Oeser kannte sich genauestens mit der Gartenthematik aus. Nicht nur als Theoretiker konnte er Empfehlungen aussprechen. Seine Beratungen waren durchaus auch praktischer Natur und gingen über die Lehre hinaus.[27]

Für die Gartengestaltung schien Oeser neben aktuellen Gartenjournalen das Werk Hirsch­felds unentbehrlich gewesen zu sein, dessen vierten Band, „welcher von dem Herrn Hofrat Wieland in seinem Merkur gut besprochen wurde“, er sich von seiner Tochter extra hat nach Tiefurt schicken lassen.[28] Zwar ist Hirschfelds Werk sehr material- und gedanken­reich, es lassen sich aber daraus keine Handlungsanweisungen gewinnen.[29] So oblag es Oeser, wie die Briefe zeigen, diese Handlungsanweisungen als Landschaftsarchitekt selbst zu geben.[30]

Oeser war nicht nur der Hauptverantwortliche bei der Gestaltung des Tiefurter Parks, son­dern manchmal auch für die Unterhaltung des Tiefurter Kreises zuständig. Gelegentlich illuminierte er den Garten stimmungsvoll in „Rembrandtscher Magie“, um beim kunstliebenden Publikum der Zeit erhabene Empfindungen zu erregen. Knebel schrieb über einen solchen Augenblick an seine Schwester Henriette von Knebel (1755-1813):

„Abends war Illumination, [...] Oeser ließ noch in dem gegenüber etwas erhaben liegenden Hölzchen einige Reisigbündel anzünden, welches eine herrliche Erleuchtung gab, zumal da er einige große Figuren in Form von Statuen, die er dazu gemacht hatte, hinein­setzen ließ.“[31]

Der unweit von Weimar gelegene Landschaftspark Tiefurt entstand in seiner heutigen Ausdehnung in drei Entwicklungsphasen. Oeser gestaltete den ersten Abschnitt der Anlage unter Mithilfe Knebels zwischen den Jahren 1775-1785. Der Park mit seinen Denkmalen und den von Oeser ausgewählten Pflanzungen wurde aus dem im Geist der Empfindsamkeit geschaffen und zählt heute noch zu den bedeutendsten englischen Landschaftsgärten in Deutschland.

 

 

 

3.    Der Rote Turm

Innenraumgestaltungen mit Landschaftsdarstellungen und symbolhaften Naturbezügen ent­wickelten sich ab ca. 1760. Landschaftsmalereien mit trompe-l´oeil- Motiven wurden zu einem wichtigen Bestandteil für Innendekorationen. Gartenraumgestaltungen oder gemalte Ausblicke in eine phantastische Landschaft erfreuten sich großer Beliebtheit.[32] Hirschfeld hat in seiner Theorie der Gartenkunst den Darstellungen von Landschafts­bildern im Innern der Lustschlösser den ersten Platz zugedacht und gerade die empfindungsmäßige Einheit von wirklicher und dargestellter Natur hervorgehoben:

„Landschaftsgemälde [...] können in den Landhäusern den ersten Platz verlangen. Die reiche und manigfaltige Natur, auch wenn wir sie täglich vor Augen haben, sättigt nicht so sehr, dass sie uns nicht in einer glücklichen Nach­ahmung wieder gefallen sollte. [...] In Zimmern, mit schönen Landschafts­gemäl­den bereichert, athmet alles um uns her die liebliche Luft des Landes. Kein Widerspruch der Eindrücke von aussen, keine Befürchtung des Missfälligen, wenn wir aus dem Freyen hereintreten; sondern eine Harmonie der Wohnung mit der Landschaft [...].[33]

Gerade am Raumtyp Pavillon soll an einer Zimmerwand durch Illusionsmalerei eine Wand­einfassung vorgetäuscht werden und die Wandöffnung den Blick in die exotische Landschaft ermöglichen. Das Erlebnis besteht darin, daß sich die Natur öffnet und die Landschaft in den Raum scheinbar eindringen läßt.[34]

Das spezielle Interesse Oesers für asiatische Kunst mag bei den Ausmalungen des soge­nannten „Roten Turmes“ in Weimar eine Rolle gespielt haben. 1776 pachtete die Herzogin ein weiteres Grundstück zum englischen Garten ihres Wittumspalais hinzu. Auf dem Ge­lände befand sich ein ehemaliger Wehrturm, auf dessen Grundmauern ließ Anna Amalia einen Gartenpavillon im chinesischen Stil errichten (Abb. 57). Die sechs Wandfelder und der Plafond wurden von Oeser 1776/77 ausgemalt.[35]

Oeser bedient sich bei seinen Ausmalungen dem Mittel der Scheinarchitektur mit Durchblicken. Die jeweils im Vordergrund agierenden Personen, die auf fremde Kulturen und Landschaften „hinausweisen“, sind der Chinamode verpflichtet (Abb. 58).

Die allseitige Natursehnsucht war eine bestimmende Strömung ab der zweiten Jahrhun­derthälfte. Mit seinen im Roten Turm geschaffenen Ausblicken in chinesische Idealland­schaften kam Oeser diesem Bedürfnis nach, sein äußeres Mittel des Illusionismus diente der „Wahrheit“ der abgebildeten Natur. Die Landschaften staffeln sich von den jeweiligen Personen im Vordergrund ausgehend direkt zu einem Fernblick auf eine Stadt oder Gebirge, der Mittelgrund fehlt völlig. Oeser scheint hier weniger an der Empfindung einer klassischen Landschaft interessiert gewesen zu sein, statt dessen wollte er den Illusionismus der Wiedergabe betonen. Dieses Zeitempfinden verband ein für die Aufklärung typi­sches Interesse an der ethnographischen Wirklichkeit mit der Sehnsucht nach romantischen Naturerlebnissen. Die Bilder sind so angelegt, daß der Betrachter einbezogen wird. Der tiefe Horizont erzeugt eine utopische Erweiterung, die gleichzeitig als „geistige“ Öffnung des Innenraums zu verstehen ist.[36] Die Chinoiserie, die sowohl am “extremen Naturalismus“ als auch am „allgemeinen Illusionismus“ der Zeit beteiligt war, stellt gemeinsam mit der Antike die „ideale Natur“ dar.[37]

 

 

 

4.    Kritik an den „empfindsamen Gärten“

Wie bereits im Kapitel über die „Kritik an der Empfindsamkeit“ gezeigt wurde, richteten sich die Vorwürfe lediglich gegen eine übersteigerte und damit oberflächliche Empfindung. Ganz speziell richtete sich die Ablehnung gegen den „empfindsamen“ Landschaftsgarten. Verantwortlich dafür wurden die inhaltslosen Stilelemente und Auswüchse bei der Gestal­tung der Landschaftsgärten fern jeder Vernunft gemacht.[38] Die Kritik an den englischen Gärten richtet sich nicht gegen die eigentliche Form dieser Gartengestaltung, sondern nur gegen die übertriebene Verfremdung der Natur und deren Verunstaltung durch effektvolle Staffageausstattungen. Christian Felix Weiße schreibt 1772 in einem Gedicht:

„Auf einen zu künstlichen Garten“

„Der Garten ist sehr schön geschmückt!      
Hier Statuen und dort Cascaden;       
Die ganze Götterzunft, hier Faune, dort Najaden,     
Und schöne Nymphen, die sich baden:         
Und Gold vom Ganges hergeschickt,           
Und Muschelwerk und goldne Vasen,
Und Porzellan auf ausgeschnittnem Rasen, 
Und buntes Gitterwerk, und - Eines such ich nur      
Ist´s möglich, daß was fehlt? Nichts weiter - die Natur.
[39]

Goethe, der selbst ab 1778 an der Gestaltung des Ilm-Parks in Weimar mitwirkte, fügt in seinem 1787 veröffentlichten Schauspiel „Triumpf der Empfindsamkeit“ das Melodram „Proserpina“ bei. In diesem Stück wird der empfindsame Garten deutlich kritisiert und abgelehnt: Der Hofgärtner des Stücks stellt ironischerweise seinem Prinzen einen Garten vor, wie er nicht mehr sein sollte. Goethe läßt sämtliche Attribute, die zu einem englischen Landschaftsgarten gehören, auf verspottende Art aufzählen und macht somit ein weiters Mal deutlich, daß er sich von der Empfindsamkeit distanziert hat.

[...] Zum vollkommenen Park          
Wird uns wenig mehr abgehn.          
Wir haben Tiefen und Höhn, 
Krumme Gänge, Wasserfälle, Teiche,        
Pagoden, Höhlen, Wiesschen, Felsen und Klüfte,  
Eine Menge Reseda, und andere Gedüfte,  
Weimutsfichten, babylonische Weiden, Ruinen,     
Einsiedler in Löchern, Schäfer im Grünen,  
Moscheen und Türme mit Kabinetten,         
Von Moos sehr unbequeme Betten, 
Obelisken, Labyrinthe, Triumphbogen, Arkaden,    
Fischerhütten, Pavilons zum Baden,
chinesisch-gotische Grotten, Kiosken, Tings,         
maurische Tempel und Monumente,           
Gräber, ob wir gleich niemand begraben-    
Man muß es alles zum Ganzen haben.“
[40]

Ebenso kritisch gegenüber der künstlich angelegten Natur äußerten sich auch der Leipziger Ästhetiker Jacobi[41] und Friedrich Schiller.[42] Jacobi wandet sich 1819 unmiß­verständlich gegen die allgemeine Formulierung „daß der Garten eine Landschaft im Kleinen“[43] sein soll. Ihm mißfiel, daß mit künstlichen also widernatürlichen Effekten, Emotionen erzeugt wurden, die selbst nicht natürlich sein konnten. Auch Schiller kritisierte 1799 die mit künstlichen Mitteln erzeugte Effekthascherei in den englischen Gärten. Für ihn stehen Kunst und Natur in einem unüberwindbaren Gegensatz zueinander und lassen sich nicht miteinander vereinbaren. Konkret richtete sich seine Kritik an die Gärten im Seifersdorfer Tal bei Dresden und den Park um das Schwetzinger Schloß. Beide, Jacobi wie Schiller, plädierten gegen das Künstli­che und für das Natürliche eines Gartens, denn nur ein natürlicher Garten kann auch natürli­che Emotionen frei von Affekten und jeglicher Form von übertriebener Empfindelei auslösen.

Oesers Anteil an der Gartengestaltung in Weimar war größer als bisher bekannt. Die Ursache, daß Oeser als Gartengestalter seither keine ausreichende Würdigung zukam, mag unter anderem darin zu finden sein, daß er nur die frühe und vergleichsweise kurze Periode des „empfindsamen Gartens“ der gesamten Entwicklungsgeschichte des Landschafts­gartens vertrat. Die später einsetzende Kritik an der „Trivialisierung“ der Gartengestaltung, führte zu einer allgemeinen ablehnenden Haltung gegenüber dem „empfindsamen Garten“ und Oesers künstlerische Leistungen in der Parkgestaltung wurden kaum mehr erkannt.

 


 

[1] Sedelmayr, Hans, Verlust der Mitte, Salzburg, 1963, S. 21f.

[2] Selbst Krüger verschweigt in ihrem umfangreichsten Kapitel „Die grüne Kunst“, daß Oeser an der Parkgestaltung in Weimar beteiligt war; vgl. Krüger, 1972, S. 56ff. und S. 76ff. Buttlar verzichtet ganz auf die Nennung Oesers; vgl. Buttlar, Adrian v., Der Landschaftsgarten, Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln, 19892; ebenso Gerndt, Siegmar, Idealisierte Natur, Die literarische Kontroverse um den Landschaftsgarten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts in Deutschland, Stuttgart, 1981, S. 141ff. S. 71ff., S. 156ff; Wieland, Dieter, Historische Parks und Gärten, Hrsg. Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz, Bd. 45, Bonn, 1993, S. 45f

[3] Kat. Der Englische Garten zu Wörlitz, Hrsg. Staatliche Schlösser und Gärten Wörlitz, Oranienbaum, Luisium, Berlin,1987, S. 159ff.

[4] Sedelmayr, 1963, S. 146f.

[5] Chamber, William, Designs of Chinese Buildings, London, 1757, Reprint Farnborough, 1969; Plan, Elevations, Sections and Perspective Views of the Gardens and Building of Kew in Surrey..., London, 1763, Reprint Farnborough, 1966; A Dissertation of Oriental Gardening, London, 1772, übers. Über die orientalische Gartenkunst, Gotha, 1775; Payne Knight, Richard, The Landscape. A didactic Poem in three Books, London, 1794, Reprint Farnborough, 1972

[6] Kat. Der Englische Garten zu Wörlitz, 1987, S. 167ff.

[7] Als grundlegende Literatur zum Wörlitzer Park im besonderen aber auch zum englischen Garten im allgemeinen werden für die folgenden Kapitel die Aufsätze aus dem Katalog: Weltbild Wörlitz, Entwurf einer Kulturlandschaft, Hrsg. Bechthold, Frank-Andreas, Weiss, Thomas, Stuttgart, 1996, verwendet.

[8] Hirschfeld, Christian Cay Lorenz, Theorie der Gartenkunst, Leipzig, 1779-1785, Bd. 1-5, Nachdr., Hildesheim, 1973

[9] Kurze Theorie der empfindsamen Gartenkunst, oder Abhandlung von den Gärten nach dem heutigen Geschmack, o. A., o. O., 1786, s. Doktor, 1975, S. 419

[10] Sulzer, Bd. 2, 17922, S. 296. Oeser besaß von Sulzer „Betrachtungen aus den Werken der Natur“, Berlin, 17502; Rost, 1800, S. 479, Nr. 99

[11] Hirschfeld, 1779, Bd. 1, S. 29

[12] Hirschfeld, 1785, Bd. 5, S. 16

[13] W. A., Bd. 96, Abth. 4, Bd. 3, S. 65-69; Mit dem „englischen Garten“ war der Hang direkt hinter dem Gartenhaus im Weimarer Schloßpark gemeint. Dort ließ Goethe einen Schlängelweg, Sitzplätze und Nischen anlegen und das Gelände parkartig bepflanzen.

[14] Kat. Der Englische Garten zu Wörlitz, 1987, S. 162ff

[15] Auch der Park um Schloß Ettersburg wurde seit 1776 von der Herzogin Anna Amalia im englischen Stil umgestaltet, wo Oeser wahrscheinlich auch beratend zur Seite stand. Über den Park schreibt er an die Herzogin: [...], die dortige schöne Natur, werde von ihrem gütigen Schöpfer mit wohltätigen Reizen gesegnet, um nun auch mindere Schmerzen zu heilen, die er nach seinen eigenen Gesetzen durch sie bestimmte [...]; Brief Oesers aus Leipzig vom 5. März 1780 an Herzogin Anna Amalia; ThHStW, Hausarchiv, Abth. A.XVIII No.82 12/13; hier erstmals veröffentlicht

[16] Der Schloßpark zu Weimar war in erster Linie eine Domäne Goethes und des Herzogs Karl August. Oesers Aktivitäten zu dieser Anlage dürfte sich lediglich auf die Errichtung von Denkmalen beschränken.

[17] Brief Oesers aus Leipzig vom 1. November 1775 an Knebel; UBL Rep.VI 25 zh 2

[18] Brief Knebels aus Tiefurt den 17. Oktober 1776 an Oeser; UBL Rep. VI 25 zh 2; hier erstmals veröffentlicht: “Denn alles will von Ihrer Arbeit und von ihrem Marmor, und ich hatte es der Herzogin kaum gesagt, daß Sie mir Athenerinnen von Marmor machten, so will Sie schon solche für Ihren kleinen englischen Garten haben, und fragt mich ohne Unterlaß, ob Sie solche nicht bekommen könnte. Und hier für ein Tiefurt oder [?] geht es nicht viel besser, und wir bilden uns ein unser liebes Thal und unser höchster Hügel könnte sich mit keinem größeren Reiz mehr schmücken, als wann noch hie und da in einem ausgefallensten Winkel ein Oeser prangte. Mein Prinz läßt sich [?] ganz schön für ihr vegetabiles Geschenk bedanken. Wir haben es sogleich auf der Anhöhe neben der Höhle gepflanzt...“. Der Dank dürfte sich auf seltene Bäume oder Sträucher beziehen, wie Oeser solche mehrfach nach Weimar sandte. In seinem Garten in Dölitz widmete er sich mit besonderer Vorliebe der Aufzucht allerlei fremdländischer Gewächse.

[19] vgl. Buttlar, 19892, S. 107ff.. Im 18. Jahrhundert erschienen Kupferstichwerke mit chinesischen Gartenansichten, es ist nicht auszuschließen, daß Oeser diese Werke für Weimar besorgt hat.

[20] „Ihro Durchl. die Herzogin Amalia haben diese Gartenlust bey mir bestellt, und ich freue mich daß ich sie so bald übersenden kann. Ich weiß  auch nichts besseres für Sie und Durchl. Prinzen zu schicken. Studieren Sie diese, bey dieser Jahreszeit auf dem Papier, und machen Sie den Plan fürs gantze, aufs Frühjahr, stecken Sie diesen Plan fürs gantze ab, und führen Sie ein Stück nach dem anderen gantz ruhig aus. Ich sehe schon wie Sie auf der Wiese eine regulare Partie für den Garten wählen, und um der Manigfaltigkeit willen auf beiden Seiten, die schönste englischen Partien anzubringen wissen, und zu Ende der Wiese soweit Sie hinaus können, einen Platz für Ihre Durchl. die Herzogin Amalia übrig lassen, wo dieselben gesonnen sind ein Lustgebäude anzubringen. Vermutlich, wie in Cahier 4. p.6 welches ich mit B. bezeichnet, wo anbey den Seiten einige Gebäude zur Gemächlichkeit gemacht werden, welches sich fürtrefflich aussehen, wird, wann Ihr durchlauchtiger Prinz von seiner Wohnung einen solchen Prospekt vor Augen hat, und wenn ich was rathen sollte, so würde ich dem chinesischen Geschmack an unseren Orten anbringen. No.7 gleich auf folgendem Blatt, ist eine recht gute Grotte. Sie werden schon das Beste wählen, und allem die rechte Größe zu geben wissen. Dieses Cahier kosteten 20 Th. das Werk wird continuiert, melden sie ob die folgenden auch verlangt werden.“; UBL Rep. VI 25 zh 2, Brief Oesers, Leipzig 16. Januar 1777 an Knebel; hier erstmals veröffentlicht.

[21] Sulzer, Bd. 2, 17922, S. 299; Sulzer stützt sich auf die Programmschrift des Engländers Sir William Chamber „A Dissertation on Oriental Gardening“ (1772). Anregungen zur asiatischen Kunst erhielten Oeser und der Weimarer Hof wohl auch über den Naturforscher und Reisebegleiter von James Cook (1728-1779), Johann Reinhold Forster (1729-1798). Oeser lernte ihn in Leipzig kennen. Oeser schreibt hierüber an Anna Amalia: „Seit meiner Zurückkunft nach Leipzig ißt die Bekanntschaft des alten Forsters das Angenehmste gewesen, was mir begegnet ist. Er hat mir interessante Dinge anvertraut,. ich lege einstweilen eine Copie von der Oster Insel zu.“; Brief: Leipzig, 28. November 1780; ThHStW, Hausarchiv, Abth. A. XVIII No. 82 21/22.

[22] Kat. Der Englische Garten zu Wörlitz, 1987, S. 208

[23] Brief Oesers vom 10, November 1776 aus Leipzig an Knebel UBL, Hirzelsche Goethebibliothek.,“B79“; hier erstmals veröffentlicht

[24] Rave, Paul Ortwin, Gärten der Goethezeit, Leipzig, 1941, S. 23

[25] „Ich habe die englischen Gärten bestellt, die die Herzogin verlangte und sie sind besonders für Weimar so lehrreich, daß ich nichts besseres vorstellen kann. [...] Unterdessen als diese gute Ideen erwartet werden so bau ich ein Lustgebäude für die Durchl. Herzogin Amalie nach Diefurth, worüber mit dem H. von Knebel gesprochen und bis die Zeit, da man etwas im Gartenbau machen kann, sollen schon Gedanken folgen. [...] Die chinesischen Mahler habe ich erhalten, ich wünsche mehrere Nachricht von diesen Asiaten und den Umgang mit den Europeern in Absicht der Kunst und des verschiedenen Geschmacks.“; GSAW 28/671, Konzept eines Briefes vom 10. Januar 1777; hier erstmals veröffentlicht. Wahrscheinlich wurde das Lustgebäude bei den erneuten Umgestaltungen des Parks, 1818 entfernt.

[26] „Efeu zu legen, ist zu jeder Jahreszeit thauglich, doch werde ich unter aller Art Efeu, zu dem sogenannten wilden Wein rathen [...]“; Brief Oeser vom 17. November 1777 aus Leipzig an Knebel; UBL Rep. VI 25 zh 2; hier erstmals veröffentlicht.

[27] „Ich will zu meinem größten Vergnügen eilen und dieses bestehet darinnen, wann ich etwas erfinden könnte, welches von der fürtreflichsten Durchl. Herzogin Amalie gebilligt würde. Dieselben weisen mir in Tifurt auf den Berg einen Ort, wo Ihre Durchl. einen Ruhe Platz haben wollten wohin ein Sitz von Marmor kommen sollte. Beyligender Entwurf, wird meine Träume etwas kenntlich machen, es sollte eine Nische von Acatien Bäumen und Sträuchern, auf beyden Seiten mit Roßen und Malven untermischt vorstellen, ich habe gegen 3 Schock groß und kleine Acatien zusammen gebracht, die auf dero Ordre nebst einigen Platans folgen sollen. Meine Gärtner wollen vor Medio April keine Bäume versetzen. Ich möchte zu dieser Nische vorzüglich Acatien, weil dieser Baum geschwind und überall fortkommt, und sein besonders schöne Grün, und das besonders empfindlich feine Laub, sich vor andren auszeichnet. Sollte diese Idee gebauet werden, so würde ich vorgreiflich (?) die ganze Nische aus Pfählen und Reifen zusammensetzen, und die Nische nur inwendig im Schnitt erhalten. Was die Größe anbelangt, so habe ich 8 Ellen breit, und 11 Ellen hoch angenommen, leidet es der Raum, und man könnte es größer machen, so wären es desto beßer, aber nur nicht kleiner, weil ich wünsche daß diese Nische auch von unten aus dem Garten eine gute Parti aus mache.“ weiter vermerkt Oeser in einem Zusatz : „Eben erhalte ich die Kupferstiche, welche hiermit folgen, zum 5ten Cahier macht man chinesische Gebäude welche recht gut sind. Der Preis für jedes Cahier ist 5. re.“; Brief Oesers vom 4. April 1777 aus Leipzig, vermutlich an Knebel gerichtet; UBL Rp VI. 25 zh 2; hier erstmals veröffentlicht.

In einem weiteren Brief heißt es: "Hiermit überschicke ich Ihnen Hochwohlgeborener Herr die mir aufgetragenen 12 Platanus. Ich wünsche das beste Gedeyhen. Bey diesen Bäumen habe ich noch eine andere hinzugethan, der seiner schönen Blätter wegen alle Liebe und Verehrung, verdient, sein Name ist Catalba, und mein Wunsch dabei, daß es der neugeborenen Prinzessin [Louise Anna Amalia von Sachsen von Weimar 3.2. 1779] zu Ehren gesetz würde. Aber etwan an einem Orte von Stadt, wo ihn die durchl. Herzogin vor Augen hätte.“; Brief Oesers, Leipzig 24. März 1779, an Knebel; UBL Rep.VI 25 zh 2; hier erstmals veröffentlicht.

[28] Briefentwurf Oesers aus Tiefurt, 24.Juli 1785 an seine Tochter, UBL Rep. VI 25 zh 2; hier erstmals veröffentlicht.

[29] Kruft, A., Geschichte der Gartentheorie, München, 1991, S. 305

[30] Anna Amalia bestellt 1784 sechs Platanus Bäume bei Oeser aus Leipzig; Brief von Herzogin Anna Amalia vom 15. Nov. 1784 aus Tiefurt an Oeser, UBL Rep.VI 25 zh 3. Der Antwortbrief Oesers zu den Bäumen geht an die Schwiegertochter Anna Amalias, die Herzogin Louise (1757-1830), der er „6 Platanus“ schickt. Weiter schreibt er: [...] so gut sie jetzt in Leipzig zu haben sind, aber diese Stück scheinen den neu angelegten Platz, in dem reizenden Tiefurth nicht genüge zu leisten; ich habe noch einige schön blühende Gesträuche beypacken laßen besonders Hipiscus, welcher sich als Hecke ziehen läßt.“; GSAW 86/ V,6,1; hier erstmals veröffentlicht. Am 23 März schreibt Oeser 1785 aus Leipzig an die Herzogin: „Im Fall Eur. Herzogl. Durchlaucht noch gesonnen sind in Tiefurt noch einige Verbesserungen zu machen: so werde ich michs aufs Eifrigste bemühen, die besten, die nur zu haben sind, zu diesem Endzweck unterthänigst zu überschicken [Platans]; und dabey auf dem Riß meine unvorgreiflichen Gedanken unternehme, [wie] sie auszutheilen wären.“; ThHStW, Hausarchiv, Abth. A. XVIII No. 82 45/46; hier erstmals veröffentlicht

[31] Brief Knebels vom 18. u. 20. September 1784, an seine Schwester Henriette von Knebel; zit. nach: Dürr, 1879, S. 128f.

[32] Thümmler, Sabine, Landschaftsmotive im Innenraum Bemerkungen zur Panoramatapete um 1800; in: „Landschaft“ und Landschaften im 18. Jahrhundert, Hrsg. Wunderlich, Heinke, Heidelberg, 1991, S. 157ff.. Oeser könnte Anregungen zu seinen Wandmalereien von ähnlichen Blattsammlungen mit Dekorationsvorschlägen wie aus dem „Magazin für Freunde des guten Geschmacks“ von 1796, mit folgender Beschreibung bekommen haben: “Wandverzierung eines Galeriesaales, der an einen Garten stößt. [...] Um nun der wirklichen Aussicht ins Grüne einen künstlerischen Naturprospekt entgegenzustellen, ist rathsam, eine Wandverzierung [hat] etwas Reiches und Einladendes für die Phantasie, das durch die dahintergestellte Landschaft etwas Fremdes und Ausländisches erhält. Es thut durch einen geschickten Dekorationsmaler eine ganz unerwartete Wirkung.“; zit. nach: Thümmler, s. o., ebd.

[33] Hirschfeld, 1780, Bd. 3, S. 29

[34] Müller, Hella, Natur-Illusion in der Innenraumkunst des späteren 18. Jahrhunderts, Hannover, 1957, S. 85

[35] Ausführliche Besprechung bei Wenzel, 1999, S. 18f.

[36] Oehmig, Christiane, Der Rote Turm im Schloßpark Belvedere bei Weimar; in: Weimarer Klassikerstätten, Geschichte und Denkmalpflege, Bearb. v. Beyer, Jürgen; Seifert, Jürgen, Bad Homburg, Leipzig, 1995, S. 144, sämtliche Wandbilder sind hier abgebildet. In den Jahren 1818/22 wurde der Turm einschließlich der Fresken von Oeser unter der Leitung Goethes in den Park vom Schloß Belvedere umgesetzt, Debon, Günther, China zu Gast in Weimar, Heidelberg, 1994, S. 49

[37] Börsch-Supan, Eva, Garten-, Landschafts- und Paradiesmotive im Innenraum, Berlin, 1967,
S. 310ff.

[38] Gerndt, 1981, S. 81

[39] zit. nach: Doktor, 1975, S. 419; Krüger, 1972, S. 59

[40] zit. nach: Doktor, 1975, S. 250

[41] Doktor, 1975, S. 421ff.

[42] Doktor, 1975, S. 422f.

[43] Sulzer, Bd. 2, 17922, S. 299



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