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Jutta Assel | Georg Jäger

Moritz Retzsch
Schillers "Gang zum Eisenhammer" in Umrissen

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Und trat zum Grafen, rasch zur Tat
Und offen des Verführers Rat,
Als einst vom Jagen heim sie kamen,
Streut' ihm ins Herz des Argwohns Samen.
   
"Wie seid Ihr glücklich, edler Graf,"
Hub er voll Arglist an,
"Euch raubet nicht den goldnen Schlaf
Des Zweifels giftger Zahn.
Denn Ihr besitzt ein edles Weib,
Es gürtet Scham den keuschen Leib,
Die fromme Treue zu berücken,
Wird nimmer dem Versucher glücken."
   
Da rollt der Graf die finstern Brau'n:
"Was redst du mir, Gesell?
Werd ich auf Weibestugend baun,
Beweglich wie die Well?
Leicht locket sie des Schmeichlers Mund,
Mein Glaube steht auf festerm Grund,
Vom Weib des Grafen von Saverne
Bleibt, hoff ich, der Versucher ferne."
   
Der andre spricht: "So denkt Ihr recht.
Nur Euren Spott verdient
Der Tor, der, ein geborner Knecht,
Ein solches sich erkühnt
Und zu der Frau, die ihm gebeut,
Erhebt der Wünsche Lüsternheit." -
"Was?" fällt ihm jener ein und bebet,
"Redst du von einem, der da lebet?"
   
"Ja doch, was aller Mund erfüllt,
Das bärg sich meinem Herrn?
Doch, weil Ihrs denn mit Fleiß verhüllt,
So unterdrück ichs gern." -
"Du bist des Todes, Bube, sprich!"
Ruft jener streng und fürchterlich.
"Wer hebt das Aug zu Kunigonden?"
"Nun ja, ich spreche von dem Blonden.
   
Er ist nicht häßlich von Gestalt",
Fährt er mit Arglist fort,
Indems den Grafen heiß und kalt
Durchrieselt bei dem Wort.
"Ists möglich, Herr? Ihr saht es nie,
Wie er nur Augen hat für sie?
Bei Tafel Eurer selbst nicht achtet,
An ihren Stuhl gefesselt schmachtet?

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